RECHT UND KAPITALMARKT

Debt Funds gewinnen Marktanteile

Alternative zur Bankenfinanzierung - Geändertes regulatorisches Umfeld hilft - Weite Angebotspalette für Kreditnehmer

Debt Funds gewinnen Marktanteile

Von Wolfgang Nardi *) Die Bedeutung von Debt Funds bei Akquisitionsfinanzierungen und anderen Leverage-Buy-out-nahen Transaktionen hat im deutschsprachigen Raum stark zugenommen. Zahlen des abgelaufenen Jahres bestätigen den Trend: Ausweislich des Mid Cap Monitors der Investmentbank GCA Altium wurden in Deutschland bis Ende des dritten Quartals im mittleren Marktsegment 69 Akquisitionsfinanzierungen abgeschlossen. 34 davon haben Banken ausgereicht. Auf Debt Funds entfielen 32 Unitranche-Finanzierungen, also Darlehen, bei denen sich Kreditlinien mit unterschiedlichem Rang in einem Instrument vereinigen, sowie einige klassische Senior-Finanzierungen.Im Wesentlichen treten Debt Funds als Senior-Kreditgeber auf, stellen Mezzanine ebenso wie andere nachrangige Finanzierungsinstrumente oder begleiten als Special Situation Funds das finanzierte Unternehmen im Wortsinn durch Zeiten besonderer Umstände. Zugenommen haben laut Mid Cap Monitor vor allem Transaktionen zur Refinanzierung bestehender Darlehen sowie solche zur Rekapitalisierung der Finanzierungsstruktur, in deren Zuge sich Sponsoren einen Teil des ursprünglich eingesetzten Eigenkapitals unter Erhöhung der Kreditquote zurückzahlen lassen.Bei der Erhöhung ihrer Marktanteile hilft den Debt Funds ein geändertes regulatorisches Umfeld oder – sofern sie über keine entsprechende Lizenz verfügen – die Möglichkeit, auch ohne Erlaubnis Kredite zu vergeben, wenn der Kreditnehmer sie direkt anspricht. Den Kreditnehmern und ihren Eigentümern, allen voran Sponsoren von Private-Equity-Transaktionen, eröffnet die wachsende Zahl an in Deutschland aktiven Debt Funds eine weite Angebotspalette neben dem klassischen Darlehen, wie es Banken im Wege des Underwriters und anschließender Syndizierung oder mittels eines Club Deals gewähren. Das seitens eines Debt Funds bereitgestellte Darlehen hat gegenüber den klassischen Finanzierungswegen den Vorteil, dass der Kreditnehmer weder mit einer größeren Gruppe an Gläubigern verhandeln noch deren divergierende Interessen auch während der Laufzeit im Blick halten muss. Dass einige Sponsoren Bankdarlehen mit einer Debt-Fund-Finanzierung ersetzen, spiegelt die Bereitschaft der Fonds wider, eine höhere Verschuldensquote des finanzierten Unternehmens zu akzeptieren, als sie mittels von Banken gestellter Darlehen erzielbar wäre. Progressive BedingungenDie ständig wachsende Zahl an Debt Funds und ihr hohes Volumen an verfügbarem Kapital eröffnen Unternehmen die Möglichkeit, sich auch für andere Anlässe als Unternehmenskäufe Kapital zu beschaffen. Vor allem die im höheren Mid-Cap- und im Large-Cap-Segment immer großzügiger werdenden Darlehensbedingungen lassen den Kreditnehmern immer mehr Freiräume, weitere Finanzierungen einzugehen, etwa um die Liquidität zu erhöhen. Stehen ausreichend unbelastete Vermögensgegenstände zur Verfügung, können die zusätzlichen Kreditlinien separat und erstrangig besichert werden, ohne dass sie in die bestehenden Vereinbarungen einbezogen werden müssten. Dadurch sichert sich die zusätzliche Finanzierung eine von der Altfinanzierung unabhängige erstrangige Position.Auch bei solchen Finanzierungen sind Debt Funds in aller Regel bereit, einen höheren Verschuldungsgrad des Kreditgebers und recht schnell auch progressive Regelungen hinzunehmen. Entsprechend akzeptieren sie meist spiegelbildlich die Vertragsbedingungen der bestehenden Finanzierung, so dass sich die Zeit für die Verhandlung der entsprechenden Kreditdokumentation in Grenzen hält.Moderne Intercreditor-Verträge, also die Verträge, die das Verhältnis verschiedener Gläubigergruppen und die Sicherheitenbestellung bzw. -verwertung regeln, eröffnen im Rahmen von eher großvolumigen syndizierten Darlehen oder High-Yield-Finanzierungen zudem oftmals die Option, auch neue Kreditlinien einzubeziehen. Damit kann die zusätzliche Finanzierung mittels der bereits bestellten Sicherheiten abgesichert werden. Darüber hinaus gewinnt der beitretende Finanzier Mitspracherechte bei der Verwertung sowie einen Platz bei der Verteilung von Vollstreckungserlösen.Oftmals testen neuere Kreditdokumentationen Finanzkennzahlen nur, wenn die revolvierende Kreditlinie am Stichtag zu einem festgelegten Grad in Anspruch genommen wurde. Nutzt der Kreditnehmer im Falle eines Liquiditätsbedarfs bestehende Freiräume für weitere besicherte Finanzierungen aus, kann er sich die Berechnung der Finanzkennzahlen am Quartalsende ersparen. Aus Sicht der Kreditgeber ist dies eine weitere Schwachstelle der aktuell gängigen Darlehenskonditionen gerade internationaler Großkredite und Anleihen.Die Tendenz zu immer lockereren Bedingungen für die Finanzierung von sponsorgestützten Unternehmensübernahmen mittels Darlehen oder High-Yield-Bonds zeigt sich nicht mehr nur bei Large-Cap-Transaktionen oder größeren Mid-Cap-Krediten, sondern vermehrt auch bei Darlehen mit kleineren Volumina. Die Schmerzgrenze verschiebt sich aufgrund des Einfallsreichtums der Verhandlungsführer auf Kreditnehmerseite immer weiter zu Lasten der Kreditgeber, obwohl man bereits vor einigen Jahren den Eindruck gewinnen konnte, dass das Maximum erreicht sein müsste. In letzter Zeit stießen allzu aggressive Forderungen der Kreditnehmerseite in allen Marktsegmenten allerdings vermehrt auf Ablehnung durch mögliche Darlehensgeber. Auch scheint die Qualität des finanzierten Übernahmeobjekts wieder stärker in den Vordergrund zu treten. Für Sponsoren dürfte dies ein weiterer Grund sein, sich Kredite bei Fonds zu besorgen, die großzügiger mit den Forderungen des Kreditnehmers umgehen, auch wenn diese sich ihre Flexibilität über einen höheren Preis kompensieren lassen. Diskussion um KennzahlenWie schnell sich bei einer Verschlechterung des Marktumfeldes progressive Bestimmungen, die die Kontrolle der Kreditgeber über Kredit und Kreditnehmer nachhaltig untergraben haben, wieder kreditgeberfreundlicher gestalten lassen, wird sich in den kommenden Monaten und Jahren zeigen. Die Alternative wäre, dass der Wettbewerb zwischen den traditionellen und den neuen Marktteilnehmern der Schuldnerseite selbst weiter in die Hände spielt. Zu erwarten ist, dass sich die Diskussion vor allem um die kreditnehmerfreundliche Berechnung der Finanzkennzahlen unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Anpassungen drehen wird. Auch werden die großzügigen Möglichkeiten, Verstöße gegen die vertraglichen Bestimmungen zu heilen, in den Fokus rücken; dies vor allem mit Blick auf die Finanzkennzahlen, bei denen der Markt in manchen Fällen mitunter wieder eine Anrechnung von Eigenkapitaleinschüssen auf das ermittelte Ebitda erlaubt hat. Damit verbunden ist die Tatsache, dass weitreichende Ausnahmen von den positiven und negativen Verhaltenspflichten Beschränkungen für das finanzierte Unternehmen immer weiter aufweichen. Dies kann zum Beispiel dazu führen, dass teils unvorhergesehene Abflüsse oder Veräußerungen das Vermögen des finanzierten Unternehmens verringern, ohne dass die Kreditgeber darauf Einfluss nehmen können oder eine Sondertilgung auf ihr Darlehen erhalten. Schließlich zeigt sich anhand der ersten Insolvenzen, wie ein eher schmales Sicherheitenpaket den Zugriff der Kreditgeber auf die Vermögensgegenstände des Insolvenzschuldners beschränkt.All diese Themen geben den Kreditgebern erst spät Mitwirkungsrechte in der Krise des Schuldnerunternehmens. Gerade in einer solchen Krise eröffnet sich für die Special Situation Funds aber, wie die jüngsten Sanierungsfälle im Leveraged-Buy-out-Bereich gezeigt haben, eine Vielzahl weiterer Finanzierungsmöglichkeiten. In Betracht kommt zum Beispiel die Refinanzierung bestehender Kapitalstrukturen mit einem höheren Risikoprofil. Ebenso kann als Teil einer finanziellen Restrukturierung der Kreis der beteiligten Parteien konsolidiert werden, indem komplexe Syndikate durch einen oder wenige Kreditgeber ersetzt werden. Und nicht zuletzt lässt sich der Liquiditätsbedarf eines notleidenden Unternehmens auch mittels Brücken- und Sanierungsfinanzierungen bedienen. *) Wolfgang Nardi ist Partner der Kanzlei Kirkland & Ellis in München.