ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Arbeitsteilung bringt Schub für den Immobiliensektor

Börsen-Zeitung, 25.10.2011 Krisen gehen häufig mit Strukturbrüchen und Trendwechseln einher, zeigen sie doch, dass die bisherigen Parameter nicht mehr optimal ineinandergreifen. Der Immobilienbereich ist hierfür derzeit ein gutes Beispiel: Die...

Arbeitsteilung bringt Schub für den Immobiliensektor

Krisen gehen häufig mit Strukturbrüchen und Trendwechseln einher, zeigen sie doch, dass die bisherigen Parameter nicht mehr optimal ineinandergreifen. Der Immobilienbereich ist hierfür derzeit ein gutes Beispiel: Die offenen Immobilienfonds leiden unter strukturellen Problemen und mangelndem Anlegervertrauen. Das Regulierungswerk Solvency II stellt zusätzlich institutionelle Investoren auch bei Immobilienanlagen wegen der Notwendigkeit steigender Eigenkapitalunterlegungen vor Herausforderungen. Die von Anlegern an den Immobiliensektor gerade in Krisenzeiten gestellte Forderung, wegen der schon im Namen enthaltenen Unbeweglichkeit und Nichtaustauschbarkeit seiner Anlageobjekte mehr Transparenz und Effizienz zu schaffen, fällt in der Umsetzung oftmals schwer. Wachsende NachfrageDem gegenüber steht dennoch eine wachsende Investorennachfrage nach Immobilien, bieten diese doch in Phasen mit unsicheren Zukunftsaussichten einen positiven Anreiz: Substanzwerte mit einem weitgehenden Schutz vor Inflation. Gerade institutionelle Anleger diversifizieren ihre Kapitalanlagen deswegen verstärkt in Immobilien. Unseren Prognosen nach wird sich der Immobilienanteil institutioneller Depots von derzeit 3 bis 4 % in den nächsten Jahren signifikant erhöhen. Da offene Immobilienpublikumsfonds wegen den neu geregelten Haltefristen nicht mehr für institutionelle Anleger geeignet sind und geschlossene Vehikel wegen fehlender Transparenz und Flexibilität häufig ausscheiden, werden sich Pensionseinrichtungen oder Versicherungen zunehmend auf Immobilienspezialfonds konzentrieren. Deren Gesamtvolumen von aktuell rund 31 Mrd. Euro dürfte deshalb deutlich steigen.Dieses Spannungsfeld zwischen strukturellen Herausforderungen einerseits und wachsendem Anlegerinteresse andererseits lässt sich vor allem über einen Professionalisierungsschub der Anbieter und ein – bereits zu beobachtendes – Aufbrechen der Wertschöpfungskette lösen. Statt Generalanbieter also künftig vermehrt Spezialisten für einzelne Bausteine. Das Prinzip der Arbeitsteilung würde auch im Immobilienbereich zu mehr Effizienz und letztlich auch zu mehr Transparenz führen.Wegweiser kann hier der Wertpapiersektor sein. Seit dem Aufkommen des Master-KAG-Prinzips in den neunziger Jahren konzentrieren sich hier viele Anbieter zunehmend auf Teildisziplinen wie Asset Management, Administration/Risikomanagement oder Depotbankfunktionen. Der Erfolg dieses Aufbrechens der Wertschöpfungskette ist offensichtlich: Heute werden in Wertpapierspezialfonds 807 Mrd. Euro verwaltet, 314 Mrd. Euro mehr als noch vor zehn Jahren. Davon werden rund 60 % von Master-KAGs verwaltet. Im selben Zeitraum stieg das in Immobilienspezialfonds verwaltete Volumen nur von 6,75 auf 31,1 Mrd. Euro.Nun greift dieses Prinzip der Arbeitsteilung auf den Immobiliensektor über. Die Vorteile für Anleger und Anbieter liegen auf der Hand. Durch Konzentration auf das Asset Management für Immobilien oder auf die Administration wird auch eine Fokussierung auf die jeweiligen Kernkompetenzen möglich, und der Professionalisierungsgrad steigt. Zudem sinken die Eintrittsbarrieren für neue Marktteilnehmer, sich in gesetzlich regulierten Märkten besser zu positionieren. Insbesondere ausländische Asset Manager müssen keine eigene Kapitalanlagegesellschaft (KAG) gründen, um ihr Know-how anzubieten, sondern suchen sich einen geeigneten Administrator und können so ihrer Kernkompetenz nachgehen, dem Verwalten von Immobilien. Wettbewerb entstehtStatt Konzernlösungen entsteht für die einzelnen Bausteine echter Wettbewerb. Das Beispiel Wertpapierbranche zeigt, dass damit Effizienzgewinne von 10 bis 20 % möglich sind, im Einzelfall sogar deutlich mehr. Auch, weil durch die Spezialisierung größere Einheiten mit entsprechenden Skaleneffekten entstehen können. Denn während jede Wertpapier-KAG im Durchschnitt 29 Mrd. Euro verwaltet, sind es bei reinen Immobilien-KAGs nur 5,2 Mrd. Euro pro Anbieter.Die wachsenden Ansprüche von Anlegern und Aufsichtsbehörden an Reporting-Qualität, MitarbeiterKnow-how und IT-Infrastruktur sind für viele Anbieter teils eine existenzielle Herausforderung. Fokussierung auf die Kernkompetenzen kann eine Lösung sein, um diese Herausforderungen zu bewältigen.Das Master-KAG-Prinzip der Arbeitsteilung auf den Immobiliensektor zu übertragen wird auch zu mehr Transparenz führen. Denn die meisten institutionellen Anleger setzen auf mehrere Asset Manager bzw. Immobilienanbieter und müssen deren Berichte und Reports zusätzlich zu den häufig im Direktbestand gehaltenen eigenen Immobilien aufwendig zusammenfassen. Durch die Bündelung der Anlagen und Asset Manager auf einer Administrationsplattform – unabhängig von der Anlageklasse oder dem Vehikel – erhalten Investoren Zugriff auf ein konsolidiertes Gesamt-Reporting für alle Anlagen.Das schafft eine bislang unbekannte Transparenz sowie Vergleichbarkeit und bildet zugleich die Basis für eine echte Gesamtanlagensteuerung. Durch die Verknüpfung von Immobilien- und Wertpapieradministration bei einer sogenannten Universal-Master-KAG könnten auch Risikosteuerungssysteme und Overlay-Management-Konzepte über alle Anlagen hinweg implementiert werden. Wie erforderlich diese sind, haben die Finanzmarktkrise und die bis dato für undenkbar gehaltene massive Korrelation über alle Anlageklassen hinweg gezeigt. Zudem forciert auch die zunehmende Finanzmarktregulierung ein ganzheitliches Risikomanagement.Die bereits zu beobachtende Schaffung von Universal-Master-KAGs bietet Immobilienanlegern auch die Möglichkeit, Asset Manager einfacher auszutauschen, wenn sie mit deren Leistung und der Wertentwicklung nicht zufrieden sind. Während auf der Wertpapierseite Asset Manager im Schnitt alle vier Jahre ausgetauscht werden, wird dies bei Immobilien-Asset-Managern, die bislang sowohl die Administration als auch das Asset Management angeboten haben, vor allem durch steuerliche Aspekte erschwert. Zudem können Universal-Master-KAGs bei Immobilienspezialfonds auch das erforderliche Know-how für ein professionelles Cash Management liefern. Die Cash-Reserven, die durch Mieteinnahmen und Verkäufe zwangsläufig entstehen, können dann professionell in Wertpapiere angelegt werden und so die Effizienz der Anlagen weiter steigern. Doppelte HerausforderungDie doppelte Herausforderung aus Finanzkrise und Krise der offenen Immobilienfonds kann für die Immobilienfondsbranche existenzbedrohend oder aber zum Aufbruch in eine neue Zeitrechnung werden. Der Wachstums- und Effizienzschub, den die Wertpapierseite mit dem Aufbrechen der Wertschöpfungskette erlebt hat, steht vielleicht auch der Immobilienseite bevor. Profitieren werden davon letztlich vor allem die Anleger.