Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Gerhard Rischbieter

Aufsichtsräte müssen sich bei Beraterverträgen stärker vorsehen

Bundesgerichtshof macht strenge Vorgaben

Aufsichtsräte müssen sich bei Beraterverträgen stärker vorsehen

– Herr Rischbieter, der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom Montag strenge Vorgaben für Beraterverträge zwischen Unternehmen und ihren Aufsichtsräten gemacht (II ZR 279/05). Was bedeutet das Urteil? Beratungsgesellschaften, die auch im Aufsichtsrat ihrer Mandanten vertreten sind, müssen nach diesem Urteil eine noch größere Vorsicht walten lassen. Entsprechen die Beratungsverträge nicht den Vorgaben des Aktienrechts, droht dem Aufsichtsratsmitglied später eine Rückforderung des Honorars für die Beratungstätigkeit. – Unter welchen Voraussetzungen sind Beraterverträge zwischen einer Gesellschaft und ihren Kontrolleuren zulässig?Nach dem Aktienrecht sind solche Verträge und die Zahlung von Beratungshonoraren nur zulässig, sofern sie sich nicht mit dem Aufsichtsratsmandat überschneiden und auch entsprechend präzise und abgrenzbar formuliert sind (§ 113 AktG). Außerdem muss der Aufsichtsrat den Beratungsverträgen zustimmen oder sie genehmigen (§ 114 AktG). – Was hat die Vorinstanz entschieden?Der Entscheidung des BGH liegt ein Urteil des OLG Frankfurt vom 21. September 2005 zugrunde (1 U 14/05). Dort war der Vorsitzende des Aufsichtsrates mit der Hälfte der Anteile als Gesellschafter an der beratenden Gesellschaft beteiligt. Das OLG Frankfurt stellte fest: Der Beratungsvertrag sei unwirksam, weil das Aufsichtsratsmitglied an der beratenden Gesellschaft “nicht nur marginal” beteiligt sei. Die vom OLG Frankfurt bestätige Rechtsansicht war bislang umstritten, denn sie weitet den Anwendungsbereich des §§ 113, 114 AktG aus. – Und dann der BGH?Mit Urteil vom 3. Juli 2006 hat der BGH bereits entschieden, dass auch ein Beratungsvertrag mit einem Unternehmen, dessen alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer Aufsichtsratsmitglied ist, darunter fällt. Nun hat er ein Urteil bestätigt, bei dem der Betroffene weit weniger dominierend beteiligt war. Das lässt sich aus der Zurückweisung der Revision durch den BGH schließen. Die Urteilsgründe stehen noch aus. – Welche inhaltlichen Vorgaben macht das OLG Frankfurt?Die Frankfurter Richter hatten in ihrer Entscheidung strenge Maßstäbe an die inhaltliche Gestaltung von Beratungsverträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern angelegt, um diese genehmigungsfähig zu machen. Außerdem hatte das OLG Frankfurt auch eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes vom 28. März 2003 (3Z BR 199/02) bestätigt, dass für Gesellschaften mit einem dreiköpfigen Aufsichtsrat Sprengkraft besitzen kann. – Was entschieden die Richter dort?Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte 2003 in anderem Zusammenhang entschieden, ein dreiköpfiger Aufsichtsrat sei beschlussunfähig (§ 108 Abs. 2 AktG), wenn eines von drei Aufsichtsratsmitgliedern nicht stimmberechtigt sei. Ein Stimmverbot ergebe sich, so das OLG Frankfurt, insbesondere im Fall einer Interessenkollision, weil das betroffene Aufsichtsratsmitglied über den Beratungsvertrag in eigener Sache abstimme. – Was hieße das für die Praxis? Für die Praxis würde dies bedeuten, dass die Zustimmung des Aufsichtsrates auch dann nicht erteilt werden kann, wenn das betroffene Aufsichtsratsmitglied sich der Stimme enthält. – Welche Berater sind von dem Urteil am stärksten betroffen?Nach Erfahrungen mit der bisherigen Rechtsprechung sind insbesondere Unternehmensberater, Steuerberater und Rechtsanwälte betroffen. – Wer macht die Rückzahlungsansprüche geltend und wann verjährt der Anspruch auf Rückzahlung des Honorars?In einigen spektakulären Fällen waren es Insolvenzverwalter, die den Rückzahlungsanspruch geltend machten. Die Gefahr droht dem Aufsichtsratsmitglied aber auch ohne Insolvenz der Gesellschaft, denn auch Vorstände müssen handeln. In der Praxis werden Rückzahlungsansprüche in der Tat, häufig von Insolvenzverwaltern, auch noch Jahre nach der Beratung geltend gemacht. Sehr oft mit Erfolg, weil bei Vertragsschluss Details nicht beachtet wurden. Einige Rechtsfragen sind wahrscheinlich auch nach diesem Urteil noch nicht abschließend geklärt. Gerhard Rischbieter, LL.M., ist Rechtsanwalt im Münchner Büro der internationalen Partnerschaft Nörr Stiefenhofer LutzDie Fragen stellte Walther Becker.