Recht und Kapitalmarkt

Bad Bank lässt den Aktionär zahlen

Keine Ausschüttung, aber Steuern auf nicht erhaltene Dividenden: Kapitalmarktfähigkeit in Gefahr - Verbesserungen noch möglich

Bad Bank lässt den Aktionär zahlen

Von Hubert Schmid und Marc Benzler *)Die Regierungsfraktionen haben am 26. Mai einen Entwurf zur Bad Bank verabschiedet. Danach sollen Bilanzen inländischer Banken von risikobehafteten Wertpapieren entlastet werden. Die Kosten der Sanierung soll nicht der Staat tragen, sondern die Aktionäre der jeweils sanierten Bank. Zu diesem Zweck wird der Finanzmarktstabilisierungsfonds (Soffin) berechtigt, Staatsgarantien für Anleihen deutscher Zweckgesellschaften zu gewähren, wenn die Zweckgesellschaft (Bad Bank) im Gegenzug risikobehaftete Wertpapiere von den Banken erwirbt. Banken können damit risikobehaftete Wertpapiere gegen staatsgarantierte Schuldverschreibungen tauschen. Zwei PhasenDie Zweckgesellschaft kommt nur dann in den Genuss der Staatsgarantie, wenn sie die strukturierten Wertpapiere im Regelfall mit 10 % Abschlag auf den Buchwert erwirbt, auch wenn der aktuelle Marktwert niedriger sein sollte. Die verkaufende Bank macht damit ein gutes Geschäft, und die Zweckgesellschaft hat – zunächst – das Nachsehen. Als Ausgleich für das nachteilige Geschäft steht der Zweckgesellschaft gegen die Aktionäre der verkaufenden Bank ein Ausgleichsanspruch zu. Dabei sind zwei Zahlungsphasen zu unterscheiden. In einem ersten Schritt erhält die Bad Bank eine maximal über 20 Jahre gestreckte Zahlung, die die erwarteten Verluste aus den erworbenen “toxischen” Wertpapieren ausgleichen soll. Stellt sich nach vollständiger Abwicklung der toxischen Papiere heraus, dass die tatsächlichen Verluste diese Ausgleichszahlung übersteigen, erfolgen auf unbestimmte Zeit weitere Zahlungen. Die Ausgleichsverpflichtung ist der Höhe nach begrenzt auf zukünftige Dividenden, die von der ausschüttenden Bank direkt an die Zweckgesellschaft ausbezahlt werden. Die Rechnung bezahlt somit am Ende der Aktionär, wenn die Bank Dividenden zahlt. Je später die Bank Gewinn macht, desto weniger zahlt der Aktionär, da der Barwert seiner Zahlungsverpflichtung sinkt. Die verkaufende Bank darf den überhöhten Kaufpreis endgültig behalten. Aufgrund der Staatsgarantie für die Anleihen der Zweckgesellschaft wären Verluste gegebenenfalls vom Staat vorzufinanzieren, bis diese durch künftige Dividenden ausgeglichen werden. Das “Aida”-ModellObgleich das im Regierungsentwurf vorgeschlagene Modell grundsätzlich Banken aus allen Sektoren offensteht, wurde inzwischen ein zweites Modell vorgeschlagen, das insbesondere die Übertragung nicht-strategischer Geschäftsbereiche gestattet. Kernstück sind sogenannte Abwicklungsgesellschaften, die in der Rechtsform einer Anstalt bei der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung angesiedelt werden sollen (daher auch als Anstalt in der Anstalt, kurz “Aida” bezeichnet). Mit dem Entwurf des Aida-Modells werden bereits geäußerte Kritikpunkte am nachfolgend kommentierten Regierungsentwurf berücksichtigt.Mit dem Verkauf der toxischen Wertpapiere kommt es zu einer Bilanzentlastung der verkaufenden Bank, wenn die Bank keinerlei Risiken mehr aus diesen Wertpapieren ausgesetzt ist. Der Gesetzentwurf zielt darauf, die Bilanzentlastung dadurch zu erreichen, dass ausschließlich die Aktionäre der Bank zu Ausgleichszahlungen herangezogen werden sollen. Allerdings wirft die Umsetzung dieses Ziels im Gesetzentwurf Fragen auf. So hat insbesondere das Institut der Wirtschaftsprüfer vorgetragen, dass es aufgrund der unklaren Formulierung fraglich ist, ob der Verlustausgleich einschließlich Nachhaftung allein aus einer bereits beschlossenen Gewinnausschüttung zu finanzieren ist. Ist die Bank nämlich in ihrer Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns nicht frei und muss zudem die Bank ihre Gewinne dazu verwenden, eigene Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen, so ist sofort eine Verbindlichkeit in Höhe des Barwerts der erwarteten Zahlungen zu passivieren, nicht erst dann, wenn der Ausschüttungsbeschluss gefasst wird. Eine Bilanzentlastung kann somit nicht erreicht werden. Es dürfte aber davon auszugehen sein, dass im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens klargestellt wird, dass die Bank die Ausgleichszahlungen nicht aus eigenen Mitteln, sondern aus Dividenden ihrer Aktionäre leistet. In diesem Fall gibt es keine Zahlungsverpflichtung der Bank, auch wenn diese Gewinn macht. Einer Ausbuchung der Forderung und einer endgültigen Bilanzentlastung stünde dann nichts mehr im Wege; auch wäre keine Rückstellung zu bilden.Nach der Gesetzesbegründung tragen die Aktionäre die Sanierungskosten. Die Vorstellung des Gesetzgebers ist es, dass Dividenden, wenn sie denn beschlossen sind, nicht an die Aktionäre fließen, sondern “umgeleitet” werden mit dem Ziel, Verluste aus den toxischen Wertpapieren auszugleichen.Erhält der Aktionär auf Dauer keine Dividende und muss Steuern auf nicht erhaltene Dividenden zahlen, wird er seinen Abschied nehmen. Dem Kurs der Bank dürfte das nicht guttun. Es fragt sich, wie es in diesem Fall um die Kapitalmarktfähigkeit bestellt ist. Der Bank wird es nicht mehr möglich sein, neues Kapital aufzunehmen. Diese Bedenken greift der Entwurf auf, indem er die Ausgabe unbelasteter Aktien erlaubt. Jedoch ist deren Ausgabe auf die Hälfte des vorhandenen Aktienkapitals beschränkt. Die Beschränkung leuchtet ein, da die Dividenden der belasteten Aktien nicht zu stark verwässert werden sollen. Andernfalls könnte der Dividendenstrom aus belasteten Aktien zum Rinnsal verkommen. Damit wird die Möglichkeit, Kapital aufzunehmen, stark beschränkt. Höhere BelastungDie Bad Bank muss nach dem Gesetzentwurf eine in Deutschland ansässige Zweckgesellschaft sein. Es ist kein Geheimnis, dass Zweckgesellschaften aus Kosten- und Vereinfachungsgründen in der Regel im Ausland errichtet werden. Als deutsche Zweckgesellschaft unterliegt die Bad Bank der regulären Besteuerung: Damit entstehen Steuerbelastungen, auch wenn sie über die Jahre ihres Bestehens insgesamt ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaftet. So erhöht ein Viertel der Fremdfinanzierungsaufwendungen der Zweckgesellschaft den Gewerbeertrag mit der Folge entsprechender Gewerbesteuerbelastungen. Übersteigen die Finanzierungskosten die Zinseinnahmen aus übernommenen toxischen Papieren, drohen aufgrund der Zinsschranke weitere Steuerlasten. Sich über mehrere Jahre ausgleichende Gewinne und Verluste führen aufgrund der Mindestbesteuerung dennoch zu einer Belastung mit Gewerbe- und Körperschaftsteuern. Diese Steuerbelastungen treffen wirtschaftlich die Altaktionäre.Auf der Seite der Anteilseigner führt die Umsetzung des Bad-Bank-Modells zu ungewöhnlichen Steuerfolgen: Gewinnausschüttungen, die von der Bank kraft gesetzlicher Anordnung an die Zweckgesellschaft umgeleitet werden, sind den Anteilseignern steuerlich weiter zuzurechnen und von diesen zu versteuern. Da beim Anteilseigner kein Liquiditätszufluss stattfindet, muss dieser die Steuerbelastung selbst finanzieren. Darüber hinaus ist nicht klar, wer die Kapitalertragsteuer für die Gewinnausschüttung abführt. Nach geltendem Recht ist das die Bank. Allerdings ist diese nach dem Bad- Bank-Gesetzentwurf zur Weiterleitung von 100 % der Gewinnausschüttungen an die Zweckgesellschaft verpflichtet. Dies sollte im Gesetzgebungsverfahren überdacht werden.Das Bad-Bank-Konzept kann einzelnen Banken helfen. Das Gesetz ist noch nicht verabschiedet, sodass noch die eine oder andere Regelung Eingang ins Gesetz finden könnte, die die Rahmenbedingungen für die Kapitalmarktfähigkeit der am Modell teilnehmenden Bank verbessert, die Aktionäre nicht zu stark belastet und die Bad Bank vor Steuerbelastungen schützt, solange sie keinen Gewinn erwirtschaftet. Auch wäre an eine Erweiterung des Anwendungsbereichs über die im Gesetz als toxisch definierten Vermögenswerte hinaus zu denken.—-*) Dr. Hubert Schmid und Dr. Marc Benzler sind Partner von Clifford Chance in Frankfurt.