INVESTMENTFONDS - IM INTERVIEW: CHRISTOF KESSLER, GOTHAER ASSET MANAGEMENT

"Covered Bonds halten wir für sehr interessant"

Der Vorstandssprecher über das aktuelle Zinsumfeld, die Auswirkungen der Krise und Alternativen zu Staatsanleihen

"Covered Bonds halten wir für sehr interessant"

Die Hängepartie beim griechischen Schuldenschnitt hat die Unsicherheit der Investoren erhöht. Die Folge: Die Zinsen spiegeln nicht mehr das fundamentale Umfeld wider, sagt Christof Kessler, Vorstandsvorsitzender von Gothaer Asset Management.- Herr Kessler, auch nach den jüngsten EU-Gipfeltreffen hält die Unsicherheit noch an, das Zinsumfeld mit historisch niedrigen Zinsen für sichere Anlagen ist für Investoren schwierig. Wie beurteilen Sie die Situation?Das Zinsumfeld insgesamt ist natürlich stark von der Krise beeinflusst. Durch die Unsicherheit in der Peripherie legen immer mehr Investoren ihr Geld in Bundesanleihen an, daher ist dort die Rendite zu niedrig. Das Zinsniveau reflektiert die Krise und nicht die Fundamentaldaten.- Wo müssten die Zinsen für deutsche Staatsanleihen denn aus fundamentaler Sicht liegen?Wenn wir ein Zinsmodell benutzen, in dem die Krise nicht stattfindet, in dem also Faktoren wie etwa die Industrieproduktion, die Preisentwicklung und die Außenwirtschaftsdaten berücksichtigt werden, dann kommen wir auf Renditen für zehnjährige Bundesanleihen im Bereich zwischen 3 und 4 %. Das heißt angesichts der derzeitigen Rendite von 2,1 %, dass wir einen immensen Risikoabschlag haben.- Welche Erwartung haben Sie bezüglich der Inflation?Wir erwarten, dass die Inflation sich ein wenig abschwächt, derzeit befindet sie sich auf einem zyklischen Hoch. Allerdings wird die Teuerung nicht so weit zurückgehen, dass sie das von der Europäischen Zentralbank gesetzte Ziel von 2 % oder knapp darunter erreicht.- Ist es für Anleger zurzeit überhaupt sinnvoll, in Rentenpapiere zu investieren?Das hängt vor allem vom Zeitplan ab. Wenn man wie wir einen mehrjährigen Horizont hat, dann schon. Allerdings finden auch wir im aktuellen Umfeld die Renditen von Bunds nicht sehr attraktiv. Wir betrachten sie nicht als Chance, sondern eher als Risiko.- Was ist für Sie derzeit attraktiv?Covered Bonds halten wir für sehr interessant, sowohl deutsche Pfandbriefe als auch ihre spanischen und italienischen Äquivalente. Die Papiere sind hin und wieder durch das Staatsrisiko in Mitleidenschaft gezogen worden, aber Hypothekenpfandbriefe privater Emittenten bieten teilweise Aufschläge von 200 bis 300 Basispunkten über der Bundkurve. Das halten wir für ziemlich attraktiv, denn die Papiere haben ja Sicherheiten.- Was halten Sie von den Staatsanleihen der Peripherie? Die bieten auch kräftige Aufschläge?Anders als die Covered Bonds bieten die Staatsanleihen eben keine Sicherheiten, und der Wert der Anleihen ist – wie bei Griechenland – im Krisenfall Gegenstand von Verhandlungen. Daher sind wir bei Government Bonds dieser Staaten eher zurückhaltend und weichen auf Hypothekenpfandbriefe aus.- Unternehmensanleihen bieten mitunter ebenfalls hohe Aufschläge.Das stimmt. Es gibt viele Unternehmen, die ihre Kasse füllen wollen und sich gleichzeitig von der starken Abhängigkeit von den Banken befreien möchten. Sie wollen sichergehen, dass sie in ihren Konzernaktivitäten nicht auf die Kreditvergabe der Banken angewiesen sind. Das hat aber für die Unternehmen seinen Preis. Für uns gibt es da einige attraktive Papiere, sogar von weltweit gut aufgestellten Unternehmen aus den Peripheriestaaten. Da sind aus unserer Sicht die Corporates das bessere Investment als die Staatspapiere.- Wo sehen Sie sonst noch Chancen?Der Markt für Senior Secured Loans, also strukturierte Bankkredite, ist derzeit interessant. Da gibt es Aufschläge gegenüber Libor von 380 und 600 Basispunkten und zudem beim Kauf einen Discount von 5 bis 6 Prozentpunkten. Das reflektiert hohe Ausfallszenarien, die so nicht realistisch sind, selbst wenn wir in eine Rezession rutschen. Der Markt ist günstig gepreist, weil die Banken ihre Bilanzen verkürzen müssen – er ist aber nicht groß genug, um das Volumen ohne weiteres zu absorbieren. Wir halten diese Kredite in Maßen in unseren Fonds, das ist aber kein Investment für Retailkunden.- Viele Fonds bauen auf Schwellenländeranleihen, weil in den Emerging Markets die Fundamentaldaten oft gut sind und die Papiere höhere Renditen bringen.Das ist nur bedingt richtig, Schwellenländerbonds sind lange sehr gut gelaufen. Wir haben unlängst aber unsere Positionen in den Schwellenländern reduziert, weil wir im dritten Quartal einen Abschwung sehen und einen guten Zeitpunkt abpassen wollten, uns von einigen Bonds zu trennen. Wenn Länder wie Kolumbien weniger Rendite abwerfen als beispielsweise Spanien, dann stimmt etwas nicht und dann ist das für uns kein lohnendes Investment mehr.- Was für eine Rendite kann man mit einem gemischten Portfolio aus Staatsanleihen, Covered Bonds, einigen Unternehmens- und Schwellenländerpapieren im Marktumfeld erzielen?Mit einem gut diversifizierten Portfolio mit einem relativ niedrigen Risiko und einem guten Credit Scoring kommt man wohl bei 3,5 bis 4 % raus. Die hochrentablen Papiere wie Covered Bonds und Loans sind ja nur ein kleiner Teil des Portfolios. Wir rechnen allerdings damit, dass die Bundrenditen bald wieder steigen, entweder weil über die Renditen zu viele andere Staaten mitfinanziert werden oder weil sich die Situation normalisiert. Das dürfte dann auch Auswirkungen auf die Rendite unserer Portfolien haben.—-Das Interview führte Martin Hampel.