Immobilien

Asien legt nach dem Immobilienboom eine Pause ein

In China geraten auch Provinzstädte ins Visier der Investoren - Regierung tritt auf die Bremse - Große Nachfrage der Finanzindustrie

Asien legt nach dem Immobilienboom eine Pause ein

Von Ernst Herb, Hongkong Die boomenden Volkswirtschaften, wachsende Bevölkerungszahlen sowie reichlich vorhandene Liquidität machen die Immobilienmärkte der jungen fernöstlichen Wachstumsmärkte für Investoren zu langfristig interessanten Anlageobjekten. Doch nach einer mehrjährigen Phase rasant wachsender Preise für erstklassige Immobilien in Großstädten wie Shanghai, Hongkong oder Singapur, zeichnet sich angesichts eines an Intensität gewinnenden Wettbewerbs ab, dass die Renditen mittelfristig fallen werden. Gerade in China ist die unübersehbare Überhitzung des Sektors eine bleibende Sorge. Japan bleibt größter MarktDas Interesse gerade auch internationaler Investoren hat sich damit vermehrt auch auf lange wenig beachtete chinesische Provinzstädte wie Chengdu oder Tsingtso, die vietnamesische Wirtschaftsmetropole Ho-Chi-Minh-Stadt und mittlerweile sogar die kambodschanische Hauptstadt Phnom Penh gerichtet. Nach wie vor bleibt Japan der wichtigste Immobilienmarkt in Fernost, wurden hier doch gemessenam Wert im Vorjahr 55 % aller Transaktionen der gesamten Region abgeschlossen. Eine Erhebung des Immobilienmaklers Jones Lang LaSalle zeigt allerdings, dass China in der Region rasant an Bedeutung gewinnt.Alleine 2006 stieg das hier von institutionellen Investoren getätigte Anlagevolumen um 128 % auf 52 Mrd. Dollar. Von ausländischen Investoren getätigte Käufe haben mit einem Wachstum von 43 % im selben Zeitraum 13 Mrd. Dollar erreicht. Auch Indien, das in den vergangenen drei Jahren als zunehmend heller, leuchtender Punkt auf dem Radarschirm internationaler Investoren aufgetaucht ist, verzeichnet ebenso wie Vietnam zweistellige Wachstumsraten, wobei sich Vietnam im Vergleich zu den reiferen Märkten der Region nach wie vor in einem bescheidenen Rahmen bewegt. Zu den neben Tokio weit fortgeschrittenen fernöstlichen Immobilienmärkten gehören neben der südkoreanischen Hauptstadt Seoul auch Hongkong und Singapur. Hongkong ausgereiftDie Mietpreise auf den weiter ausgereiften Märkten Hongkong und Singapur erhielten in den vergangenen vier Jahren vor allem von den dort boomenden Finanzindustrien erheblich Aufwind. Trotz der stetig wachsenden Kapazitäten sind die Mieten für erstklassigen Büroraum in Hongkong gemäß offiziellen Angaben von Juli 2006 bis Juli 2007 über 30 % gestiegen. In Singapur registrierte dieses Preissegment gemäß einer Erhebung von Jones Lang LaSalle sogar ein Wachstum von 106 %.Ähnlich verlief die Entwicklung auf dem Markt für erstklassige Wohnimmobilien. Da in diesen Städten ein Großteil der unteren Einkommensschichten in staatlich subventionierten Wohnungen lebt, mach t sich der Preisschub in diesem Segment weniger bemerkbar. Auch Seouls Immobilienmarkt, der längere Zeit als jener der Nachbarländer brauchte, um sich von der zehn Jahre zurückliegenden asiatischen Finanzkrise zu erholen, hat erneut an Fahrt gewonnen .In einer im September veröffentlichten Erhebung des Beratungsunternehmens Price Waterhouse Coopers (PWC) figuriert Seouls Immobilienmarkt gemessen an seiner zukünftigen Preisentwicklung zwar hinter Shanghai, Singapur oder Hongkong auf Platz sieben, doch damit immer noch vor der südchinesischen Stadt Guangzouh – ehemals Kanton – oder der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Noch vor einem Jahr lag Seoul nur auf Platz dreizehn. Aufholen konnte die südkoreanische Hauptstadt auch hier vor allem, weil die Finanzindustrie eine rasante Expansionsphase durchläuft, was einen Nachfrageschub für hochwertigen Büro- wie auch Wohnraum ausgelöst hat. Taiwan verschlechtert sichWeniger günstig wird die Lage der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh, die in der PWC-Erhebung neben Bangkok, Manila und Jakarta auf Rang 16 einen Schlussplatz einnimmt. Noch vor einem Jahr rangierte Taipeh auf Platz fünf. Grund für das schlechte Abschneiden ist die unsichere politische Lage, in die Taiwan mit den für Jahresende anstehenden Präsidentenwahlen eingetreten ist.Es wird vor allem befürchtet, dass die auf eine formale Abhängigkeit von Festland China drängenden nationalistischen Kräfte ihre Rhetorik heraufschrauben könnten, was zu politischen Spannungen mit Peking führen könnte. Noch vor einem Jahr wurde gehofft, eine Tauperiode würde in größerem Maße chinesische Investitionen auslösen. Fremdenverkehr brummtAuch der gut laufende Fremdenverkehr sowie andere an Bedeutung gewinnenden Freizeitaktivitäten haben in Fernost zu einem Boom am Immobilienmarkt beigetragen. Alleine im Vorjahr sind in den asiatischen Schwellenländern gemäß Jones Lang LaSalle wertmäßig mit 5,2 Mrd. Dollar doppelt so viele Geschäftsabschlüsse im Bereich Hotel abgeschlossen worden wie 2005. Die Dynamik dieses Sektors wird nicht zuletzt von der Glücksspielindustrie angetrieben, die etwa in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Makao mittlerweile mehr Umsatz erzielt als in Las Vegas. In Makao wurde vergangenen August das zum gleichnamigen Kasino gehörende 3 000 Zimmer zählende Sands Hotel eröffnet. Rasante Preissteigerungen werfen automatisch die Frage nach deren Nachhaltigkeit auf. Eine von dem Beratungsunternehmen Price Waterhouse Coopers (PWC) verfasste Studie geht davon aus, dass es in den kommenden 18 Monaten etwa auf dem Hongkonger oder Singapurer Büromarkt angesichts eines Leerbestandes von 3 bis 4 % zu keiner Korrektur kommen wird. Doch bleibt die Bauintensität in beiden Städten intensiv. Zahlreiche NeubautenIn Hongkong etwa wird an zentraler Lage ein weniger als zehn Jahre altes, 35 Stockwerke hohes Luxushotel, das Riz Carlton, abgerissen, um dort einen Büroturm mit schlussendlich dreimal mehr Oberfläche zu errichten. Auch außerhalb des traditionellen Finanzdistriktes in Central kommen in den nächsten zwei Jahren zehntausende von Quadratmeter zusätzlichen Büroraums auf den Markt. Ähnlich ist die Lage in Singapur. Die Renditen kommen dort mittelfristig mit großer Sicherheit unter Druck. In China, wo landesweit zwischen Mitte 2006 und 2007 die Preise von neu verkauften Immobilien 9 % stiegen, sind Sorgen über ein Platzen der Blase am Immobilienmarkt nicht verschwunden. In Peking etwa hat der leerstehende Bürobestand nach Schätzungen von PWC einen Anteil von 26 % erreicht. Die Regierung versucht durch Interventionen auf der Angebotsseite spekulative Transaktionen zu bremsen. EigenkapitalvorschriftenSeit Ende September müssen Käufer von Wohnraum, der nicht für den Eigenbedarf bestimmt ist, neuerdings 40% anstatt wie vorher 30 % der Kaufsumme mit Eigenmitteln finanzieren. Die rasanten Preissteigerungen haben allerdings sowohl in China als auch in Singapur und Hongkong bereits erheblichen inflationären Druck mit sich gebracht. In Singapur, wo ebenso wie in Hongkong alles dem Staat gehört und nur langfristig im Baurecht vergeben wird, hat die Regierung daher erheblich mehr Reserveland für Neubauten auf den Markt freigegeben, als ursprünglich geplant.Die maßgeblich durch den Boom am Immobilienmarkt ausgelöste Teuerung zeigt, dass die stürmische Entwicklung auch ein abruptes Ende finden könnte – vor allem, wenn die als überhitzt geltenden Börsen Shanghais oder Hongkongs eine massive Kurskorrektur erleben oder die Krise am amerikanischen Hypothekenmarkt die USA in eine tiefer als erwartete Rezession treiben. Zunächst blei bt die wachsende Nachfrage sowie zunehmend auch das aus den erdölreichen Staaten des persischen Golfes kommende Kapital vor allem in den sehr offenen Volkswirtschaften Hongkong und Singapur der treibende Faktor an den asiatischen Immobilienmärkten.