Kapitalanlage

Brasilien ist nicht nur im Fußball stark

Aktienmarkt ist günstig bewertet - Lateinamerikanischer Staat ist ein Gewinner der Globalisierung

Brasilien ist nicht nur im Fußball stark

Von Armin Schmitz, Frankfurt Trotz der restriktiven Geldpolitik der Notenbanken der größten drei Wirtschaftsräume USA, Japan und Europa haben sich die Aktienmärkte der Schwellenländer in den vergangenen Monaten sehr positiv entwickelt. Das war nicht immer so. Noch im April 2002 schrammte Brasilien knapp an einer Zahlungsunfähigkeit vorbei. Mit der Wahl des Sozialisten Lula da Silva zum Präsidenten kam die Wende. Das Stabilitätsprogramm stoppte nicht nur die Verschuldungsspirale, sondern die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit und der Rohstoffboom führten über den Anstieg der Exporte zu einer Verbesserung der Außenhandelsbilanzen. Die Qualität der Schuldenstruktur hat sich verbessert, die Abhängigkeit vom Dollar verringert. Das Wirtschaftswachstum lag im vergangenen Jahr bei nur 1,4 % (2004 bei 4,7 %) und war damit niedriger als in anderen Schwellenländern. Mit der Verbesserung der makroökonomischen Faktoren erlebt die Börse in SÒo Paulo einen starken Aufschwung. Obwohl es für den Bovespa, das Marktbarometer des brasilianischen Aktienmarkts, schwer sein sollte, das Aufschwungtempo aufrechtzuerhalten, sind die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Aufstiegs gut. Steigende Rohstoffexporte und fallende Zinsen könnten die Aktien und Renten weiter beflügeln. Die Zentralbank Brasiliens hat am Donnerstag den Leitzins zum siebten Mal seit September 2004 auf nun 15,75 % gesenkt. Die weitere Lockerung der Geldpolitik soll den Konsum und die brasilianische Konjunktur ankurbeln. Positiv entwickelt sich auch der Export. Brasilien ist weltgrößter Exporteur von Eisenerz, Rindfleisch und Soja sowie weltgrößter Produzent von Zucker, Kaffee und Orangensaft. Seit 2001 verzeichnet Brasilien kontinuierlich steigende Exportüberschüsse. Wichtigster Abnehmer ist dabei China. WahlrisikoDie im Herbst stattfindenden Wahlen gelten als größter Belastungsfaktor. Nach dem Korruptionsskandal vom vergangenen Jahr gilt es nicht mehr als sicher, dass der amtierende Präsident Lula da Silva wiedergewählt wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es auch eine neue Regierung unter Führung der konservativen Partei geben wird. Für den Aktienmarkt ist vor allem ein Wahlausgang mit klaren Mehrheitsverhältnissen wichtig. Ein weiteres Risiko ist eine Konjunkturschwäche Chinas, des größten Abnehmers brasilianischer Rohstoffe. Von politischen Unsicherheiten ist am Aktienmarkt noch nichts zu spüren. Nach einer glänzenden Performance 2005 hat der Bovespa seit Jahresbeginn 19 % zugelegt. Dank des hohen Gewinnwachstums brasilianischer Unternehmen ist die Bewertung der brasilianischen Aktien immer noch günstig. So liegt das KGV des Bovespa bei etwa 11, also niedriger als die Bewertung des Dax (12) sowie anderer Emerging Markets, die ein durchschnittliches KGV von 14 aufweisen. Aufgrund des großen Rohstoffreichtums vor allem an Kupfer, Nickel, Mangan oder Bauxit, dem Rohstoff für die Aluminiumproduktion, gehören Minengesellschaften wie Vale do Rio Doce (CVRD) sicherlich zu den interessantesten Werten. Der weltgrößte Eisenerzförderer hat dank höherer Erzpreise und steigender Umsätze seinen Gewinn im vierten Quartal 2005 um 73 % steigern können. Im Jahr 2005 hat er einen Rekordgewinn von umgerechnet 3,97 Mrd. Euro nach 2,5 Mrd. Euro erzielt. Sollten sich also das Wirtschaftswachstum und der Rohstoffboom fortsetzen, sollte CVRD davon überdurchschnittlich profitieren. Vor dem Hintergrund des steigenden Ölpreises ist auch Petrobras interessant. Die Geschäftsentwicklung ist brillant. So konnte der Ölförderer seinen Gewinn im Geschäftsjahr 2005 um 34 % auf 9,1 Mrd. Euro gegenüber 2004 steigern. Der Umsatz stieg um 26 % auf 52,3 Mrd. Euro. Die Aktie gehört mit einem KGV von 9 zu den weltweit preiswertesten Ölproduzenten. Nach rückläufiger Förderung 2004 stieg die Menge nach Inbetriebnahme neuer Plattformen 2005 auf durchschnittlich 2,28 Mill. Barrel Öl am Tag. Der Kursverlauf der Aktie hat läuft parallel mit dem Ölpreis-Chart. Von den sinkenden Zinsen, die zu einer Steigerung der Kreditnachfrage führen, profitieren auch Banken wie Bradesco, die 2005 mit 2,1 Mrd. Euro, einem Plus von 80 % gegenüber dem Vorjahr, den höchsten Nettogewinn in ihrer 62-jährigen Geschichte auswies. Anleger, denen eine Einzeltitelauswahl zu riskant erscheint, haben die Möglichkeit einer breit diversifizierten Investition über Emerging-Market-Fonds wie den DWS Brazil (LU0239322612) oder aber den iShares MSCI Brazil, einen ETF (DE000A0HG2M1). Für Anleger mit kurzfristigem oder mittelfristigem Anlagehorizont eignen sich auch Anlagezertifikate auf den Bovespa (DE000GS0J2E2 oder DE000DB1CC75).