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China erweitert den Zugang zu A-Aktien

Börsen-Zeitung, 18.7.2013 Das Segment der chinesischen A-Aktien dürfte der größte, noch weithin unbekannte Aktienmarkt der Welt sein. Bei der Frage nach den größten Märkten der Welt, gemessen an der Marktkapitalisierung der gehandelten Aktien,...

China erweitert den Zugang zu A-Aktien

Das Segment der chinesischen A-Aktien dürfte der größte, noch weithin unbekannte Aktienmarkt der Welt sein. Bei der Frage nach den größten Märkten der Welt, gemessen an der Marktkapitalisierung der gehandelten Aktien, werden am häufigsten die USA genannt, gefolgt von Japan, Großbritannien und kontinentaleuropäischen Ländern wie Deutschland, Schweiz und Frankreich.China? Gehört bisher noch nicht zu den wichtigen Märken, heißt es oft. Aber dies ist eine Fehleinschätzung. Der chinesische Aktienmarkt an den Börsen von Schanghai und Shenzhen verfügt aktuell, im Juni 2013, über einen Börsenwert von 3,3 Bill. Dollar. Damit sind die dort notierten chinesischen A-Aktien, die in der Landeswährung Renminbi gehandelt werden, die Nummer 3 in der Rangliste der weltweiten Aktienmärkte hinter den USA und Japan. Zählt man die in Hongkong notierten chinesischen Aktien – oft als H-Aktien bezeichnet – dazu, ist der chinesische Aktienmarkt sogar der zweitgrößte der Welt.Was kaum bekannt ist: Das Handelsvolumen der A-Aktien in Schanghai und Shenzhen übertrifft deutlich jeweils das Volumen des Aktienhandels an der London Stock Exchange, der Deutschen Börse oder der Nyse Euronext. In Schanghai und Shenzhen sind große und lebhafte Märkte entstanden, die von den meisten Investoren weltweit bisher ignoriert werden. Ein Grund für die Zurückhaltung ist sicherlich, dass der Zugang zu A-Aktien bisher für Investoren noch schwierig ist. Anleger müssen eine QFII-Lizenz (Qualified Foreign Institutional Investors) besitzen, um A-Aktien kaufen zu können. Bis Ende 2013 will China für rund 180 Mrd. Renminbi Lizenzen vergeben, mit steigendem Trend. Dennoch heißt dies, dass nach dieser Steigerung erst 2 % der chinesischen A-Aktien bei internationalen Investoren liegen. Zum Vergleich: In Großbritannien oder Deutschland werden bis zu 40 % der Aktien von ausländischen Investoren gehalten.Als bevorzugten Zugangsweg für Investoren zum Markt für A-Aktien haben sich in den vergangenen Jahren börsengehandelte Indexfonds erwiesen. 2012 kann als Durchbruch für Exchange Traded Funds (ETF) bezeichnet werden, die die Entwicklung von A-Aktien abbilden. Dieses Segment verzeichnete 2012 nach Statistiken der Deutschen Bank Zuflüsse von 24 Mrd. Dollar. Damit war China 2012 weltweit Nummer 2 der bei Investoren beliebtesten Aktienmärkte. An der Spitze stand wie erwartet der US-Aktienmarkt mit Zuflüssen von 64 Mrd. Dollar. China-ETF zogen also mehr Neugelder an als zum Beispiel Japan.Die spannende Frage lautet, ob es sich bei den Zuflüssen in A-Aktien-ETF nur um einen kurzfristigen Trend handelt oder um den Beginn einer langfristigen Entwicklung. Nach allem, was bekannt ist, stehen die Chancen gut, dass sich A-Aktien etablieren werden, und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen haben Chinas Offizielle mehrmals betont, das Volumen der QFII-Lizenzen stark zu erhöhen. Guo Shuqing, der Vorsitzende der China Securities Regulatory Commission (CSRC), hat im Januar auf dem Asian Financial Forum betont, dass China den Kapitalmarkt weiter öffnen will. Dazu gehören eine leichtere Konvertierbarkeit des Renminbi und ein besserer Zugang für internationale Investoren.Ein weiterer Grund, weshalb das Interesse an A-Aktien wachsen wird: Indexbetreiber haben bereits angekündigt, dass sie auf die gestiegene Bedeutung reagieren. Der weltgrößte Indexanbieter MSCI Barra hat im Juni 2013 angekündigt, die chinesischen A-Aktien auf die Beobachtungsliste zu setzen. Wegen der Kaufbeschränkungen wurden A-Aktien bisher nicht in den bekannten Indizes MSCI World, MSCI Emerging Markets oder FTSE World berücksichtigt. Nach Aussage von MSCI Barra bedeutet dies, dass im Juni 2014 eine Entscheidung über eine Aufnahme von A-Aktien getroffen wird. Verdoppelung des GewichtsAb Mai 2015 könnte die Umstellung vollzogen werden. Das Ergebnis könnte wie folgt aussehen: Unter Berücksichtigung der aktuellen Indexregeln, die nur frei handelbare Aktien ohne Beschränkungen für ausländischen Investoren in die Benchmark aufnehmen, könnte sich das Gewicht Chinas inklusive der A-Aktien auf bis zu 4,2 % verdoppeln, beispielsweise im MSCI World All Country Index. Beim MSCI Emerging Markets Index würde das China-Gewicht von 18 auf 29 % steigen. Damit würde China in den wichtigsten Benchmarks zu den wichtigsten Aktienmärkten weltweit zählen, noch vor zum Beispiel Deutschland, Frankreich oder der Schweiz. Was bedeutet dies für ETF-Anleger? Zunächst könnte diese Entwicklung für alle an China interessierten Investoren positiv sein. Nach Aussage von MSCI werden weltweit mehr als 7 Bill. Dollar in Portfolios gemanagt, die sich an MSCI-Indizes orientieren. Auch wenn ein Großteil davon in aktiv gemanagten Fonds liegt, die nicht verpflichtet sind, die Indexumschichtungen nachzuvollziehen – die Wahrscheinlichkeit ist dennoch hoch, dass diese Umstellung Zuflüsse in chinesische A-Aktien auslöst, was sich positiv auf die Aktienkurse dort auswirken kann. An der generell höheren Nachfrage würden auch ETF-Anleger im A-Aktiensegment partizipieren. Allerdings muss betont werden, dass unabhängig von den langfristigen Aussichten die Aktienmärkte in China in der Vergangenheit hohen Schwankungen unterlagen.Zudem müssen Investoren in A-Aktien bis auf Weiteres mit der Besonderheit der QFII-Beschränkung zurechtkommen. Das bedeutet für ETF-Anleger: Wenn mehr ETF nachgefragt werden, die A-Aktien abbilden, als aktuell entsprechende QFII-Lizenzen zur Verfügung stehen, kann der Preis des ETF-Anteils höher liegen als der Wert der Aktien im Index-Portfolio. Ob die Nachfrage nach A-Aktien-ETF oder die Bereitstellung von Lizenzen schneller steigt, ist zum jetzigen Zeitpunkt allerdings nur schwer vorherzusagen.China hat also angekündigt, seinen Aktienmarkt international zu öffnen. Damit erreicht einer der größten noch nicht vernetzten Kapitalmärkte die weltweite Anlegerschaft. Mit ETF, die den A-Aktienmarkt abbilden, können Anleger heute schon an dieser Entwicklung partizipieren.—-Simon Klein, Vertriebsleiter ETF und ETC für Europa und Asien, Deutsche Asset & Wealth Management