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Anlagechancen mit der Volkskrankheit

Diabetes verbreitet sich wie eine Epidemie - Bis 2030 weltweit 439 Millionen Patienten - Novo Nordisk als Anlage favorisieren

Anlagechancen mit der Volkskrankheit

Von Armin Schmitz, Frankfurt”Dick, Dicker, Deutschland” hat ein Magazin 2007 getitelt und beschrieb die Zunahme der Übergewichtigkeit hierzulande. Dieser Trend hat sich nicht abgeflacht, sondern verstärkt. Die Fettleibigkeit nimmt das Ausmaß einer Volkskrankheit an. Mindestens jeder Zweite in den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und damit auch in Deutschland leidet unter Übergewicht oder sogar Fettleibigkeit. Im vergangenen Jahr 2009 schleppten 60 % der deutschen Männer mehr Kilos als erlaubt mit sich herum, bei den Frauen waren es 45 %. In beiden Gruppen waren sogar 16 % fettleibig. Ohne Gegenmaßnahmen werden in zehn Jahren zwei von drei Personen in den OECD-Ländern unter Übergewicht leiden. Dank Cola, Big Mac und Chips sowie fehlender Bewegung nähert sich Deutschland mit großen Schritten amerikanischen Verhältnissen. Bereits jedes fünfte Kind ist hierzulande bereits übergewichtig. Dramatisch sind die Folgeerkrankungen der Fettleibigkeit. Stark korpulente Personen sterben in der Regel acht bis zehn Jahre früher als Normalgewichtige. Chronische Erkrankungen wie Bluthochdruck und vor allem Diabetes Mellitus verkürzen die Lebenserwartung deutlich. Dabei nimmt die Ausbreitung von Diabetes Mellitus, also der Zuckerkrankheit, Ausmaße einer Epidemie an. Alle fünf Sekunden wird auf der Welt ein neuer Fall diagnostiziert. In Großbritannien sind 4 % der Menschen Diabetiker, in Spanien sind es 7,4 %, in Deutschland 11,8 %. Aktuell schätzen Experten die Zahl in Deutschland auf zehn Millionen Kranke. Während derzeit rund 285 Millionen Menschen weltweit an der Zuckerkrankheit leiden, prognostizieren Experten bis zum Jahr 2030 einen Anstieg der Patientenzahl auf 439 Millionen. Vor allem in den Entwicklungsländern breitet sich die Krankheit rasend schnell aus. Wegen der Übernahme westlicher Ernährungsgewohnheiten dürfte die Zahl der Erkrankungen in den kommenden Jahren dramatisch steigen.Man unterscheidet zwei verschiedene Formen, deren Behandlung unterschiedlich ist. Typ I entsteht durch eine Autoimmunreaktion gegen die körpereigenes Insulin produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Diese Variation tritt vorwiegend bei jungen Menschen auf. Sie müssen sich meist Insulin spritzen. Der Typ 1 des Diabetes Mellitus nimmt mit jährlichen Wachstumsraten von 3,5 bis 5 % deutlich zu.Fast 90 % der Diabetes-Fälle betreffen dagegen den Typ II, bei der durch eine Insulinresistenz eine Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse auftritt. Neben der Resistenz gilt das Übergewicht als eine der Hauptursachen. Davon sind normalerweise Erwachsene betroffen, die in der Regel mit Antidiabetes-Medikamenten in Tabletten-Form behandelt werden. Je nach Studie wird ein jährlicher Anstieg der Erkrankungszahlen von bis zu 10 % festgestellt. Hohe FolgekostenNeben den körperlichen Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenversagen oder sogar schlimmstenfalls Blindheit sind die Kosten immens. In Frankreich betrugen die direkten und indirekten Diabetes-Gesundheitskosten im Jahr 2007 bereits 15,5 Mrd. Euro, in Deutschland waren es 29 Mrd. Euro, in Europa 113 Mrd. Dollar. Die Tendenz ist steigend. Bei Unternehmen, die sich direkt oder indirekt auf die Behandlung von Diabetes Mellitus spezialisiert haben, dürften in den kommenden Jahren zweistellige Wachstumsraten zu erwarten sein. Weltweit führend ist das dänische Unternehmen Novo Nordisk, das annähernd 50 % des weltweit verbrauchten Insulins produziert. In der ersten Jahreshälfte wiesen die Dänen bei einem Umsatzanstieg von 14 % auf umgerechnet rund 3,9 Mrd. Euro einen Überschuss von 922 Mill. Euro auf. Das entspricht einem Anstieg von 21 %. Die Nettomarge liegt bei 23,6 %. Der Kurs hat seit dem Jahresanfang rund 60 % zugelegt und damit die Geschäftsentwicklung eingepreist. Wegen der Wachstumsaussichten wird das Pharmaunternehmen nach Bloomberg mit einem Kurss-Gewinn-Verhältnis von 23,4 bewertet. Damit besteht nach Ansicht von Goldman Sachs ein Aufpreis von 75 % gegenüber der Vergleichsgruppe. Nach Meinung von Goldman Sachs gibt aber diese Bewertung die Gewinnsituation und die Wachstumsaussichten des Unternehmens wider. Für 2011 schätzen die Analysten den Gewinn pro Aktie auf 3,65 Euro und für 2012 auf 4,26 Euro. Der Aktie gestehen sie noch ein Aufwärtspotenzial von 12 % zu. Anleger sollten also für einen Einstieg eine Kurskorrektur abwarten. Derzeit notiert die Aktie auf einem Allzeithoch. Die weiteren Wachstumsaussichten hängen nach Ansicht von Goldman Sachs vom Erfolg des neuen Langzeitinsulins Degludec ab, das sich derzeit in der Phase II der Erprobung befindet.Bei Werten wie Sanofi Aventis ist der Einfluss von Erfolgen mit Diabetes-Medikamenten wie das Langzeit-Insulin Lantus mit Umsätzen von mehr als 2,5 Mrd. Euro auf den Gesamtkursverlauf begrenzt. Die Aktie hinkt der Entwicklung des Konkurrenten Novo Nordisk deutlich hinterher. Die Aktie der Schweizer Ypsomed hat in den vergangenen Wochen eher enttäuscht. Der Markt hat den deutlichen Umsatzrückgang durch eine Neuausrichtung des Geschäfts weg vom Großkunden Sanofi-Aventis eingepreist. Das Ergebnis des im April zu Ende gegangenen Geschäftsjahres ist von 26,2 Mill. (19,2 Mill. Euro) auf 9,4 Mill. Franken (7,1 Mill. Euro) gesunken. Der Umsatz schrumpfte um 7,7 % auf 254 Mill. Franken (192 Mill. Euro). Die schlechteren Zahlen erklären sich unter anderem mit den sinkenden Aufträgen von Sanofi-Aventis für Pen-Injektionsspritzen für das Insulin. Sanofi-Aventis trägt nur noch 28 % zum Umsatz von Ypsomed bei. Ein Jahr zuvor waren es noch 35 %. Der Anteil soll auf 15 % reduziert werden. Das Unternehmen möchte eine Mehrheit des Umsatzes direkt mit Diabetes-Patienten, Krankenkassen und anderen Endkunden machen. Ypsomed selbst erwartet, dass der Umsatz im laufenden Geschäftsjahr 2010 / 11 im Vergleich zum Vorjahr nur leicht steigen wird, das Ergebnis soll auf dem Niveau des Vorjahres liegen. Die Aktie hat also deutlich weniger Kursfantasie als Novo Nordisk.Für Anleger, die das Thema über ein Anlageprodukt spielen wollen, bietet die Citigroup ein Zertifikat auf den Solactive Diabetes Index (DE000CG27TE3) an, der die Kursentwicklung von Unternehmen abbildet, die als Hauptgeschäftszweck die Heilung und Linderung von Diabetes haben. Der Index enthält neun Werte, darunter Novo Nordisk und Ypsomed. Das Produkt legte im vergangenen Jahr rund 37 % zu, über zwei Jahre 33 %.