Binnenkonsum stärkt BRIC-Nachfrage
Von Martin Hampel, Frankfurt Die Investment-Story hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert: Seit Anfang des Jahrtausends der Begriff BRIC für die Staaten Brasilien, Russland, Indien und China eingeführt wurde, fällt dieser Begriff, sobald von hohen Wachstumsraten, brillanten Aussichten und außerordentlichen Investmentchancen die Rede ist. Auch im aktuellen Emerging-Markets-Boom werden die BRIC-Staaten immer wieder als Musterbeispiele von Schwellenländern herangezogen, die die Schwelle zum entwickelten Land in vielerlei Hinsicht schon überschritten haben. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre haben die vier Nationen ihre Wirtschaftsmacht kontinuierlich ausgebaut und ihren Anteil an der Weltwirtschaft von einem Sechstel auf ein Viertel erweitert. Zahlreiche Wachstumskennziffern legen nahe, dass diese Entwicklung nicht abrupt stoppen wird.Viele Merkmale, die auf die BRIC-Staaten zutreffen, sieht man mittlerweile auch in anderen Schwellenländern, die sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt haben und denen großes Potenzial unterstellt wird. So hat unlängst Jim O’Neill, der Goldman-Sachs-Volkswirt, der die Abkürzung BRIC überhaupt erst geprägt hat, angeregt, den Kreis der BRIC-Länder zu erweitern: Für O’Neill gehören noch Indonesien, Mexiko und die Türkei in den Kreis derer, die mit hohen Wachstumsraten und guten Investmentchancen aufwarten können. Eine neue Abkürzung hat O’Neill aber noch nicht vorgeschlagen. Wachsende MittelschichtWas sich bei vielen Investoren in den vier BRIC-Staaten geändert hat, sind Herangehensweise und Investmentstil. Während vor einigen Jahren noch vor allem exportorientierte Elektrounternehmen aus Asien und Rohstoffkonzerne aus Brasilien und Russland in den Portfolien lagen, bauen Fondsmanager wie Kathryn Koch von Goldman Sachs Asset Management nun auch auf Unternehmen, die von der erstarkten Kaufkraft vor Ort profitieren können. Ihr gefallen derzeit etwa ein indisches Pizzaunternehmen und eine Firma mit Bildungsangeboten aus Brasilien besonders gut. Koch setzt dabei, wie viele andere Asset Manager, auf die stark wachsende Mittelschicht in allen BRIC-Ländern. Die Zahl der Kaufkräftigen in den vier Nationen wird die der G 7-Staaten nach Einschätzung von Goldman Sachs bereits in zehn Jahren deutlich übersteigen (siehe Grafik). Die neu entdeckte Binnennachfrage bedeutet für die Investoren aber keine komplette Trendumkehr, die meisten Fonds setzen weiterhin auch auf “übliche Verdächtige” der BRIC-Länder wie etwa die Sberbank, Petrobras oder die China Construction Bank und sehen bei diesen Unternehmen weiter großes Potenzial. Geopolitische RisikenDass das BRIC-Konstrukt nicht ohne Risiken ist, haben unlängst die Analysten von Deutsche Bank Research aufgezeigt. Bereits im Sommer haben die Experten auf die langfristigen politischen Risiken des BRIC-Phänomens hingewiesen. “Interessanterweise stehen drei der vier BRIC-Länder potenziell miteinander in geopolitischem Wettbewerb”, heißt es in der Studie. Unter anderem bestehe in Moskau die Sorge, dass die dünn besiedelten und von den demografischen Entwicklungen negativ betroffenen östlichen Regionen Russlands in den Einflussbereich Chinas geraten könnten. Indien habe Bedenken bezüglich der zunehmenden Präsenz Chinas im Indischen Ozean, wohingegen China seine Verkehrswege schützen wolle, was einen Konflikt sowohl mit Neu- Delhi als auch mit Washington – und in geringerem Maße auch Russland – hervorrufen könnte. Für Investoren heißt das: Trotz intakter Wachstumsstory kann sich auch in den BRIC-Staaten der Wind schnell drehen.