Immobilien

"Da kommt noch was an Fondsproblemen"

Experten sehen "Dutzende mittelgroße Immobilienfonds" in Gefahr - Banken lassen Alteigentümer verwalten

"Da kommt noch was an Fondsproblemen"

Von Ulli Gericke, Berlin Erst Morgan Stanley, dann Goldman Sachs, schließlich musste auch die Deutsche Bank einräumen, dass sie für ihren 2,6 Mrd. Dollar schweren Immobilienfonds “Rreef America Reit III” eine Restrukturierung vornehmen musste. Weitere Fonds dürften folgen, heißt es bei Immobilienexperten, “da kommt noch was”. Nachdem Morgan Stanley bekennen musste, dass bei ihrem Fonds “MSREF VI” ein Wertverlust von ca. 5,4 Mrd. Dollar droht, und Goldman Sachs einräumte, dass ihr “Whitehall Street International” im vergangenen Jahr fast seinen gesamten Wert von 1,8 Mrd. Dollar eingebüßt habe, sei für andere Häuser die Zeit günstig, eigene Probleme mit ihren Fonds einzugestehen. Merrill und BlackstoneMarktbeobachter nennen in diesem Zusammenhang Merrill Lynch oder den Finanzinvestor Blackstone, die ähnlich gehebelte, wenn auch deutlich kleinere Fonds aufgelegt hätten. Insgesamt gebe es “Dutzende mittelgroße Immobilienfonds” im Volumen von 500 Mill. bis 1 Mrd. Dollar, die mit äußerst überschaubarem Eigenkapital und durchschnittlich 90-prozentiger Fremdfinanzierung in Hochzeiten des Immobilienbooms 2006/07 auf Einkaufstour gegangen seien – und alle waren sie “non recourse” unterwegs.Bei dieser an und für sich seltenen Form der Projektfinanzierung – die sich nur in der Immobilienbranche einer gewissen Beliebtheit erfreut – umgehen die Investoren jegliche Nachschusspflicht und laden alle Risiken den finanzierenden Banken auf, die damit letztendlich die unternehmerische Verantwortung für das Projekt tragen. Die Finanzinstitute ließen sich auf diese ungleiche Risikoverteilung ein, um im vermeintlich endlosen Immobilienboom mitspielen zu dürfen. “20 Prozent wären auch weg”Mit dem deutlichen Wertverlust der überteuert eingekauften Büros, Kaufhäuser oder Hotels war dann das geringe Eigenkapital der Fonds schnell verbraucht. Für deren Manager erweist es sich inzwischen als “Erfolg”, nur 10 % als Eigenkapital eingebracht zu haben, weil dadurch nur geringe Summen verloren sind und abgeschrieben werden müssen. “Hätten wir 20 % eingebracht, wären die inzwischen auch weg”, lästern Verantwortliche.Diese Einschätzung zeigt, dass noch einigen Fonds Schwierigkeiten bevorstehen dürften. Dabei ist jedes heutige Eingeständnis nur die Bestätigung dessen, was der Markt seit einem Jahr weiß, heißt es bei Beobachtern – “ich bin überrascht, dass es so lange gedauert hat, bis die Probleme offenkundig werden”, staunt ein Insider. Denn die Ausfälle schlagen sich schon seit geraumer Zeit bei den Abschreibungen in den Bankbilanzen nieder. “Und bevor die Bank 1 Cent verliert, haben die Fonds in ihrem Eigenkapital den letzten Cent verloren.” Geben die Fonds den Schlüssel ab, nachdem das Eigenkapital restlos verbraucht ist und eine Refinanzierung der hohen Verschuldung damit nicht mehr zustande kommt, fallen die Fondsimmobilien den Banken zu. Und die lassen das Management der neu übernommenen Bestände nur allzu oft in den alten Händen, also bei Goldman Sachs oder Morgan Stanley. Die Banken können es nicht besser, lautet die kritische Selbsterkenntnis.Zudem können milliardenschwere Portfolien auch nicht von jedermann verwaltet werden, räumen selbst diejenigen Immobilienfachleute ein, die seit Jahresfrist darauf warten, von Banken mit dem Management zwangsweise übernommener Bestände beauftragt zu werden. Hier wird beteuert – und bedauert -, dass Morgan Stanley selbst nach Abgabe der Schlüssel bei ihrem einstigen “Pegasus-Portfolio” immer noch die darin enthaltene Frankfurter Welle und das Neue Kranzler Eck in Berlin managt. Warten unterm SchirmSo können die Banken abwarten, bis sich die Immobilienpreise so weit erholt haben, dass die übernommenen Portfolien mit Gewinn – oder zumindest ohne Verlust – verkauft werden können. Dabei scheint der Geduldsfaden unterschiedlich lang zu sein, je nachdem, ob ein Finanzinstitut noch selbständig agiert oder unter den Schirm einer staatlichen Rettungseinrichtung geflüchtet ist.Und auch hier scheint es große Unterschiede zu geben: Will eine Bank die Staatsgelder zurückgeben, drängt es sie, die Immobilien rasch zu verwerten. Gehört ein Gebäudebestand aber einer verstaatlichten irischen Bank oder etwa der Royal Bank of Scotland, die das “Pegasus-Portfolio” finanziert und jetzt übernommen hat, gibt es überhaupt keinen Handlungsdruck, wie ein Kenner der Materie beobachtet. Solange der Cash-flow ausreiche, die Zinsen zu zahlen, sähen diese Banken keinerlei Notwendigkeit, sich intensiver um ihre Bestände zu kümmern oder sie gar zu verwerten.Die geschädigten Anleger der gestrandeten Fonds dürften bei künftigen Investments auf deutlich mehr Mitsprache dringen, erwartet ein Private-Equity-Manager. Denn die offenkundig gewordenen Schwierigkeiten zeigen auch, dass die Finanzierung der hoch geleveragten Portfolien viel zu kurz angelegt war. Das aber sei Folge der Vergütungsstruktur der Fondsmanager. Diese wollen keine Vorfälligkeitsentschädigungen zahlen, weil dadurch ihre Gewinne gedrückt würden.