RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: STEFAN SCHRÖDER

Bundesregierung soll Kompensation bereits ab 2021 auf den Weg bringen

Nationaler Emissionshandel startet - CO2-Preis verteuert Brennstoffe

Bundesregierung soll Kompensation bereits ab 2021 auf den Weg bringen

Herr Schröder, der Deutsche Bundestag hat eine Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) beschlossen. Worum geht es dabei?Das BEHG soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Deutschland seine ambitionierten Klimaschutzziele erreicht. Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz startet daher im kommenden Jahr der nationale Emissionshandel. Wer bestimmte Brennstoffe in den Verkehr bringt, muss künftig eine am CO2-Ausstoß dieser Brennstoffe orientierte Menge an Zertifikaten vorhalten. Macht er dies nicht, werden Strafzahlungen fällig. Durch einen hierdurch höheren Brennstoffpreis sollen Anreize geschaffen werden, sparsamer mit klimaschädlichen Energieträgern umzugehen und Wege zu finden, entsprechende Emissionen zu vermeiden. Auf welche Brennstoffe wird ein CO2-Preis fällig? In welcher Größenordnung bewegen sich die Abgaben?Die relevantesten der betroffenen Brennstoffe sind Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas, die bereits in der Einführungsphase ab 2021 bepreist werden. Dabei beträgt der Preis für eine ausgestoßene Tonne CO2, über den lange politisch gestritten wurde, zunächst 25 Euro. Dieser Preis steigt schrittweise bis 2025 auf ein Niveau von 55 Euro. Für die Praxis bedeutet dies nach aktuellen Berechnungen, dass sich im Jahr 2021 beispielsweise ein Liter Benzin um etwa 6 bis 7 Cent und ein Liter Diesel um etwa 7 bis 8 Cent verteuern wird. Welche Folgen ergeben sich für betroffene Unternehmen, die häufig ohnehin schon unter der Corona-Pandemie leiden?Für die betroffenen Gesellschaften entstehen vor allem Mehrkosten, aber auch ein erhöhter organisatorischer Aufwand. Da davon auszugehen ist, dass Energieversorgungsunternehmen die Kosten des Brennstoffemissionshandels zumindest anteilig an die Endverbraucher weiterreichen, werden insbesondere energieintensive Unternehmen mit zum Teil erheblichen Mehrkosten belastet. Wie soll verhindert werden, dass Unternehmen ihren Standort verlagern und dann anderswo die Treibhausgase ausstoßen?Diese Problematik, das sogenannte Carbon Leakage, droht in Bezug auf Unternehmen, die aufgrund von internationalem Wettbewerb Kosten nicht einfach weiterwälzen können. Wird durch den nationalen Brennstoffemissionshandel die inländische Produktion unrentabel, könnten Produktionsstandorte in andere Länder verlagert werden. Hierdurch würde zum einen der nationalen Wirtschaft geschadet werden. Zum anderen würde für den Klimaschutz nichts erreicht, da das CO2 in Konsequenz anderenorts emittiert wird. Bereits die ursprüngliche Fassung des BEHG sah Kompensationszahlungen für solche Unternehmen vor; allerdings erst ab dem Jahr 2022. Eine jüngst vorgenommene Gesetzesänderung ermächtigt die Bundesregierung nunmehr, entsprechende Maßnahmen bereits mit Wirkung ab 2021 vornehmen zu können. Reichen Kompensationen aus?Ob die Kompensationen ausreichen werden, bleibt abzuwarten. Denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es hierfür noch keinen abschließenden Rechtsrahmen. Erforderlich ist, dass die Bundesregierung alsbald von der ihr eingeräumten Ermächtigung Gebrauch macht und eine Carbon-Leakage-Verordnung beschließt, welche die Einzelheiten der Kompensationszahlungen regelt. Eine aktuelle Entschließung des Bundestages fordert die Bundesregierung auf, dies noch 2020 zu erledigen. Was raten Sie Ihren Mandanten?Energieintensive Unternehmen sollten die entsprechenden Entwicklungen genauestens verfolgen, um rechtzeitig etwaige Ansprüche auf entsprechende Kompensationen geltend zu machen. Inverkehrbringer von relevanten Brennstoffen müssen sich dagegen mit der Frage beschäftigen, wie sie es möglichst vermeiden, Mehrkosten im Ergebnis vollständig selbst tragen zu müssen. Sie müssen also bewerten, ob sie Kosten unter Bestandsverträgen (zumindest anteilig) an Kunden weitergeben dürfen. Zudem müssen unter Neuverträgen klare Regelungen definiert werden, wie sich die kontinuierliche Erhöhung der Zertifikatspreise auswirkt. Dr. Stefan Schröder ist Partner von Hogan Lovells und Experte für Regulierungsrecht. Die Fragen stellte Helmut Kipp.