Anlageprodukte - Interview mit Önder Ciftci, Ophirum

"Auslieferbarkeit kann besser gestaltet werden"

Neuer Trend mit physisch hinterlegten Produkten

"Auslieferbarkeit kann besser gestaltet werden"

– Herr Ciftci, der Goldpreis ist in diesem Jahr in Euro um 29 % gestiegen. Wie verhalten sich die Privatanleger bei diesen hohen Edelmetallpreisen?Auch Privatanleger bewegen sich eng am Kapitalmarkt und deshalb haben sehr viele die Unsicherheit der vergangenen Wochen dazu genutzt, in großen Mengen Edelmetalle zu kaufen. Daher gab es über einige Wochen große Lieferschwierigkeiten.- Weshalb bestehen die Lieferschwierigkeiten?Eines vorweg: Es gibt keine Goldverknappung weltweit. Vielmehr waren die Produktionskapazitäten der Prägeanstalten komplett ausgelastet. Die Herstellung von Barren ist keine simple Angelegenheit. Auch die kleinsten Barren müssen auf das Gramm genau stimmen und deshalb während der Produktion viele Kontrollen durchlaufen, bevor sie freigegeben werden können. Schließlich haben Kunden ein Anrecht auf einen im Feingewicht exakten Barren.- Ist die Kaufpanik Ihrer Ansicht nach gerechtfertigt?Ich denke nicht. Auch wenn Edelmetalle in jedes Depot gehören, sollte man nicht den Fehler machen, das ganze Vermögen einseitig anzulegen. Ein Anteil von bis zu 10 % in Gold oder in anderen Edelmetallen ist in Ordnung. Alles, was darüber hinausgeht, sollte sich der Anleger sehr genau überlegen.- Anleger setzen vor allem auf Produkte, die mit physischem Gold hinterlegt sind. Ist das Vertrauen in diese Produkte gerechtfertigt?Angesichts der Ereignisse, die wir alle noch gut in Erinnerung haben, ist das schon in Ordnung. Man muss – und das kann man nicht oft genug erwähnen – auch bei diesen Produkten ganz genau hinschauen. Eine Sicherung losgelöst vom Basiswert ist nicht besonders empfehlenswert.- Bildet sich ein neuer Trend bei Produkten mit Hinterlegung von physischen Edelmetallen?Das wird definitiv der Fall sein. Viel wichtiger als die Hinterlegung ist, dass Sie als Anleger jederzeit den Basiswert physisch bekommen können, beispielsweise durch die physische Auslieferung dieser Assets. Mit dieser Eigenschaft werden diese Produkte gerne beworben, aber tatsächlich gibt es sie nur sehr vereinzelt. Dort ist der Zuspruch der Kunden enorm. Völlig zu Recht. Aber die Auslieferbarkeit kann noch deutlich besser gestaltet werden. Ich bin davon überzeugt, dass entsprechende Produkte in den kommenden Monaten auf den Markt kommen werden.- Sie waren noch im vergangenen Jahr in der Zertifikateindustrie tätig. Wieso sind Sie in den Rohstoffhandel eingestiegen?Ich könnte jetzt sagen, dass ich auch der Faszination des Goldes verfallen bin. Allerdings wäre das nur die halbe Wahrheit. Vielmehr bin ich davon überzeugt, das physische Rohstoff-Investments in Zukunft eine deutlich größere Rolle spielen werden als in der Vergangenheit. Dazu sind innovative Produktlösungen notwendig. Diese Lücke wollen wir schließen. Es ist eine tolle Herausforderung, die virtuelle Investmentwelt mit der tatsächlichen physischen Welt zu verschmelzen.- Fokussieren Sie sich nur auf den Handel von Edelmetallen?Unser Geschäftszweck ist nicht nur der Handel mit Edelmetallen, sondern auch die Beratung von Corporates und institutionellen Kunden im Bereich der physischen Edel- und Industriemetalle. Das heißt, dass wir neben dem klassischen Edelmetallhandel auch mit anderen Instituten in der Entwicklung von Hedge- und Produktstrategien zusammenarbeiten werden. Ich bin überzeugt, dass meine Erfahrungen aus der Zertifikateindustrie dabei nicht von Nachteil sein werden.- Es drängen laufend neue Emittenten in den Zertifikatemarkt. Wie sehen Sie dessen Perspektiven?Es ist unglaublich. Ich bin davon überzeugt, dass viele von den neuen, aber auch von den bereits im Markt aktiven Emittenten tatsächlich nicht gebraucht werden. Ein Blick auf die Marktanteile macht das für jeden sichtbar. Die ersten 10 von 46 Emittenten haben gemessen am Open Interest bereits 96 % des Marktes unter sich aufgeteilt. Bei den Umsätzen sieht es nicht anders aus. Jetzt kommt mein “Aber”: Ich bin davon überzeugt, dass ein neuer Emittent sich etablieren und nennenswerte Marktanteile gewinnen kann, wenn er mit dem richtigen Set-up, also richtiger Plattform und – viel wichtiger – mit Topleuten das Ziel verfolgt. Soweit ich das sehe, versucht das nur ein einziger neuer Emittent. Diesem traue ich einen Erfolg zu. Alle anderen werden vor Schwierigkeiten stehen, viele werden scheitern. Die Zertifikateindustrie ist groß geworden, weil sie laufend Innovationen auf den Markt gebracht haben. Die sucht man vergeblich. Diejenigen, die mit Innovationen aufwarten können, haben die größten Chancen, Marktanteile hinzuzugewinnen. Die Kunst besteht darin, Innovationen mit Einfachheit zu verbinden. Darauf bin ich gespannt.- Sehen Sie eine Gefahr für den Zertifikatemarkt von der Regulierungsseite aus?Nicht direkt eine Gefahr, aber wenn man einiges korrigieren würde hinsichtlich der Transparenz und Produktübersichtlichkeit, wie es der Deutsche Derivate Verband anstrebt, wäre das gut. Die Gefahr geht auch im Zertifikatemarkt nicht von der Regulierung aus, sondern von der stärksten Kraft, den Kunden. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass sie sich vom Markt abwenden.—-Önder Ciftci ist Geschäftsführer der Ophirum Commodity GmbH. Die Fragen stellte Armin Schmitz.