Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Uwe Eyles

Banken werden Risiken nicht los

Befristeter Ankauf von Problemaktiva durch den Soffin kann nicht helfen

Banken werden Risiken nicht los

– Herr Dr. Eyles, der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) gibt Garantien für Refinanzierungsinstrumente von Banken. Die Laufzeit soll demnächst auf 60 Monate verlängert werden. Ein wirksames Instrument? Die Gewährung von Soffin-Garantien für Anleihen von Banken hat sich zur Behebung von Liquiditätsengpässen im Interbankenmarkt bewährt. Banken, die solche Anleihen zeichnen, haben kein Ausfallrisiko. Das Investment in solche Papiere braucht nicht mit regulatorischem Eigenkapital unterlegt zu werden. Banken können die von ihnen gezeichneten Papiere zu Refinanzierungszwecken bei der Europäischen Zentralbank einreichen. Die geplante Verlängerung der Laufzeit von Soffin-garantierten Anleihen für ein Drittel des Emissionsvolumens von 36 auf 60 Monate wird maßgeblich zu einer Steigerung der Attraktivität dieser Stabilisierungsmaßnahme beitragen. – Wie beurteilen Sie die Rekapitalisierung durch den Staat nach den ersten Erfahrungen in der Praxis?Angesichts des gegenwärtigen schwierigen Marktumfeldes ist eine Rekapitalisierung von Banken durch den Staat notwendig. Andernfalls würden deutsche Banken gegenüber ihren Konkurrenten in anderen Staaten, in denen massive staatliche Interventionen zur Stabilisierung der Finanzmärkte stattfinden, ihre Wettbewerbsfähigkeit einbüßen. Insoweit ist “Public Equity” ein sinnvolles Surrogat für weggefallenes Eigenkapital privater Investoren. Die Frage, ob solche staatlichen Eigenkapitalmaßnahmen ohne Hauptversammlungsbeschluss umgesetzt werden dürfen, wird indes kontrovers beurteilt. – Genauso wie das Verbot von Dividenden . . .Das Verbot von Dividendenausschüttungen und die Zeichnung von verzinslichem Hybridkapital durch den Staat sind im Hinblick auf die Kapitalmarkt- und Dividendenfähigkeit der Banken ebenfalls nicht unproblematisch, insbesondere bei einer marktüblichen Auffüllung von Verlusten durch künftige Gewinne. Eine liquiditätsschonende Alternative zur Rekapitalisierung wäre die Übernahme von Garantien für bestimmte Aktiva (zum Beispiel Kredit- oder Wertpapierportfolien). Hierdurch könnten aufwandswirksame Wertberichtigungen und eine Rekapitalisierung bis zum Laufzeitende aufgeschoben werden. Diese sinnvolle Stabilisierungsmaßnahme ist im Finanzmarktstabilisierungsgesetz jedoch bislang nicht vorgesehen. – Wie stark vermag der Erwerb von Problemaktiva die Situation der Banken zu verbessern?Der befristete Ankauf von Risikopositionen durch den Soffin ist zur Sicherung der Finanzmarktstabilität so geeignet wie Heilwasser zur Behandlung eines metastasierenden Krebsgeschwürs im Endstadium. Die im Regelwerk angelegte Rücknahmeverpflichtung und Risikobeteiligung führt dazu, dass die betreffende Bank nicht wirksam von ihren Risiken entlastet wird und deshalb schon heute bankaufsichtsrechtliches Eigenkapital vorhalten und aufwandswirksame Rückstellungen bilden muss. – Halten Sie die im Fall HRE vorgesehene Enteignung für einen angemessenen Eingriff? Gibt es mildere Mittel, damit der Staat in solchen Fällen durchgreifen kann?Die Enteignung muss bereits aufgrund zwingender verfassungsrechtlicher Vorgaben Ultima Ratio sein. Es muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob andere Stabilisierungsmaßnahmen (Liquiditätsbereitstellung oder Rekapitalisierung) oder die vorgesehenen gesellschaftsrechtlichen Erleichterungen für einen Beteiligungs- bzw. Kontrollerwerb durch den Staat auf anderem Wege zielführende Alternativen sind. – Geht es nicht auch um die Interessen der Aktionäre?Der Staat und damit der Steuerzahler hat direkt und über den Soffin Milliardensummen zur Stabilisierung der Hypo Real Estate Gruppe aufgebracht, während der Großaktionär der Hypo Real Estate Gruppe, welcher den Nutzen aus der wirtschaftlichen Betätigung der Gruppe zieht, keinen vergleichbaren Beitrag zur Stabilisierung der Gruppe geleistet hat, obwohl dieser an der Gruppe “näher dran” ist. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir nachvollziehbar, dass die Interessen eines einzelnen Großaktionärs gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an einer Stabilisierung einer systemrelevanten Institutsgruppe in den Hintergrund treten sollen. Dr. Uwe Eyles ist Partner der internationalen Kanzlei Latham & Watkins in Frankfurt.Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.