Immobilien

Alpträume am Traumziel Monte Carlo

Steuerfreiheit und mildes Klima locken - Enge Bebauung und exorbitante Wohnungspreise schrecken ab

Alpträume am Traumziel Monte Carlo

Von Thomas List, Monte Carlo Wer möchte das nicht: Keine direkten Steuern wie Einkommen-, Vermögens- oder Erbschaftsteuer zahlen und dazu noch in einem angenehmen Klima leben? In Europa erfüllt das Fürstentum Monaco an der Cote d’Azur genau diese Bedingungen – zumindest solange man kein Franzose ist. Um die staatliche Aufenthaltserlaubnis (Carte de Séjour) zu erhalten, muss man sich verpflichten, mindestens sechs Monate eines Jahres dort zu leben, über einen Wohnsitz verfügen und die Bescheinigung einer im Fürstentum ansässigen Bank vorweisen, nach der der Antragsteller dort über ein Guthaben in sechsstelliger Höhe verfügt – mindestens 400 000 Euro, nach anderen Quellen soll es die Bestätigung bei manchen Adressen auch schon für 100 000 Euro geben. Die vermutlich größte Hürde für alle, die nicht gerade Multimillionäre sind, ist der Kauf einer Immobilie. Denn der permanente Platzmangel in dem nur knapp 2 Quadratkilometer großen Flecken mit seinen rund 32 000 Einwohnern (davon drei Viertel Ausländer) hat die Preise in astromomische Höhen steigen lassen. Selbst 30 Quadratmeter kleine Ein-Zimmer-Apartments mit einer halbwegs akzeptablen Sicht in Richtung Meer kosten über 500 000 Euro. Wer freie Sicht aufs Mittelmeer haben und in der Nähe des Casinos leben will, muss schon 1,7 Mill. Euro zahlen. Immerhin gibt’s dafür 48 Quadratmeter, eine 13-Quadratmeter-Loggia, einen Keller und einen Parkplatz. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Wer eine größere Wohnung braucht, muss zum Beispiel 1,6 Mill. Euro auf den Tisch legen – für 93 Quadratmeter in zentraler Lage, das heißt ohne Meeresblick. Für die gleiche Größe an der gleichen Straße, aber in einem oberen Stockwerk eines Hochhauses mit Blick aufs Meer (und die davor liegenden anderen Hochhäuser) muss der Steuerflüchtling allerdings schon das Doppelte auf den Tisch legen. Dabei sein mit 9 Mill. EuroAuf 9 Mill. Euro kommt derjenige, der in Monaco standesgemäß leben möchte. Dafür gibt’s ein luxuriöses 287-Quadratmeter-Apartment mit drei Schlafzimmern in einer sehr guten Wohnanlage direkt am Meer. Hier stören zumindest andere Wolkenkratzer die Aussicht nicht. Denn damit muss der “Neu-Monegasse” leben – die höchste Bevölkerungsdichte weltweit (knapp 17 000 Einwohner pro Quadratkilometer) hat zu einer dichten Bebauung mit Hochhäusern geführt – 25 Stockwerke in solider und fantasieloser Betonbauweise sind keine Ausnahme, sondern inzwischen schon fast die Regel. Dazu kommt eine ständige Bautätigkeit, denn der vorhandene Platz wird immer weiter verdichtet. Akzeptieren muss man schließlich auch noch ein ständiges Verkehrschaos, denn die Straßen können die vielen Autos von Einheimischen und Besuchern schon lange nicht mehr verkraften – obwohl die Straßen gut ausgebaut und häufig schon unter die Erde verlegt wurden. Immerhin kann man sich aber im Stop-and-Go-Verkehr, aber auch vor den Tophotels rund um das Casino an Fahrzeugen der absoluten Oberklasse erfreuen – Rolls-Royce, Bentleys, Maybachs, Ferraris gehören hier – fahrend oder dezent abgestellt vor den Hoteleingängen – zur Regel. Wohnungen dominierenDie Sonderstellung des monegassischen Immobilienmarktes zeigt sich an den Statistiken. Vorherrschend sind mit großem Abstand Transaktionen mit Wohnungen (s. Grafik). Neubauten kommen nur alle paar Jahre in größerem Umfang auf den Markt. Sie waren 2006 mit durchschnittlich 370 000 Euro erheblich preiswerter als Weiterverkäufe mit durchschnittlich 1,2 Mill. Euro – wobei hier allerdings mehr als die Hälfte der Transaktionen auf Objekte mit einem und zwei Zimmern entfallen, während Wohnungen mit vier und mehr Zimmern nur 17 % der 428 Weiterverkäufe des Vorjahres ausmachten. In den vergangenen Jahren sind die Preise im Fürstentum erheblich gestiegen. 2004 wurde erstmals die 1-Mill.-Euro-Grenze pro Transaktion überwunden, zehn Jahre zuvor war es gerade mal die Hälfte. Zur Linderung der Platznot macht sich das Fürstentum das Meer zunutze. Ab etwa 1970 wurde zu Füßen des alten Kerns von Monaco mit dem Fürstenpalast (Monaco Ville) auf 32 Hektar das Stadtviertel Fontvieille aufgeschüttet. Jetzt existieren Pläne, vor dem Casino dem Meer 27,5 Hektar abzutrotzen, um dort den neuen Stadtteil “Le Portier” zu schaffen. Vorgesehen sind hier Luxus-, aber auch Sozialwohnungen, Einkaufszentren, Parkhäuser, Büros und öffentliche Einrichtungen. Die ersten Häuser sollen 2014 bezugsfertig sein.