Asset Management - Interview mit Private-Equity Fondsmanager

"Attraktive Zeit für Osteuropa-Investments"

Salesny: Bewertungen niedriger als im Westen

"Attraktive Zeit für Osteuropa-Investments"

Der Schweizer Peter Derendinger, ehemals Finanzchef von Credit Suisse Private Banking, ist CEO von Alpha Associates. Die Österreicherin Petra Salesny fungiert als COO . Alpha Associates managt den einzigen Private-Equity-Dachfonds, der sich auf Investments in Mittel- und Osteuropa konzentriert. 1998 hatten die Zürcher ihren ersten Dachfonds für die Region aufgelegt . Für das zweite Produkt dieser Art haben sie jüngst 300 Mill. Euro von Privaten und Institutionellen aufgenommen. – Die Kreditkrise hat auch die Private-Equity-Branche getroffen. Die Banken können Kredite, die sie Private-Equity-Häusern für Buy-outs zugesagt haben, nicht weiterverkaufen. – Bereits angekündigte Deals werden neu verhandelt. Gibt es dieses Phänomen auch in Osteuropa? Derendinger: In Osteuropa hat es keine einzige Private-Equity-Transaktion gegeben, die wegen Kreditproblemen neu hätte verhandelt werden müssen. Salesny: Dort hat sich der Markt nicht überhitzt wie in den USA oder Westeuropa. In Osteuropa bewegt sich die Fremdfinanzierung von Buy-outs auf einem viel gesünderen Niveau. – In welchem Ausmaß werden die Deals dort fremdfinanziert?Salesny: Bei den großen Buy-outs in Westeuropa macht der Fremdfinanzierungsanteil oft das Sechs- bis Achtfache des Ebit des übernommenen Unternehmens aus. In Osteuropa ist dieser Anteil typischerweise weniger als halb so hoch. In Westeuropa treiben sich die Megafonds in den Auktionen gegenseitig die Preise hoch und müssen dann, weil sie teuer gekauft haben, aggressiv Fremdkapital einsetzen, um ihre Zielrendite zu erreichen. In Osteuropa sind die Einstiegsbewertungen noch günstig, da Kapital nach wie vor knapp und der Wettbewerb darum erheblich geringer ist. Die Unternehmen wachsen außerdem erheblich schneller. Darum ist es gar nicht nötig, extensiv Fremdkapital einzusetzen. – Wie wird sich der osteuropäische Private-Equity-Markt in nächster Zeit entwickeln?Salesny: Wir meinen, es ist eines der attraktivsten Zeitfenster für Private-Equity-Investitionen in Osteuropa. Das Risiko-Rendite-Profil ist noch attraktiver als 1998, als wir unseren ersten Dachfonds für die Region auflegten. Viele der Länder sind nun in der EU und haben die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen der EU übernommen. Dadurch heben sie sich sehr stark ab von echten Emerging Markets wie China, wo es große politische und rechtliche Risiken gibt. Zugleich wächst Osteuropa immer noch wie ein Emerging Market; von den zwanzig wachstumsstärksten Wirtschaftsregionen Europas liegen achtzehn im östlichen Teil .Derendinger: Verglichen zu China oder Indien ist die osteuropäische Private-Equity-Industrie viel entwickelter. Der Markt hat sich über Finanzierungen im Frühstadium hinausentwickelt und bietet heute attraktive Opportunitäten im Bereich kleiner und mittlerer Buy-outs. Und es gibt in Osteuropa erfahrene Fondsmanager. Anfang der neunziger Jahre haben die Amerikaner, getrieben von ihrem Kongress, die US- Enterprise-Funds aufgelegt, für Polen, Albanien oder Bulgarien; die besten dieser amerikanisch finanzierten Fonds haben überlebt und selbständig weitergemacht, geführt von lokal ansässigen Teams. In Indien oder China gibt es nur wenige Fondsmanager, die langjährige Erfahrung besitzen und mehrere Generationen von Fonds gemanagt haben. – Aber nach Westeuropa oder nach Emerging Markets wie Indien oder China fließt trotzdem viel mehr Geld als nach Osteuropa? Salesny: Was die Mittelzuflüsse betrifft, ist der osteuropäische Private-Equity-Markt noch unterentwickelt. Im letzten Jahr haben Fonds für Private-Equity-Investments in Osteuropa 2,4 Mrd. Euro aufgenommen, verglichen zu über 80 Mrd. für westeuropäische Investments. Aber gerade in der Kapitalknappheit liegen auch Chancen. Es gibt noch Ineffizienzen, von denen ein Investor profitieren kann. Derendinger: Wir profitieren davon, dass sehr viele Investoren dem Herdentrieb folgen und lieber in China oder Indien investieren. Weil viel weniger Geld nach Osteuropa fließt, bleibt der Wettbewerb um gute Deals relativ gering. Aber es ist schon erstaunlich. Bis vor drei Jahren haben wir von Investoren regelmäßig gehört, dass Investments in Osteuropa riskant seien, weil die Demokratien dort noch nicht gefestigt sind. Die gleichen Leute investieren aber in China, obwohl das Land immer noch kommunistisch ist. – Dennoch, mit Ihren Argumenten sollte es Ihnen doch nicht schwer fallen, Investoren zu überzeugen?Derendinger: Das Interesse an Osteuropa wächst stark, es ist sehr viel größer als vor zwei Jahren. Aber viele Investoren sind recht träge. Vor allem die großen Institutionellen können ihre Anlagestrategien nicht kurzfristig abändern und unterliegen Beschränkungen. Ihre vor Jahren gemachten Anlagerichtlinien beschränken europäische Investments oft auf Westeuropa. Es ist noch nicht nachvollzogen worden, dass 2004 zehn neue Länder der EU beitraten und 2007 auch noch Bulgarien und Rumänien aufgenommen wurden. – In welchen Ländern Osteuropas locken die besten Investitionschancen? Salesny: Wir haben immer noch ein großes Exposure in Polen, es ist nicht nur eine der größten Volkswirtschaften Osteuropas, sondern auch ein Land mit sehr unternehmerischen Leuten. Zunehmend verlagern sich die Private-Equity-Aktivitäten nach Südosteuropa, nach Bulgarien und Rumänien, wo man heute zu Preisen einsteigen kann, wie es sie vor fünf Jahren in Polen gab. Auch in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien gibt es zunehmend Buy-out-Opportunitäten. – In welchen Branchen finden die meisten Buy-outs statt, und was für eine Größenordnung weisen sie typischerweise auf?Salesny: Ein großer Teil der Deals in Osteuropa entfällt auf Unternehmen im Konsumgüter- oder Dienstleistungsbereich. Wir waren oder sind in Supermarkt- und Restaurantketten, den führenden Fruchtsaft- und Marmeladehersteller in Polen, Multiplex-Kinos oder Auto-Leasing-Firmen investiert. Nach wie vor gibt es Buy-outs von Telekom- und Mobilfunkunternehmen. Eine Rolle spielen auch die Bereiche der industriellen Fertigung oder der medizinischen Versorgung, etwa private Behandlungszentren. Der Banken- und Versicherungssektor hat die Privatisierungen und eine Konsolidierung größtenteils hinter sich gebracht. Fast alle Buy-outs in Osteuropa betreffen Unternehmen aus dem Small- und Mid-Cap-Bereich. Es gibt nur sehr wenige Deals mit einem Wert von über 1 Mrd. Euro. Das bedeutet auch, dass die lokalen Fonds so gut wie keinem Deal-Wettbewerb mit den großen paneuropäischen Buy-out-Fonds ausgesetzt sind. – Heißt das, dass vor allem auch Firmen aus Privatbesitz verkauft werden?Derendinger: Ja. Das Interessante an den osteuropäischen Ländern ist ja, dass sie sehr unternehmerische Persönlichkeiten besitzen. Nach den Jahren des Kommunismus sind viele der jüngeren Leute in die USA oder nach Westeuropa ausgewandert, haben teilweise auch in Investmentbanken gearbeitet und sind dann in ihre Heimat zurückgekehrt, weil sie dort gute Opportunitäten sahen. Diese Leute haben Spaß, ein Unternehmen aufzubauen, und noch mehr Spaß, wenn sie es zu einem guten Preis verkaufen können. Dann stellen sie vielleicht nochmals etwas Neues auf die Beine. Insofern ist etwa Polen gut vergleichbar mit Israel. In Osteuropa ist es nicht üblich, dass ein Unternehmen in der Familie an die nächste Generation weitergereicht wird, zumal es keine Geschichte des Familienbesitzes gibt. Deshalb hat es dort einen sehr aktiven Markt für Merger und Akquisitionen.Das Interview führte Andreas Kälin.