Finanzen persönlich

Anleger wittern Performance-Chancen in den BRIC-Newcomern

Inhalt der Produkte hält oft aber nicht, was der Titel verspricht - Next 11, Panther und TIP enthalten auch illiquide Märkte - Hohes Risiko

Anleger wittern Performance-Chancen in den BRIC-Newcomern

Von Heino Reents Das Kürzel “BRIC” ist mittlerweile ein fester Begriff in der Investmentbranche. Es gibt unzählige Produkte auf die vier Staaten Brasilien, Russland, Indien und China, die von Jim O’Neill, dem Chefvolkswirt von Goldman Sachs, unter dem Kürzel BRIC vor Jahren als besonders aussichtsreich deklariert wurden. Ebenfalls O’Neill war es, der in einer Studie die zweite Schwellenländergeneration mit ähnlichem Wachstumspotenzial als “Next 11” ausgerufen hat. Dahinter verbergen sich die nächsten elf Kandidaten, die langfristig in die Fußstapfen der Bric-Länder treten könnten: Ägypten, Bangladesch, Indonesien, der Iran, Korea, Mexiko, Nigeria, Pakistan, die Philippinen, die Türkei und Vietnam. Den Goldman-Sachs-Prognosen zufolge können 80 % dieser Länder im Jahr 2050 zu den Top 20 der Wirtschaftsnationen zählen. Begünstigt werde diese Entwicklung durch sehr gute demografische Faktoren.Die Anleger wittern die nächsten großen Performancechancen. Und die Investmentgesellschaften haben die Nachfrage entsprechend schnell bedient. Die Deutsche-Bank-Tochter DWS Go hat im Frühjahr als erste Emittentin das Thema aufgegriffen und das Next 11 Trend Total Return Index Zertifikat aufgelegt. Das Open-End-Zertifikat investiert in einen Index, der aktiv von Thomas Gerhardt, dem Leiter Global Emerging Markets Equities der DWS, und seinem Team gemanagt wird.Das Next-11-Zertifikat ist nur ein Produkt von vielen, mit dem DWS Go offenbar eine wachsende Nachfrage nach exotischeren Märkten befriedigt. Dazu zählen beispielsweise Vietnam, Singapur oder Taiwan. Doch nicht nur die Deutsche-Bank-Tochter, auch andere Emittenten schließen derzeit mit ständig neuen Produkte auf Länder wie Marokko, Kasachstan oder Kroatien nahezu jeden weißen Fleck auf der Anlagelandkarte. Mit im Anlagefokus sind die so genannten Tigerstaaten Südkorea, Hongkong, Taiwan und Singapur. Sie sind mittlerweile schon mehr als ein Geheimtipp. Doch die potenziellen Nachfolger stehen schon in den Startlöchern. In Anlehnung an die Tigerstaaten wird nun verschiedentlich auch versucht, Indonesien, die Philippinen, Vietnam, Malaysia und Thailand unter dem Begriff “Panther”-Staaten als kommende Investmentstory anzupreisen. Und Merrill Lynch wirbt für ein neues Produkt unter dem Titel “TIP-Zertifikat”, was für Thailand, Indonesien und Philippinen steht. Hauptsache, der Name ist griffig. Für sehr spezielle BedürfnisseSo kommen munter Zertifikate für die sehr speziellen Bedürfnisse auf den Markt. Und sie finden weiterhin reißenden Absatz. Die österreichische Erste Bank bietet zum Beispiel Basket-Discount-Zertifikate auf kroatische Aktien und die Raiffeisen Centrobank ein Basket-Produkt auf die liquidesten serbischen und kroatischen Aktien an. Von ABN Amro gibt es Produkte auf malaysische und marokkanische Indizes. Die Landesbank Berlin hat ein Zertifikat platziert, das eine Beteiligung an einem Fonds für indische Immobilienaktien ermöglicht. Im Programm hat die Landesbank mit dem Afrika Opportunity Zertifikat auch ein Produkt, das den gesamten afrikanischen Kontinent abdecken soll. Darin enthalten sind neben Südafrika, Marokko und Ägypten auch Länder wie Ghana, Kenia und Botswana, von denen viele deutsche Anleger wohl nicht einmal wussten, dass es dort überhaupt börsengehandelte Werte gibt. Experten warnen jedoch vor zu viel Euphorie. Der Branchenexperte Björn Drescher kommentiert die neue Idee “Next 11” kurz und knapp: “Viel Marketing, hohe Risiken, wenig Substanz.” Denn solche sehr exotischen Märkte würden vor allem dann in den Blickpunkt der Anleger geraten, wenn die etablierten Märkte weitgehend ausgereizt seien. Dabei übersehen jedoch viele Investoren, dass gerade in diesen kleinen und wenig entwickelten Märkten mit wenig Liquidität die Volatilität ungleich höher ist. Hinzu kommen die politischen Risiken. Außerdem hält der Inhalt der Produkte oft gar nicht, was der Titel verspricht. So sind einige Märkte derzeit gar nicht investierbar. Das spiegelt sich in den Produkten wider: Für die anfängliche Indexzusammensetzung setzte DWS Go beispielsweise nur auf 22 Titel aus acht Ländern. Weder der Iran noch Bangladesch oder Nigeria sind – genau wie bei den Produkten der Konkurrenz – vertreten. Und es ist vorerst auch nicht abzusehen, dass sich daran etwas ändert. Denn teilweise sind die Investitionsmöglichkeiten in einigen Schwellenländern begrenzt. Aufgrund der geringen Marktkapitalisierungen, der limitierten Kontingente für ausländische Investoren und der beschränkten Liquidität der Werte sind viele der Aktienmärkte nur schwer zugänglich. Die Größe der jeweiligen Wirtschaft beziehungsweise der Börsen ist bislang nicht im Ansatz mit denen der Bric-Staaten vergleichbar.Ein Beispiel für das Risiko, das von solch exotischen Märkten ausgeht, ist Vietnam. Für sein Zertifikat reagiert Emittent DWS Go mit einem für die Zertifikatebranche sehr ungewöhnlichen Schritt: Die Deutsche-Bank-Tochter warnt im Internet vor den besonderen Liquiditätsrisiken ihres Produktes. “Das Zertifikat beinhaltet neben dem allgemeinen Marktrisiko des vietnamesischen Aktienmarktes ein weiteres Spekulationsrisiko. Potenzielle Investoren sollten daher vor dem Kauf des Vietnam Total Return Index Zertifikats dieses zusätzliche Risiko bei ihrer Investmententscheidung berücksichtigen”, heißt es unter anderem dort. Interessierte Investoren müssen auf der Homepage erst bestätigen, dass sie den Warnhinweis gelesen und zur Kenntnis genommen haben. Erst dann bekommen sie weitere Informationen zu diesem Produkt. Emerging-Markets-FondsWer an den Chancen der Schwellenländer längerfristig partizipieren will, sollte von solchen Produkten die Finger lassen. Das Standardinvestment für die Schwellenländer ist nach Ansicht von Experten bislang immer noch ein breit gestreuter, globaler Emerging-Markets-Fonds. Deren Namen sind zwar oft wenig griffig, aber darauf kommt es auch nicht an.