Investmentfonds

Demografie spricht für Schwellenländer

Staaten wie Indien, China und Russland überzeugen mit hohen Wachstumsraten - In Krisen aber anfällig

Demografie spricht für Schwellenländer

Von Martin Hampel, FrankfurtAngesichts der eher mickrigen Zinsen für Staatsanleihen aus den Industrieländern machen sich immer mehr Anleger auf die Suche nach Investments, die mehr Rendite versprechen. Fündig werden viele in den Schwellenländern: Staaten wie Taiwan, Brasilien oder Indonesien verfügen über relativ gute Wachstumsaussichten und bieten den Anlegern für Bonds vergleichsweise hohe Renditen – zuletzt rentierten Schwellenländerbonds im Schnitt etwa 3 % über US-Staatsanleihen. Seitens der Ratingagenturen werden die Emerging Markets zunehmend im Bereich des Investment Grade eingestuft. So gehören mittlerweile mehr als die Hälfte aller Länder, die im J.P. Morgan Emerging Markets Bond Index Global enthalten sind, dem Investment-Grade-Universum an.Viele Analysten betrachten vor allem das Wachstum und die Binnennachfrage als Argumente für ein Investment in Emerging-Markets-Bonds. Die demografische Entwicklung mit einer wachsenden Mittelschicht stärkt die Nachfrage weiter. Einer Studie der Boston Consulting Group zufolge dürfte sich die Mittelschicht in China und Indien in den kommenden fünf Jahren fast verdoppeln (siehe Grafik). Zudem verfügen zahlreiche Schwellenländer über einen soliden Staatshaushalt mit geringen Schulden und mitunter erheblichen Devisenreserven. “Der Wandel in diesen Ländern weg von exportgetriebenen hin zu konsumgetriebenen Wachstumsmodellen macht dort künftig Investments noch attraktiver, da die Abhängigkeit von globalen Entwicklungen sinkt”, sagt Uta Fehm, Portfolio-Managerin bei UBS Global Asset Management. Schon jetzt sei in vielen Schwellenländern die Wachstumsrate des Binnenkonsums höher als in den meisten Industriestaaten. Entsprechende Preisentwicklungen aber könnten dabei die Kehrseite der Medaille sein. Dies wird dazu führen, dass die Schwellenländer noch vor den Industriestaaten mit Zinserhöhungen auf diese Marktsituation reagieren werden. Reich an RohstoffenZu den demografischen und strukturellen Vorteilen der Schwellenländer kommt das Plus ihrer Größe hinzu. Schwellenländer nehmen fast 80 % der globalen Landmasse ein und verfügen damit über einen immensen Rohstoffreichtum, heißt es in einer Studie von Franklin Templeton. So gehören beispielsweise Chile und Peru zu den global führenden Kupferproduzenten. Das größte Gasunternehmen der Welt sitzt in Russland, Brasilien ist wichtiger Exporteur von Eisenerz, Vietnam verfügt über reiche Vorkommen an Phosphat, Kohle, Mangan, Bauxit und Chrom. Die Liste ließe sich fast beliebig lang fortführen. Die Hausse an den Rohstoffmärkten deutet an, dass den Commodities in den kommenden Jahren eine Schlüsselrolle in der Weltwirtschaft zukommt.Natürlich hat auch diese Medaille eine Kehrseite. So besteht in vielen Ländern die Gefahr einer politischen Krise, zudem lassen die positiven Wachstumsraten vieler Länder nicht ohne Weiteres einen Schluss auf gute Bondrenditen zu. Auch ziehen viele große Investoren bei Anzeichen einer Krise ihr Geld als Erstes aus den Schwellenländern ab, was die Investments dort zum einen anfälliger, zum anderen volatiler macht. Außerdem holen sich Anleger mit Emerging-Markets-Bonds in Lokalwährungen zu den Anleihe-Risiken noch die Unwägbarkeiten der Wechselkurse ins Depot – die aber in den vergangenen Monaten vor allem für hohe Gewinne westlicher Investoren gesorgt haben. Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass in manchen Schwellenländern politische Zustände herrschen, die mit dem westlichen Demokratieverständnis schwerlich in Deckung zu bringen sind, die man als Anleger aber mit einem Investment alimentiert.Für Anleger, die ihr Risiko streuen wollen, bieten zahlreiche Asset Manager Investmentfonds mit Schwerpunkt auf Anleihen aus Schwellenländern. Der Trend bei vielen Produkten ging zuletzt dahin, dass den Staatsanleihen-Portfolios auch Corporate Bonds beigemischt wurden. Einige Produkte haben mittlerweile sogar mehr Unternehmens- als Staatspapiere im Portfolio. Einen bislang wenig beschrittenen Weg ist nun die dänische Sparinvest gegangen: Ihr “Emerging Markets Corporate Value Bonds”, der erst in dieser Woche zum Vertrieb in Deutschland zugelassen wurde, investiert ausschließlich in Unternehmensanleihen.Die Anlageklasse “ist in den vergangenen zehn Jahren um rund 200 % gewachsen”, sagt Fondsmanager Toke Hjortshøj. Die Finanzkrise und die Unsicherheit bezüglich des Bankensektors hätten die Firmen zuletzt stark an den Kapitalmarkt getrieben, um per Emission Geld einzusammeln. Das bietet Investoren zum einen die Möglichkeit einer höheren Rendite als etwa bei Staatsanleihen, zum anderen können Unternehmensbonds ein Baustein für ein breit aufgestelltes Portfolio sein. Die wachsende Mittelklasse treibe die ohnehin schon starke Binnennachfrage an. Der Sparinvest-Fonds investiert in Schwellenländer weltweit. Jedoch hat Fondsmanager Hjortshøj auch Länder, in denen es teilweise an Corporate Governance mangelt, wie zum Beispiel China, im Blick. “Wir achten auf größtmögliche Transparenz, und die ist in China nicht immer gegeben.”