Immobilien - Gespräch mit Thomas Glatte, Corenet

"Auch bei Firmenimmobilien sind Reits tot"

Corporate Real Estate Manager plädiert für "Pfandleihe" in wirtschaftlich schwierigen Zeiten

"Auch bei Firmenimmobilien sind Reits tot"

Von Ulli Gericke, BerlinUS-amerikanische Firmen haben nur noch ein Viertel der von ihnen genutzten Immobilien im eigenen Bestand. Kontinentaleuropäische Unternehmen verbuchen dagegen noch drei Viertel ihrer Büros und Produktionsanlagen in der eigenen Bilanz – “Tafelsilber”, das in schlechten Zeiten (wie derzeit) nach einer Verwertung sucht. Sollte man meinen.Als passgenaue Käufer haben sich in den USA schon vor langen Jahren Reits, Real Estate Investment Trusts, etabliert. Inzwischen gibt es diese steuerbegünstigten Börsentitel auch in Deutschland, freilich stark limitiert bei Investments in Wohnimmobilien. Umso wichtiger wären Engagements bei Unternehmensimmobilien. “Doch auch bei Firmenimmobilien sind Reits tot”, sagt Thomas Glatte im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Glatte ist Leiter Corporate Real Estate & Facility Management bei der BASF und Präsident Zentraleuropa von Corenet, einer weltweiten Vereinigung von betrieblichen Immobilienmanagern. “Viel zu gefährlich”Zwar betont Glatte, dass die Frage, was betriebsnotwendige und nicht betriebsnotwendige Immobilien sind, in Unternehmen immer wieder gestellt werden müsse – und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sowieso. Aber statt zu einem schlechten Preis zu verkaufen, sollten Firmen ihre Immobilien lieber in die “Pfandleihe” geben, um einen dauerhaften Wertverlust zu vermeiden und nicht die Kontrolle über wichtige Gebäude oder Produktionsstätten endgültig zu verlieren.Als “Pfandleihe” bezeichnet er Verkäufe mit Call-Option, sodass ein Unternehmen die weitergenutzten Immobilien nach Jahren zurückkaufen kann. “Pfandhäuser” sind aus seiner Erfahrung Banken, Pensionskassen, Immobilienfonds oder Versorgungswerke. Die BASF-eigene Pensionskasse diene allerdings nicht als Parkstation, da bei ihr ein Klumpenrisiko entstünde, wenn sie zusätzlich zu den schon vorhandenen Bürobauten weitere BASF-Immobilien erwerben würde – und sei es nur auf Zeit.Dabei sei das Spektrum betrieblicher Immobilien von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich. Während Banken meist ihren Büroturm ihr Eigen nennen sowie eine Vielzahl von Filialen und eventuell auch ihr IT-Zentrum, legten Handy- oder TV-Produzenten Wert auf eigene Forschungs- und Entwicklungszentren. Die Produktion gehört jedoch eher nicht zum Kerngeschäft, weiß der Corenet-Repräsentant.Bei BASF verwaltet Glatte weltweit Produktionsanlagen, Büros, Pipelines sowie Äcker, auf denen der Chemiekonzern seine Agrarforschung betreibt. Nur die beiden Wohnungsgesellschaften in Ludwigshafen und Schwarzheide sind nicht in seinem Portfolio – und das Stammwerk am Rhein.In all den Fällen, in denen in Forschungsgebäuden oder Produktionshallen viel eigenes Know-how steckt, kann sich Glatte auch bei größter Finanznot einen Verkauf dieser Immobilien (selbst im Zuge eines Sale-and-Lease-back-Verfahrens) überhaupt nicht vorstellen – “das ist viel zu gefährlich”. Schließlich verliere das Unternehmen mit einem Verkauf des Grundstücks auch die Kontrolle über die dort installierte Technik. Firmen “atmen”Büros müssen dagegen nach Glattes Einschätzung nicht im eigenen Bestand sein – von Bankzentralen einmal abgesehen. Denn als Folge von Mergers & Acquisitions “atmen” die Belegschaften bei vielen Firmen viel zu stark, als dass ein fester Rahmen sinnvoll wäre. Stattdessen ist der BASF-Mann “ein Freund von Fünf-Jahres-Mietverträgen”, die es ermöglichen, auf mittelfristige Sicht aus einem nicht mehr benötigten Objekt auszuziehen. In der Zwischenzeit können betriebliche Immobilienmanager versuchen, Mietvertragskonditionen nachzuverhandeln oder Bewirtschaftungskosten zu drücken, indem die Büros seltener gereinigt werden. Bei eigenen Gebäuden kann auch die Instandhaltung gestreckt werden – was allerdings immer eine “Herausforderung” sei, weil in besseren Zeiten die verschobenen Modernisierungsarbeiten nachgeholt werden müssten. Und dafür müsse der Corporate Real Estate Manager im Unternehmen ein gehöriges Standing haben, um die immer knappen Finanzmittel loszueisen.Keine substanziellen Veränderungen habe die Umstellung von der HGB- zur IFRS-Bilanzierung bewirkt – obwohl die neue Rechnungslegung stille Reserven aufdeckt. Denn der “bewusstere Umgang mit Immobilien und das Hinterfragen, was wir wirklich brauchen” seien schon seit längerem bei Investoren zu beobachten. Und da in vielen Branchen mit Immobilien eine geringere Rendite verdient werde als im Kerngeschäft, seien die Fragen der Anleger auch zutiefst gerechtfertigt, sagt der Zentraleuropa-Präsident von Corenet.