Asset Management

Anlageportfolio ist in der Krise Achillesferse der Rückversicherer

Munich Re und Hannover Rück erweisen sich als relativ stabil - Rote Laterne trägt Swiss Re - Neues Eigenkapital- und Aufsichtsregime erzeugt Druck

Anlageportfolio ist in der Krise Achillesferse der Rückversicherer

Von Stefan Kroneck, München Rückversicherer legen ihre Prämieneinnahmen in Kapitalanlagen an, um im Kern aus den daraus erwirtschafteten Erträgen bei Großschäden die Verpflichtungen ihrer Erstversicherungskunden zu begleichen. Bei externen Schocks wie in der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzkrise kommt der Anlagestrategie eine große Bedeutung zu, jonglieren doch die Rückversicherer mit Milliardensummen.Setzen die Gesellschaften zu sehr auf hochriskante Wertpapiere, die mit dem Platzen von Vermögensblasen ergebniswirksame Abschreibungen in Milliardenhöhe verursachen, kann dies im Extremfall zu einer Schieflage führen. Ein Beispiel dafür ist der US-Erstversicherungsriese AIG, der mit staatlichen Finanzhilfen vor dem Untergang gerettet werden musste. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Verwaltung des Kapitalanlageportfolios (Asset Management) als Achillesferse der Assekuranz im Allgemeinen und der Rückversicherer im Besonderen.In den vergangenen Jahren hatten die Rückversicherer ihre Vermögenswerte gewaltig umgeschichtet. Sie reduzierten ihre Aktienquoten und erhöhten zugleich den Anteil festverzinslicher Wertpapiere. Dieser Prozess war eine Reaktion auf den Börsencrash der Jahre 2002 und 2003. Die Rückversicherer mussten seinerzeit hohe Abschreibungen auf ihre Aktienbestände vornehmen, was die Erträge erheblich schmälerte und die Ratings unter Druck brachte. Die Munich Re baute damals ihre Klumpenrisiken ab, als Großaktionär bei der HypoVereinsbank und der Allianz zog man sich zurück. Heute arbeitet der Branchenprimus mit einer Aktienquote (Anteil an den Kapitalanlagen) von nur 2 %, der Rivale Swiss Re kommt auf 1 %, die Hannover Rück liegt bei weniger als 1 %. Strategische FehlerIn der Finanzkrise half den Gesellschaften diese Strategie, mussten sie doch im Aktienportfolio nicht mehr so dramatische Wertminderungen verbuchen wie vor sechs Jahren. Allerdings steckt der Teufel bekanntlich im Detail. Die dramatischen Verwerfungen an den Kapitalmärkten nach dem Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes und der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers trafen die Swiss Re dennoch ins Mark. Die Schweizer leiden unter der Krise viel stärker als die beiden deutschen Wettbewerber. Ursache für die Misere der Swiss Re ist eine verfehlte Anlagestrategie in den Boomjahren 2006 und 2007. Der damalige Konzernchef Jacques Aigrain, ein Investmentbanker, erlag den Verlockungen derivativer Finanzanlagen. Die Zürcher tauschten sichere, aber schwach rentierende Staatsanleihen gegen verbriefte US-Hypotheken, Unternehmensanleihen und sonstige hochriskante Schuldpapiere ein.Mit der Finanzkrise war das Debakel der Swiss Re perfekt, als diese Derivate sich als wertlos herausstellten. Die Schweizer rutschten 2008 mit 864 Mill. sfr tief in die Verlustzone. Im Februar musste Aigrain gehen. Sein Nachfolger, Stefan Lippe, wird für den Abbau der Milliardenrisiken lange brauchen. Hohe Kosten für die Absicherung der hochriskanten Anlagen bescherten der Swiss Re im ersten Halbjahr 2009 einen Fehlbetrag von 155 Mill. sfr. Während Swiss Re in der Verlustzone feststeckt, haben Munich Re und Hannover Rück das Tief hinter sich. Zwar mussten die Münchener 2008 einen empfindlichen Gewinneinbruch hinnehmen, und die Hannoveraner verbuchten sogar ein Defizit von 127 Mill. Euro.Dennoch gelang es ihnen, schneller aus der Krise herauszukommen, weil sie ihr Asset Management eben nicht wie Swiss Re mit US-Finanzderivaten überfrachteten. Aufgrund ihrer konservativeren Strategie auf Basis strengerer Kapitalanlagevorschriften für die Assekuranz in Deutschland fielen ihre Belastungen deutlich geringer aus als bei den Schweizern. Risikoaversion wird steigenHiobsbotschaften als Folge der Finanzkrise werden in der Branche zwar nicht mehr erwartet, jedoch steht das Asset Management der Rückversicherer vor neuen Herausforderungen. Das Zinsniveau ist derzeit so niedrig, dass die Renditen aus Kapitalanlagen sich weiterhin auf einem bescheidenen Level bewegen werden. Die Rally an den Aktienmärkten seit März verleitete die Rückversicherer nicht dazu, wieder in großem Umfang Dividendenpapiere zu kaufen. Die Aktienquoten bleiben niedrig. Denn die Schwankungen an den Aktienmärkten sind hoch, zugleich verursacht diese Assetklasse hohe Kapitalkosten. Daher werden festverzinsliche Wertpapiere auch in der Zukunft den Löwenanteil der Kapitalanlagen ausmachen.Zusätzlichen Druck erzeugt das neue Eigenkapital- und Aufsichtsregime (Solvency II). Zwar soll diese Regulierung in der EU erst 2012 in Kraft treten, die Versicherer richten aber ihre Kapitalanlagestrategien bereits heute auf die strengeren Anforderungen aus. Vor diesem Hintergrund erhält das Risikomanagement bei Rückversicherern noch mehr Gewicht, wodurch sich generell ihre Risikoaversion erhöhen müsste. Ihr Asset Management könnte vor diesem Hintergrund ausbalancierter werden, was die Branche generell krisenresistenter machen dürfte.