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Anlegerunsicherheit in Gewinne ummünzen

Produkte machen Volatilität zur handelbaren Assetklasse - Geringe positive Korrelation zu Aktien und Anleihen - Komplizierte Strategien

Anlegerunsicherheit in Gewinne ummünzen

Von Armin Schmitz, Frankfurt Bereits das Universalgenie Leonardo da Vinci hatte eine klare Vorstellung über Ursache und Wirkung. Nachdem er einen Stein in das Wasser eines Sees geworfen hatte, erkannte der Italiener das Prinzip der Wellen. “Es geschieht oft, dass die Welle dem Ort ihrer Entstehung entflieht, das Wasser aber bleibt”, schrieb Leonardo im Codex Leicester nieder. Eine ähnliche Ursache-Wirkungs-Beziehung muss man dem amerikanischen Häusermarkt und den Turbulenzen an den Kapitalmärkten bescheinigen. Die Krise schlägt hohe Wellen am deutschen Aktienmarkt und hinterlässt ihre Spuren in der deutschen Konjunktur. Der deutsche Leitindex Dax verlor seit Jahresanfang mehr als 20 %. Hohe Umsätze und der kräftige Anstieg der Kursschwankungen, der Volatilität, zeugen von der Panik der Anleger. Der VDax, der Volatilitäts-Dax, der auch als Angstmesser des Aktienmarktes bekannt ist, schnellte von 20 auf 30 % hoch. Die Volatilität gibt allerdings die Höhe des Kursausschlags an und nicht die Richtung des Marktes. Als Regel gilt: Kurse fallen durch das Auslösen von Stop-Loss meistens schneller, als sie steigen. Daher wächst der Volatilitätswert in der Baisse eher als während einer Rally. Die Spezialisten unterscheiden zwei Arten von Volatilität: Die implizite Volatilität wird als die vom Markt bzw. den Anlegern erwartete Schwankungsbreite der Kurse definiert. Sie lässt sich aus den Optionen auf die Indizes ableiten. Die historische Volatilität ist die Schwankungsbreite, die tatsächlich stattgefunden hat. Angelsachsen VorreiterGerade in den angelsächsischen Ländern hat man erkannt, dass man die Volatilität mittels derivativer Strategien handelbar machen kann, und propagiert sie schon als neue Assetklasse. Die Volatilität kann allgemein durch das Schreiben von gedeckten Optionen, den Kauf von Discount-Zertifikaten, durch Volatilitäts-Zertifikate oder auch entsprechende Fonds gewinnbringend ausgenutzt werden. Gerade bei institutionellen Anlegern haben Volatilitätsstrategien stark an Beliebtheit gewonnen, zumal Volatilität nur eine geringe positive Korrelation zu den klassischen Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen hat. Bereits seit einigen Jahren gibt es auf dem Markt Zertifikate auf Volatilitätsderivate. Wenig überzeugendDas Ergebnis hat in der Vergangenheit nicht immer überzeugt. Die klassischen “Vola-Zertifikate” haben den zeitnahen Anstieg der Volatilität nur selten eins zu eins abgebildet. Während sich ein Volatilitätsanstieg lediglich auf die kurzen Laufzeiten der Terminkontrakte auswirkte, hinkte die Performance in den längeren Laufzeiten nach. Die UBS hat mit dem Euro Volatility Arbitrage Index-Zertifikat (CH0022148487) dann erstmalig im Juli 2005 eine bei institutionellen Investoren und Hedgefonds verfolgte Strategie in ein strukturiertes Zertifikat verpackt. Der Volatility-Arbitrage-Index nutzt eine Marktineffizienz aus. Da die implizite Volatilität meist höher liegt als die realisierte Volatilität, wird die implizite Volatilität quasi leerverkauft und die realisierte Volatilität später zurückgekauft. Die Differenz ist dann der Gewinn. Da ein Handel zwischen diesen beiden Volatilitätsformen allerdings sehr schwierig ist, arbeitet die UBS mit dem Variance-Prinzip. Die Variance errechnet sich aus der Differenz beider Vola-Formen zum Quadrat. Das Variance-Prinzip ist Grundlage für den Volatilitäts-Index, den Euro-Volatility-Arbitrage-Index auf den Euro Stoxx 50. Dieser Index partizipiert nicht direkt an der Aufwärtsbewegung der Volatilität, sondern profitiert von der oben beschriebenen Marktineffizienz. Der Index wird berechnet aus der Differenz einer Short-Position der Ein-Monats- impliziten Variance gegenüber einer Position mit realisierter Variance. OutperformanceDas Zertifikat hat auf Sicht eines Jahres eine Rendite von 3,3 % erwirtschaftet, über drei Jahre sind es 4,5 %. Das bedeutet eine deutliche Outperformance gegenüber dem Euro Stoxx 50, der in den vergleichbaren Zeiträumen ein Minus von 27,5 % und 5,9 % erlitt. Eine andere Strategie verfolgt das FEVR-Zertifikat (Forward Equity Variance Rolling) von Merrill Lynch (ANN5638E4348). Das Produkt verbrieft einen sogenannten Calender Spread auf die Variance-Kontrakte des Euro Stoxx 50. Dabei ist der Anleger quasi eine Longposition (Kauf-Position) im Sechs-Monats-Euro- Stoxx 50-Variance-Swap eingegangen und hat eine Short-Position (Verkaufsposition) auf den Drei-Monats-Euro-Stoxx 50-Variance-Swap aufgemacht. Die Position wird quartalsweise in die nächsten Termine gerollt. Marktkenner gehen zwar davon aus, dass die Bank of America, die Merrill Lynch übernommen hat, die Zertifikate weiterhandeln wird. Für Anleger, die trotzdem das Emittentenrisiko scheuen, wird die Strategie auch als Fonds (FR0010477828) angeboten. Dieser erreichte seit Jahresanfang eine Rendite von 12,8 %, im Zwölfmonatszeitraum liegt das Plus bei 9 %. Die Volatilität ist allerdings recht hoch und beträgt 21 %. Lange HistorieNeu auf dem Markt ist das Zertifikat auf den SGI Vol Premium US Index (DE000SG0RVP9). Es nutzt hier auch die Differenz zwischen der impliziten und der realisierten Volatilität. Die Strategie wird über Shortpositionen in Variance-Swaps auf Optionen auf den Volatilitätsindex VIX umgesetzt. Der VIX misst die Schwankungsbreite beim S & P 500. Zusätzlich profitiert das Produkt von den bei der Anlagestrategie anfallenden Zinsen in Höhe des Eonia-Satzes bzw. der Federal Funds Rate. Der in US-Dollar berechnete SGI Vol Premium US Index erzielte über einen Zeitraum von ein und drei Jahren eine kumulative Rendite von 6,3 % und 28,1 %. Allerdings hat der Index in den vergangenen Wochen einen starken Rückgang erlebt, weil die implizite Volatilität in die Höhe geschossen ist. Für sicherheitsbewusste Anleger bietet der Lupus Alpha Volatility Invest Fonds (DE000A0HHGG2) einen anderen Ansatz. Days Fondsmanagement nutzt Aktienindexoptionen zur Generierung von Gewinnen. Es werden Index-Calls und -Puts auf drei bis fünf Aktienmärkte in Europa, Amerika und Asien genutzt. Dabei werden verschiedene Time-Spread-Strategien umgesetzt, indem auf Optionen gleichen Typs auf denselben Index mit unterschiedlichen Laufzeiten gesetzt wird. Die vereinnahmten Optionsprämien dienen dem Fonds dann als Ertragsquelle. Neben der Derivatestrategie werden mehr als 95 % des Fondsvermögens in Anleihen bester Bonität mit kurzer Laufzeit investiert. Mit den entsprechenden Volatilitätsstrategien lassen sich also die durch die Subprime-Krise ausgelösten Schockwellen gewinnbringend umsetzen.