Bitcoins fortan unreguliert - eine Ohrfeige für die BaFin?
Von Markus Kaulartz *)In der Blockchain-Szene ist Aufatmen zu hören. Grund ist eine Entscheidung des Berliner Kammergerichts, wonach Bitcoins nicht als Finanzinstrumente qualifiziert werden dürfen. In der Konsequenz wäre das Kreditwesengesetz (KWG) nicht mehr anwendbar, was bedeutet, dass der gewerbliche Handel mit Bitcoins und andere damit in Zusammenhang stehende Geschäftsmodelle keiner Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bedürften.Hintergrund ist ein Strafverfahren: In dritter Instanz verhandelte das Kammergericht Berlin den Fall eines Betreibers einer Bitcoin-Handelsplattform, der mangels Erlaubnis vom Amtsgericht Tiergarten zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Ebenso wie auch schon das zweitinstanzliche Landgericht hat nun auch das Kammergericht den Angeklagten freigesprochen. In seinem Urteil vom 25. September begründet das Gericht detailliert, warum Bitcoins nicht durch das KWG reguliert sind. Nicht rechtsgestaltendDie Richter nehmen sich in ihrer Entscheidung die BaFin erstaunlich hart zur Brust: Die Behörde verkenne, dass es nicht ihre Aufgabe sei, rechtsgestaltend in Strafgesetze einzugreifen. Sie dürfe also nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen erlaubnispflichtiger Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen extensiv auslegen, wenn sie damit in den Anwendungsbereich strafrechtlicher Normen eingreife. Die BaFin habe zwar eine allgemeine Missstandsaufsicht und Anordnungskompetenz inne, deren Ziele seien jedoch allein die vorbeugende Gefahrenabwehr für das Kredit- und Finanzdienstleistungswesen. Merkblätter der BaFin, in der sie ihre Meinung und Verwaltungspraxis kundtut, hätten keinen rechtsgestaltenden Charakter. Gesetzeslücken zu schließen sei einzig und allein Aufgabe des Gesetzgebers. Die Entscheidung des Gerichts ist allemal lesenswert, denn sie beleuchtet auch für Außenstehende verständlich die ganze Problematik anschaulich: Das Gericht stellt fest, dass Bitcoins keinen Wert hätten und kein Geldzahlungsmittel im klassischen Sinne seien, insbesondere seien sie nicht gesetzlich anerkannt. Mit Devisen könnten sie also nicht gleichgestellt werden, was aber notwendig wäre, um sie als Rechnungseinheiten und damit Finanzinstrumente zu qualifizieren. Ohne EmittentÜberträgt man diese Argumentation auf andere Kryptowährungen, so könnte man schnell zum Schluss kommen, dass diese ebenfalls nicht unter den Begriff der Finanzinstrumente fallen. Ganz so einfach macht es aber auch das Kammergericht Anwendern nicht. An anderer Stelle führt das Gericht nämlich aus, dass es bei Bitcoins an einer übergeordneten und bestimmbaren Person fehle, die auf die Verteilung der Bitcoins Einfluss nehmen könne. Insbesondere gebe es keinen Emittenten. Bitcoins werden durch Software erstellt. Dieses Argument trifft für Bitcoins natürlich zu, auf anderen Kryptowährungen allerdings nicht. Gerade bei sogenannten Initial Coin Offerings (ICOs), also dem Verkauf selbst erstellter Kryptowährungen, gibt es meist einen Emittenten. Hier ist daher Vorsicht geboten und vielmehr muss der konkrete Token bewertet werden, bevor man hier ohne Erlaubnis vorprescht. Vor diesem Hintergrund ist auch wichtig zu beachten, dass die Entscheidung jedenfalls keine Auswirkungen auf die Qualifizierung sogenannter Security Tokens hat, also Kryptowährungen, die andere Rechte wie etwa Vermögensanlagen verkörpern sollen.Die jubelnde Szene übersieht leider auch ein weiteres kleines, aber feines Detail: Das Kammergericht entschied in einer Strafsache, nicht in einem Verwaltungsverfahren, an dem die BaFin beteiligt wäre. Für die Aufsicht das Urteil also keinesfalls bindend. Schon in der Vergangenheit hat sich in ähnlichen Fällen gezeigt, dass sich die BaFin von strafrechtlichen Verfahren in der Regel unbeeindruckt zeigt. Es ist auch hier davon auszugehen, dass die Frankfurter Bankenaufseher die Tatbestände des KWG weiterhin weit auslegen werden, um ihrer Rolle als Aufsichtsbehörde effizient nachkommen zu können. Dabei hat die BaFin auch schon bislang völlig richtig gehandelt, denn durch ihre wenngleich auch extensive Auslegung des Begriffs der Finanzinstrumente hat sie in der Blockchain-Szene ein Bewusstsein für Regulierung geschaffen. Aufatmen? Atem anhaltenDas ist in einer Szene, die den Ausspruch “Code is Law” teils zu ernst nimmt, dringend geboten. Die BaFin hat noch etwas anderes erreicht: Entgegen mancher Ansicht hat angemessene Regulierung nämlich auch eine gute Seite – sie sorgt für Vertrauen. Das ist wichtig, wenn Investitionen in der Blockchain-Szene getätigt werden sollen. Wie auch immer sich die Rechtsprechung entwickelt, wichtig ist, dass nun der Gesetzgeber tätig wird und für Klarheit sorgt. Zu begrüßen wäre eine klare Abgrenzung von regulierten und nichtregulierten Kryptowährungen (Tokens). Vielleicht atmet die Blockchain-Szene also doch nicht auf, sondern hält nur den Atem an.—-*) Dr. Markus Kaulartz ist Rechtsanwalt bei CMS Deutschland.