Immobilien

Bremsspuren in Frankreich

Preise für Bestandsimmobilien gehen zurück

Bremsspuren in Frankreich

bl Paris – Das hat es lange nicht mehr gegeben. Erstmals seit dem Jahr 2000 gingen im dritten Quartal die Preise für Bestandsimmobilien in Frankreich leicht um 1 % zurück. Nachdem die Immobilienpreise seit 1997 um 135 % gestiegen waren, sehen manche Experten nun eine Korrektur nach unten von bis zu 18 % bis 2010. Früher wurden Pessimisten stets eines Besseren belehrt, und von einer Immobilienkrise will auch jetzt niemand sprechen – eher von einer Stabilisierung auf einem relativ hohen Niveau. Zwischen 1997 und 2006 stiegen die Preise pro Jahr um bis zu 15 %. Auch die Mieten folgten dieser Entwicklung. 2007 soll sich der Anstieg auf etwa 3 bis 5 % verlangsamen, erwartet die Nationale Immobilienvereinigung Fnaim in ihrem jüngsten Bericht. Die jüngsten Zinserhöhungen werden teils durch die von der neuen Regierung beschlossene steuerliche Absetzbarkeit eines Teils der Hypothekenzinsen und teils durch längere Kreditlaufzeiten von bis zu 50 Jahren kompensiert. Hinzu kommt, dass die Käufer immer jünger werden.Gab es noch 2002 kaum Erwerber unter 25, stellt diese Gruppe heute schon 8 % der Kreditnehmer. Inzwischen sind 30 % der Kreditnehmer jünger als 30 (2002: 11 %). Ein Übergreifen der amerikanischen Subprime-Krise auf Frankreich gilt aber als unwahrscheinlich. Allenfalls indirekte Folgen – wie eine Verschärfung der Kreditbedingungen durch die Banken oder einen begrenzten Anstieg der Zinsen – kann sich Jean-François Gabilla, Chef der Fédération Nationale des Promoteurs Constructeurs (FNPC), die die Interessen der Wohnungsbaufirmen vertritt, vorstellen. Gabilla betont, dass die französischen Banken schon bisher strenge Richtlinien für die Vergabe von Krediten anlegten. Hypotheken mit variablen Zinssätzen sind in Frankreich äußerst selten, und auch in puncto Sicherheiten seien die Anforderungen hoch.Nachdem im ersten Halbjahr 2007 der Verkauf von Neubauten um 12 % auf 70 000 zugenommen hat, geht der FNPC von einer anhaltend hohen Nachfrage aus. Die Prognose für das Gesamtjahr wurde auf 126 000 Verkäufe angehoben. Eine Bremse sieht Gabilla vor allem im fehlenden Bauland und der infolgedessen nur noch schwach steigenden Zahl von Baugenehmigungen, wobei die Genehmigungen für freistehende Häuser sogar zurückgingen. Insbesondere im Großraum Paris gebe es aber einen eklatanten Wohnungsmangel. Statt der benötigten 60 000 Wohnungen würden jährlich nur 30 000 gebaut. Gabilla fordert eine großzügigere Ausweisung von Bauland durch die Gemeinden.Die Weichen dafür müsse die Politik stellen. Ein von Präsident Nicolas Sarkozy eingesetztes Expertengremium zur Beseitigung von Wachstumshemmnissen unterstützt diese Forderungen. Im Extremfall soll der Staat zu diesem Zweck sogar Land enteignen können. Neubauten weiter gefragtGabilla glaubt nicht an Preisrückgänge bei Neubauten. Allenfalls ein starker Zinsanstieg könne den Preisanstieg dämpfen. Auch Kaufmann & Brod, das führende Wohnungsbauunternehmen des Landes, wächst weiter stark und zeigt sich äußerst optimistisch über die weitere Entwicklung des Wohnungsmarktes. Allerdings gibt es auch Pessimisten.Die Immobilienexperten des Analyse-Instituts Precepta rechnen in den nächsten drei Jahren mit Preisrückgängen von insgesamt bis zu 18 %. Angesichts des erreichten Niveaus und der nur schwach steigenden Einkommen würden viele Haushalte vor Immobilienkäufen zurückschrecken. Dynamisch entwickelt sich nach Angaben des FNPC die Nachfrage nach gewerblichen Immobilien, wo es eine sehr starke Nachfrage von Investoren gebe. Im Großraum Paris, der etwa zwei Drittel des französischen Marktes für gewerbliche Immobilien ausmacht, ist die Leerstandsrate deutlich gesunken und liegt etwa im Geschäftsviertel La Défense, der größten Bürostadt Europas, bei nur noch 5 bis 6 %. In La Défense sollen in den nächsten Jahren 15 neue Bürotürme entstehen und bestehende Gebäude gründlich renoviert werden.Auch dank umfangreicher steuerlicher Anreize werden 500 000 Quadratmeter zusätzliche Bürofläche geschaffen. Die Immobiliengesellschaft Unibail-Rodamco baut für 800 Mill. Euro den 300 Meter hohen “Tour Phare”, der in architektonischer und ökologischer Hinsicht neue Maßstäbe setzen soll. Unibail-Rodamco ist eines der größten börsennotierten Unternehmen der Branche und verfügt mit 600 000 Quadratmetern über das größte Immobilienangebot in La Défense. Bernard Bled, Chef der staatlichen Entwicklungsgesellschaft Epad, die La Défense vor 50 Jahren aus dem Boden gestampft hat, behauptet, er könnte sofort 700 000 Quadratmeter Büroflächen verkaufen.