Immobilien

Dax-Konzerne hüten enorme Schätze an Betongold

M. M. Warburg: Immobilienvermögen steht für ein Viertel des Börsenwerts - Reits könnten Hebung stiller Reserven beschleunigen

Dax-Konzerne hüten enorme Schätze an Betongold

Von Christoph Ruhkamp, Düsseldorf Die Kapitalrenditen und Bilanzstrukturen deutscher Unternehmen lassen sich durch die Ausgliederung von Immobilien deutlich verbessern. Eine wichtige Hilfe dazu könnte die für das kommende Jahr geplante Einführung börsennotierter und steuerbegünstigter Immobilien-Trusts (Reits) in Deutschland leisten. Die größten stillen Reserven in Form von Immobilienvermögen schlummern in den Bilanzen von DaimlerChrysler (11 Mrd. Euro), Volkswagen (6,8 Mrd. Euro) und Deutscher Telekom (6,1 Mrd. Euro). Das geht aus einer Studie des Bankhauses M.M. Warburg über Reits in Deutschland hervor. Der Untersuchung von Analyst Ralf Dibbern zufolge macht das Immobilienvermögen der Dax-Unternehmen mit fast 170 Mrd. Euro knapp ein Viertel ihres Börsenwerts aus, während allein die stillen Reserven für 10 % der Marktkapitalisierung stehen. Bei den Gebäuden handelt es sich zwar teils um betriebsnotwendige Objekte. Doch nach Ansicht von M.M. Warburg könnten auch diese Immobilien verkauft, wieder zurückgemietet und der Ertrag ins Kerngeschäft investiert werden.Ein Vergleich mit dem Ausland zeigt, dass Unternehmen in den USA nur 25 % der von ihnen genutzten Immobilien selbst besitzen, während die hiesige Quote bei 73 % liegt. Als Hindernis für einen Verkauf gilt bisher in erster Linie die volle Besteuerung der bei einer Veräußerung erzielten stillen Reserven, die jedoch bei den deutschen Reits als Startimpuls laut Gesetzentwurf künftig auf einen Satz von nur 20 % reduziert werden soll.Schritte zur Ausgliederung der Immobilien haben in diesem Jahr vor allem KarstadtQuelle und DaimlerChrysler unternommen. Während der Kaufhauskonzern sich von seinem kompletten Immobilienbestand trennte, verkaufte der Autohersteller 13 Bürogebäude mit einem Buchwert von 200 Mill. Euro für 300 Mill. Euro an den französischen Investor Icade. Auch Eon und ThyssenKrupp hatten größere Wohnungsbestände mit Gewinn an Finanzinvestoren weitergereicht.Bei welchen Unternehmen sich eine Ausgliederung der Immobilien am meisten lohnen könnte, lässt sich unter anderem an der Relation von stillen Reserven zur gesamten Marktkapitalisierung ablesen. Bei dieser Quote liegen laut M. M. Warburg die Konzerne Volkswagen (39 %), Lanxess (35 %) und Norddeutsche Affinerie (33 %) an der Spitze.Zur Berechnung der stillen Reserven haben die Analysten – weil echte Marktwerte der Immobilien in den Jahresabschlüssen der Unternehmen in der Regel nicht genannt werden – hilfsweise die Bruttoanschaffungswerte zugrunde gelegt, diese Werte mit den aktuellen Bilanzwerten nach kumulierten Abschreibungen verglichen und die Differenz als stille Reserve interpretiert. Dies sei ein konservativer Ansatz, da die Marktwerte in Wirklichkeit über den Buchwerten liegen dürften. Bei der Berechnung der positiven Effekte von Verkäufen auf die Kapitalrenditen der Unternehmen geht M. M. Warburg indes in einem zweiten Schritt davon aus, dass die Immobilien zu Marktwerten veräußert werden. Bei der Einbringung der Immobilien in einen Reit sei voraussichtlich eine Erstbewertung zu Marktwerten vorgeschrieben. Metro erhielte RenditeplusDa es unwahrscheinlich sei, dass ein Unternehmen wirklich alle Immobilien aus der Bilanz nehme, geht die Studie von der pauschalen Annahme aus, dass Handels- und Dienstleistungsunternehmen 50 % ihrer Immobilien ausgliedern, produzierende Unternehmen dagegen nur 25 %. Die höchste prozentuale Steigerung der Kapitalrendite-Kennziffer “Roce” – also der Relation des Gewinns vor Zinsen und Steuern zum Gesamtkapital – durch Immobilienverkäufe erwarten die Analysten vor diesem Hintergrund bei Metro (+ 44 %), Rhön-Klinikum (+ 19 %) und SAP (+ 12 %). Ähnlich evident wäre die Verbesserung bei Deutsche Post, Merck KGaA und Rheinmetall, deren Roce um jeweils rund 10 % zulegen würde.Der Grund für die verbesserten Kapitalrenditen ist laut M. M. Warburg, dass sich durch den Verkauf der Immobilien das Sachanlagevermögen um die Bilanzwerte der Immobilien verringert. Gleichzeitig steige das Finanzanlagevermögen um die erzielten Erlöse. Dadurch ergebe sich eine Bilanzverlängerung in Höhe der aufgedeckten stillen Reserven.Zugleich erwarten die Analysten durch Immobilienverkäufe positive Effekte auf den Verschuldungsgrad der Unternehmen. Am deutlichsten würde sich die Kennziffer “Gearing” – also das Verhältnis von Nettoeigenkapital zu Bankschulden – wiederum bei Metro (+ 110 Prozentpunkte), Rhön-Klinikum (+ 39 Prozentpunkte) und Deutsche Post (+ 29 Prozentpunkte) verbessern. Die stillen Reserven wurden von M.M. Warburg um Steuerzahlungen bereinigt, wobei insgesamt ein effektiver Steuersatz von 20 % angenommen wurde, davon 12,5 Prozentpunkte hälftige Körperschaftsteuer.Mit der Einführung von Reits rechnet Warburg spätestens zur Jahresmitte. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf bestehe eine der Hürden für Reit-Gründungen in der vorgeschriebenen Begrenzung des Fremdkapitaleinsatzes auf 60 % des Immobilienvermögens, die einige höher verschuldete Gesellschaften nur nach Kapitalerhöhungen erfüllen könnten. Auch rege sich Widerstand von Teilen institutioneller Investoren gegen die vorgesehene zwingende Börsennotierung für Reits, da dies unerwünschte Wertschwankungen zur Folge habe.Offene Punkte gibt es laut Warburg auch noch bei den Bilanzierungswahlrechten: Wenn Reits eine Bewertung der Immobilien zum Zeitwert vornehmen müssten, sei mit stark schwankenden Ergebnissen zu rechnen. Prinzipiell ergebe sich bei Immobilien das Problem einer zuverlässigen Marktpreisbewertung, da nicht immer Marktpreise für spezielle Objekte zur Verfügung stünden. Beim Rückgriff auf die Preise vergleichbarer Objekte stelle sich generell die Frage, ob dies in Anbetracht der Unterschiedlichkeit von Immobilien praktikabel sei. Auch eine Betrachtung der abdiskontierten Zukunftserträge berge die üblichen Probleme der Prognoseunsicherheit.Komplett ungeklärt sei auch die Frage, welches Verfahren zur Ermittlung des ausschüttungsfähigen Gewinns angewandt werden soll. Hier sei eine eindeutige Definition unerlässlich. Denn das wesentliche Kriterium für die Erteilung des steuerbegünstigten Reit-Status ist die Ausschüttung von 90 % des Gewinns an die Aktionäre.