Immobilien

Berlin erwägt Novelle für Immobilienfonds

Schnelle Reaktion auf Schließungen offen - Entwurf zur Investment-Reform vor der Sommerpause

Berlin erwägt Novelle für Immobilienfonds

wf Berlin – Die Bundesregierung hat noch nicht über mögliche gesetzgeberische Konsequenzen aus der Krise von Immobilienfonds entschieden. “Das ist völlig offen”, sagte ein Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück vor der Presse in Berlin. Kritik übte das Ministerium an der mangelnden Selbstregulierung der Fondsbranche, obwohl es Reformansätze für offene Immobilienfonds aufgezeigt hat. Der Finanzausschuss des Bundestags hatte offene Immobilienfonds am Mittwoch auf die Tagesordnung gesetzt. Der Antrag der FDP zu dieser Problematik stammte jedoch aus dem Dezember als Reaktion auf die Schließung des Immobilienfonds Grundbesitz-Invest der Deutsche-Bank-Tochter DB Real Estate. Die zeitliche Koinzidenz mit der Schließung des US-Grundinvest Fonds der Gesellschaft KanAm war Zufall. “Branche soll stützen” Das Bundesfinanzministerium hatte die Fondsbranche bereits im Vorfeld früherer Stützungsmaßnahmen zu brancheninternen Auffanglösungen für gefährdete offene Immobilienfonds aufgefordert. Das erklärte Finanzstaatssekretärin Barbara Hendricks in einer Stellungnahme für den Ausschuss. Vorbilder gibt es dafür in anderen Branchen: So hatten die Lebenversicherer die Auffanggesellschaft Protektor gegründet, um Verträge und Ansprüche von Versicherten abzusichern. Die Fondsbranche habe der Aufforderung jedoch nicht Rechnung getragen. Die Anbieter offener Immobilienfonds seien sich über nötige Reformen nicht einig geworden.Erwogen wird im Ministerium, den Teil der ohnehin geplanten Reform des Investmentgesetzes zu den Immobilienfonds vorzuziehen. Geplant ist, den Entwurf zur Investmentgesetznovelle vor der Sommerpause vorzulegen. Das Ministerium hatte im April 2005 einen umfangreichen Fragebogen versandt, zu dem sich die Sachverständigen und Praktiker aus der Investmentbranche, aber auch Vertreter der Wissenschaft bis Ende Juni 2005 äußern konnten. Die Ergebnisse werden derzeit von den Beamten des Bundesfinanzministeriums ausgewertet. Markt im VisierDer Zeitplan für die Gesetzgebung hängt bei den offenen Immobilienfonds davon ab, inwieweit sich die Lage am Markt wieder beruhigt. Umgekehrt soll die Ankündigung gesetzgeberischer Maßnahmen keine zusätzliche Unruhe am Markt schaffen. Mit Blick auf den Anlegerschutz, zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Produktes und aufgrund möglicher Auswirkungen auf die Finanz- und Immobilienmärkte ist das Ministerium jedoch ohnehin auf Reformen eingestellt. Dem Ausschuss nannte Hendricks zwei wesentliche Bereiche, die der Anpassung bedürfen: einerseits das Sachverständigenwesen mit Bewertung der Immobilien und Transparenz der Bewertungen, andererseits die Liquidität der offenen Immobilienfonds sowie Regelungen zur Haltedauer. Komplexe ProblemeDer Fragebogen, den das Ministerium im April zur Novelle des Investmentgesetzes versandt hatte, nennt als einen Grund für eine Reform der offenen Immobilienfonds die mögliche Einführung von Real Estate Investment Trusts (Reits). Neben den Bewertungs- und Liquiditätsproblemen hat das Ministerium aber auch erweiterte Anlagemöglichkeiten der Fonds im Ausland und über Grundstücksgesellschaften im Auge sowie vermehrte Beteiligungen an Public-Private-Partnership-Projekten. Notwendig erscheint dem Ministerium zudem eine klare gesetzliche Trennung zwischen den verschiedenen Anlageprodukten: offene Immobilienfonds, Reits und – ungeregelte – Opportunity-Fonds.Die Fraktionen im Finanzausschuss des Bundestags werden in der nächsten Woche Abgeordnete benennen, die tiefer in die Diskussion zur Fondsproblematik einsteigen und sich auch mit der Frage der Einführung von Reits in Deutschland befassen sollen. Dass die Einführung von Reits durch die Schwierigkeiten bei den offenen Immobilienfonds belastet werden könnte, scheint derzeit nicht der Fall zu sein. “Eher im Gegenteil”, sagte der Finanzexperte und Vizefraktionsvorsitzende der FDP, Carl-Ludwig Thiele, nach der Ausschusssitzung der Börsen-Zeitung. Zugleich warnte Thiele vor “gesetzgeberischem Aktionismus, wie ihn der ein oder andere jetzt verlangt”. Der Finanzexperte von Bündnis 90/Die Grünen, Gerhard Schick, hatte die Regierungskoalition zum Handeln aufgefordert. Gesetzgeberische Konsequenzen seien “dringend notwendig”, erklärte Schick in Berlin. Eine nachhaltige Finanzmarktentwicklung lasse sich nur erreichen, wenn Anlegervertrauen gewährleistet sei. Notwendig seien unter anderem eine größere Unabhängigkeit der Sachverständigen und eine unterjährige Bewertung der Immobilienbestände. Zudem müssten Anleger – und nicht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) – unmittelbar benachrichtigt werden, wenn die Rücknahme von Anteilscheinen ausgesetzt werde, forderte Schick. Reits im SchlepptauDie Union legt nach den Worten ihres Finanzexperten Leo Dautzenberg Wert darauf, dass im Falle vorgezogener gesetzgeberischer Maßnahmen aus der geplanten Investmentnovelle zum Immobilienkomplex gleichzeitig die Gesetzgebung zu Reits behandelt wird. Dennoch ist die CDU/CSU-Fraktion nicht auf sofortige Aktivitäten wegen der offenen Fonds eingestellt: “Wir erwarten nach wie vor, dass die Branche eine Selbstregulierung bringen müsste”, sagte Dautzenberg. Andernfalls müsse man überlegen, ob es gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt. Nur knapp fiel die Position der SPD aus. Finanzspezialistin Nina Hauer sagte der Börsen-Zeitung: “Es gibt nichts Neues zu diesem Thema.”