Recht und Kapitalmarkt

Bad Bank muss Problem der Nachhaftung lösen

Verschiedene Methoden der Ausplatzierung von Vermögenswerten - Änderung im Umwandlungsgesetz empfohlen

Bad Bank muss Problem der Nachhaftung lösen

Von Marc Benzler, Arne Klüwer und Michael Weller *) Das Thema Bad Bank wird dieser Tage in Deutschland und international kontrovers diskutiert. Institute halten direkt oder indirekt Vermögenswerte, deren aktueller Marktwert aufgrund von Marktschwankungen oder anderen Umständen deutlich unter die ursprünglichen Einstandsbuchwerte gesunken ist. Die hieraus resultierenden Wertberichtigungen schränken die Kreditvergabe- und Refinanzierungsfähigkeiten der Institute signifikant ein.Ohne eine marktbedingte Wertaufhellung der betroffenen Vermögenswerte kann die Kreditvergabe- und Refinanzierungsfähigkeit der Institute auf zweierlei Weise wiederhergestellt werden. Entweder die Bilanz der Institute wird derart gestärkt, dass die Wertberichtigungen einer Kreditvergabe nicht weiter im Wege stehen, oder die Bilanzen der Kreditinstitute werden von den wertgeminderten Vermögenswerten entlastet.Die Kreditvergabe- und Refinanzierungsfähigkeit wird in Deutschland bereits durch die Stabilisierungsmaßnahmen des Soffin gestärkt. Da eine rein interne Umgruppierung von Vermögenswerten zur Abwicklung keine bilanziellen Auswirkungen hat, wird daneben derzeit eine Entlastung der Institute durch eine “Ausplatzierung” von Vermögenswerten und Risiken auf eine sogenannte Bad Bank diskutiert. Betroffene VermögenswerteBetroffen sind in erster Linie zwei Kategorien von Vermögenswerten: Asset Backed Securities (“ABS-Papiere”) und Darlehen.Als bilanziell belastend haben sich bislang vor allem ABS-Papiere erwiesen. Besonders belastet sind hierbei solche ABS-Papiere, die wiederum selbst durch weitere ABS-Papiere besichert und direkt oder indirekt von einer Immobilienkrise betroffen sind. Obschon nicht alle ABS-Papiere in gleichem Maße von den eigentlichen wirtschaftlichen Krisenauswirkungen betroffen sind und daher auch nicht alle ABS-Papiere in gleichem Umfang ausfallgefährdet sein sollten, beurteilt der Markt nicht in jedem Fall den Wert eines Papiers nach dessen intrinsischem Wert, also nach seiner tatsächlichen Ausfallgefährdung und Einbringlichkeit. So ist es möglich (wenn auch nicht in allen Fällen zu vermuten), dass sich heute niedrig bewertete ABS-Papiere im Nachhinein bei ihrer Endfälligkeit als (zumindest teilweise) werthaltiger erweisen, als dies ihr aktueller Marktwert nahelegt.Die bilanziellen Auswirkungen von Darlehen sind bislang nicht so gravierend wie im Falle der ABS-Papiere, weil es für Darlehen grundsätzlich keinen Sekundärmarkt gibt und daher eine Wertberichtigung der Darlehen aufgrund von Marktschwankungen nicht in gleichem Umfang erforderlich ist wie im Falle der ABS-Papiere. Dennoch können aufgrund der anstehenden Refinanzierungswelle auch Darlehen die Bankbilanzen zunehmend belasten. Insofern sind auch Darlehen zunehmend Gegenstand von Überlegungen, wie die daraus resultierenden Risiken ausgelagert werden können. VariantenAbhängig von den betroffenen Vermögenswerten gibt es verschiedene Methoden der Ausplatzierung. Hierbei bieten sich grundsätzlich die Übertragung im Wege einer umwandlungsrechtlichen Ausgliederung oder eine Einzelübertragung der betroffenen Vermögenswerte auf neue Rechtsträger an. Daneben sind synthetische Risikoübertragungen der den betroffenen Vermögenswerten inhärenten wirtschaftlichen Risiken denkbar.Im Rahmen eines synthetischen Ansatzes stellt ein Garantiegeber dem jeweiligen Institut eine Ausfallgarantie hinsichtlich der betroffenen Vermögenswerte. Dabei würde (bei entsprechender Bonität des Garantiegebers) eine Entlastung in Höhe der Garantie erreicht werden. Die Vermögenswerte werden weiterhin von dem garantiebegünstigten Institut gehalten und bilanziert.Ein umwandlungsrechtlicher Ansatz wäre die Ausgliederung eines abgegrenzten Unternehmensteils mit den betroffenen Vermögenswerten in eine neue Gesellschaft, die Bad Bank. Dieser Ansatz wäre ebenso wie andere umwandlungsrechtliche Maßnahmen nach aktueller Rechtslage von der Nebenwirkung der Nachhaftung beider Rechtsträger begleitet. Sowohl der übertragende als auch der übernehmende Rechtsträger haftet dabei jeweils für die zum Zeitpunkt der Übertragung existierenden Verbindlichkeiten des anderen Teils. Diese Nachhaftung könnte aus Sicht der Gläubiger des übertragenden Instituts problematisch sein, weil diese nicht sicher sein können, ob das Institut tatsächlich durch die Übertragung entlastet worden ist oder ob die Risiken das Institut über die Nachhaftung weiterhin belasten. Aus Sicht der Gläubiger des übernehmenden Rechtsträgers ist dies ebenfalls ein Thema, wenn das Risiko besteht, dass zum Zeitpunkt der Übertragung existierende Verbindlichkeiten des übertragenden Instituts später in einer Nachhaftung münden.Den Nachteil der Nachhaftung kennt die Einzelrechtsübertragung nicht. Andererseits ist die Einzelrechtsübertragung in der Umsetzung aufwendiger und erfordert, dass sämtliche Vermögenswerte nebst den dazugehörigen nicht akzessorischen Sicherungsrechten bezeichnet und übertragen werden. Existierende Strukturen haben die Machbarkeit dieses Ansatzes allerdings bewiesen.Da die umwandlungsrechtlichen Ansätze grundsätzlich schneller und effizienter umzusetzen wären, ließe es sich erwägen, im Rahmen der aktuellen Krisengesetzgebung auch eine Vorschrift im Umwandlungsgesetz aufzunehmen, wonach Ausgliederungen von Vermögenswerten durch Kreditinstitute unter bestimmten Umständen keine Nachhaftung des einen oder anderen Teils mit sich bringen. Dies sollte auch vor dem Hintergrund des ursprünglichen Schutzgedankens der Nachhaftung vertretbar sein: Die Gläubiger des übertragenden Instituts sollten davor geschützt werden, dass ihnen Haftungsmasse entzogen wird. Da die hier besprochenen Maßnahmen aber nicht darauf ausgerichtet sind, Haftungsmasse zu mindern, sondern die Gesundung des übertragenden Instituts erleichtern sollen, ließe es sich wohl vertreten, diese Vorschriften in diesem Kontext außer Kraft zu setzen.Gleichgültig, ob die Ausplatzierung der den Vermögenswerten innewohnenden Risiken durch Übertragung der Vermögenswerte im Wege der Einzel-, der Gesamtrechtsnachfolge oder synthetisch erfolgt, muss der erwerbende Rechtsträger den Erwerb (re)finanzieren.Die (Re)Finanzierung durch Fremd- und Eigenkapital ist im gegenwärtigen Marktumfeld problematisch. Eine Portfoliofinanzierung kann zwar über Verbriefungslösungen zu einem Teil innerhalb des Regelwerks der EZB so strukturiert werden, dass die daraus resultierenden Wertpapiere als Sicherheiten für Darlehen von Zentralbanken der EU dienen können. Da derartige Ansätze allenfalls einen Teil der Refinanzierung sicherstellen können, ist es unwahrscheinlich, dass eine Struktur ohne Beteiligung der öffentlichen Hand wirtschaftlich umsetzbar ist.Als Alternative zu einer rein privatwirtschaftlichen Lösung könnte unter anderem eine Refinanzierung über durch den Soffin garantierte Anleihen erwogen werden. GegenleistungIn der aktuellen Diskussion wird allgemein vom Staat erwartet, die Risiken zu übernehmen oder deren Übernahme durch einen Dritten zu ermöglichen, also zu garantieren oder zu finanzieren. Hierbei stellt sich unter anderem die Frage einer wirtschaftlich und politisch vertretbaren Gegenleistung. Ein denkbarer Ansatz wäre es, den Staat an den Chancen des Portfolios so zu beteiligen, dass er an der Differenz zwischen der tatsächlichen Einbringlichkeit der Vermögenswerte und dem zurzeit niedrigeren Bilanzwert partizipiert.Ebenso diskutiert werden Strukturen, die dem Vorbild eines Besserungsscheins folgen und sich an den Kennzahlen des übertragenden Instituts orientieren, wobei sich hier allerdings die Frage stellt, ob dies den wirtschaftlichen Sinn und Zweck der Ausgliederung nicht konterkariert. *) Dr. Marc Benzler, Dr. Arne Klüwer und Dr. Michael Weller sind Partner im Frankfurter Büro von Clifford Chance.