Anlageprodukte - Interview mit Peter Schirmbeck, DZ Bank

"Das Gesetz regelt nicht die Qualität der Beratung"

Kritik an fehlender Kontrolle von unabhängigen Finanzberatern - Genossenschaftsbanken optimieren IT-gestützten Anlageprozess

"Das Gesetz regelt nicht die Qualität der Beratung"

Das vom Bundestag jüngst beschlossene Anlegerschutzverbesserungsgesetz soll Privatinvestoren künftig klarere Informationen, eine bessere Beratung und mehr Sicherheit bringen. Einer der Kernpunkte ist die Schaffung einer Datenbank für die rund 300 000 Anlageberater in Deutschland. Sie müssen sich künftig bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) registrieren lassen. Darüber hinaus sollen Informationsblätter die Anleger besser über die Finanzprodukte informieren. Während Verbraucherorganisationen das neue Gesetz begrüßen, stößt das Paragraphenwerk bei den Banken auf starke Kritik. Peter Schirmbeck, Bereichsleiter des Privatkundenwertpapiergeschäfts der DZ Bank, erläutert im Interview der Börsen-Zeitung die Schwachpunkte des neuen Gesetzes.- Herr Schirmbeck, der Bundestag hat das Anlegerschutzverbesserungsgesetz verabschiedet. Ist die Regierung damit auf dem richtigen Weg?Das neue Anlegerschutzverbesserungsgesetz gleicht in Teilen einem bürokratischen Moloch. Es bedeutet für die Banken einen hohen administrativen Mehraufwand. Die Banken müssen zum Beispiel ihre Berater bei der BaFin melden. Während diese dort in einer Datei erfasst werden, bleiben dagegen der graue Kapitalmarkt und die freien unabhängigen Finanzberater außen vor. Letztere werden lediglich vom Gewerbeaufsichtsamt kontrolliert. Hier hat der Gesetzgeber eine sträfliche Lücke im Gesetz hinterlassen.- Verbessert sich durch das neue Gesetz nicht die Qualität der Beratung?Nicht zwingend. Denn das Gesetz regelt nicht die Qualität der Beratung, sondern sanktioniert nur die Fehler. Die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die anderen Banken investieren schon seit Jahren auf freiwilliger Basis viel Zeit und Geld in die Ausbildung ihrer Berater. Pro Jahr werden 15 000 Berater der Volks- und Raiffeisenbanken von uns für die Beratung zu Wertpapieren wie Zertifikaten weitergebildet. Bankberater brauchen neben einer Bankausbildung bereits heute einen Qualifizierungsnachweis für die Beratung zu Wertpapieren. Die unabhängigen Berater brauchen stattdessen keine Ausbildungsbescheinigung oder Registrierung. Während der gut ausgebildete Bankkaufmann mit entsprechender Qualifikation und Dokumentation einen einfachen Schatzbrief verkaufen darf, kann der freie Finanzberater ohne Ausbildung eine komplizierte Schiffsbeteiligung absetzen.- Woran kann der Anleger erkennen, dass er in einer Volks- oder Raiffeisenbank einem ausgebildeten Bankberater gegenübersitzt?Berater der Genossenschaftsbanken werden kontinuierlich geschult und erhalten einen “Beraterpass”, der ihre Qualifikation ausweist. Welcher unabhängige Finanzberater kann dies vorweisen?- Ist die Bundesregierung mit der Pflicht zur Beratungsdokumentation und dem Anlegerschutzgesetz nicht auf dem richtigen Weg?Neuerungen, die Transparenz und Standardisierungen ermöglichen, begrüßen wir, weil sie den Beratungsprozess sinnvoll unterstützen. Es fehlt hier aber eindeutig an besserer Koordination, zum Beispiel zwischen nationalem und europäischem Recht. Erst kommt das Gesetz zur ausführlichen Dokumentation der Wertpapierberatung, dann das sogenannte Anlegerschutzverbesserungsgesetz. Und in ein paar Wochen kommt auf europäischer Ebene das PRIP (Packaged Retailed Investment Products) im Kontext des europäischen Anlegerschutzes.- Profitiert der Anleger bei den Volks- und Raiffeisenbanken nicht von diesen Regulierungsbemühungen?Die Genossenschaftsbanken verfolgen schon seit vielen Jahren einen hohen Standard bei der Beratung ihrer Kunden. Als Produktlieferant versorgen wir die Banken dabei seit langem mit transparenten Produktinformationen. Dort werden auch die Vertriebsprovisionen an die Bank ausgewiesen.- Von der BaFin und auch von verschiedenen Verbraucherschutzorganisationen wurde allerdings die Qualität der Beratungsdokumentation bemängelt. Zu Unrecht?Das Gesetz ist ohne Übergangsfrist für die Banken innerhalb von wenigen Wochen eingeführt worden. Sicherlich ist die Umsetzung in einigen Fällen verbesserungswürdig. Unter der Führung des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) arbeiten wir an der Optimierung des IT-gestützten Anlageprozesses. Ziel ist, einen noch höheren Qualitätsstandard im Beratungsprozess zu erreichen.- Haben die Insolvenz von Lehman Brothers und der Ausfall etlicher Produkte zu Veränderungen bei den Anlegern geführt?Tatsächlich sind die Kunden heute sehr viel informierter als früher. Unsere Erfahrungen und auch unsere regelmäßigen Umfragen zeigen, dass die Kunden mit besseren Vorinformationen in die Filialen kommen. Außerdem zeigt sich, dass auch die Online-Aktivitäten zunehmen. Das bedeutet, dass die Gruppe der Selbstentscheider zunimmt. Der Fall Lehman Brothers hat bei vielen Anlegern den Blick auf den Emittenten geschärft. Davon konnten wir profitieren.- Lehman Brothers ging mit einem Vertrauensverlust bei vielen Anlegern einher. Warum haben Sie gegen den Trend Marktanteile gewinnen können?Wir haben offenbar vieles richtig gemacht. Wir haben uns auf das Sicherheitsbedürfnis unserer Anleger eingestellt. Wichtig ist den Anlegern, dass Zertifikate der DZ Bank über die Sicherungseinrichtung des BVR auch gegen das Emittentenrisiko abgesichert sind. Über 70 % des in unseren Zertifikaten investierten Volumens befinden sich in Produkten mit vollständigem Kapitalschutz. Die Statistik des Deutschen Derivate Verbandes zeigt, dass die DZ Bank mit einem Anteil von 43 % Marktführer bei den Kapitalschutzpapieren ist.—-Das Interview führte Armin Schmitz.