Immobilien - Gastbeitrag

Den Worten werden Taten folgen

Börsen-Zeitung, 24.6.2010 Seit vielen Jahren erklären deutsche Versicherer übereinstimmend, dass sie ihre Immobilienquote deutlich erhöhen wollen. Doch inzwischen fragen sich immer mehr Marktteilnehmer, warum diesen Ankündigungen bislang nicht mehr...

Den Worten werden Taten folgen

Seit vielen Jahren erklären deutsche Versicherer übereinstimmend, dass sie ihre Immobilienquote deutlich erhöhen wollen. Doch inzwischen fragen sich immer mehr Marktteilnehmer, warum diesen Ankündigungen bislang nicht mehr Taten gefolgt sind. Wird es weiter bei Ankündigungen bleiben, oder werden die Versicherer ihren Immobilienanteil tatsächlich signifikant erhöhen?Eine Erklärung für die bislang zu beobachtende Zurückhaltung vieler Versicherer liegt in deren Markteinschätzung. Bei einer aktuellen Befragung durch Ernst & Young Real Estate stimmte nur jede dritte Versicherungsgesellschaft der Aussage zu, dass die Bodenbildung der Immobilienpreise in Deutschland abgeschlossen sei. Deutlich mehr, nämlich 44 % der Marktteilnehmer, widersprachen dieser These.Im Umkehrschluss heißt dies: Die für Investments zuständigen Manager bei deutschen Versicherungsgesellschaften erwarten, dass die Preise in Deutschland weiter nachgeben werden. Am Immobilienmarkt ist es jedoch wie im Aktienmarkt: Wer von weiter fallenden Kursen bzw. Preisen ausgeht, wird abwarten, um dann zu dem erhofften günstigeren Preis einkaufen zu können. Ob dieses Kalkül aufgeht, ist zwar fraglich – aber es erklärt zumindest zu einem gewissen Teil die Zurückhaltung bei den Neuinvestitionen. Großer DruckAndererseits besteht objektiv ein großer Druck, die hohe Anleihenquote zu reduzieren, da beispielsweise deutsche Staatsanleihen einen historischen Tiefstand erreicht haben. Die Rendite von Unternehmensanleihen, die in den letzten Jahren deutlich besser rentierten, sind ebenfalls stark zurückgegangen. Und Staatsanleihen von Ländern der Eurozone, die in den vergangenen Jahren wegen etwas höherer Renditen als attraktive Anlagealternative galten (Griechenland, Italien, Portugal, Spanien), werden inzwischen von den Versicherern ebenfalls gemieden – trotz der Garantieerklärungen verschiedener Euro-Länder.Während bei privaten Anlegern eine enorme Nachfrage nach Immobilien zu verzeichnen ist, blieb ein entsprechender Ansturm institutioneller Investoren bislang dennoch aus. Neben der oben zitierten Markteinschätzung könnte auch die unterschiedliche Inflationserwartung privater und institutioneller Investoren ein Grund für die relative Zurückhaltung Letzterer sein. Auf die Frage, ob die Erwartung steigender Inflationsraten bei der Versicherungsgesellschaft zu einem gestiegenen Interesse an Immobilienanlagen geführt habe, antworteten nur 32 % der Befragten mit “ja”. Dies heißt, dass die Versicherer entweder – anders als etwa vermögende Privatanleger – ein Inflationsszenario eher für unwahrscheinlich halten oder dass sie die Inflationsschutzeigenschaft von Immobilien bezweifeln. Solvency II belastetNeben den genannten Motiven für die Investitionszurückhaltung ist vor allem ein weiterer Grund zu nennen: Im Mittelpunkt des Interesses bei vielen Versicherern steht das Regelungswerk Solvency II, das bei der Umfrage auch eines der am häufigsten genannten “Top-Themen” für 2010 war. Nach diesem Regelungswerk müssen Versicherer künftig Immobilieninvestitionen mit 25 % Eigenkapital unterlegen, während für Investitionen in Staatsanleihen mit Investmentgrade-Status im Normalfall keine entsprechende Unterlegung gefordert wird. Die Diskussion über Solvency II hat zu einer erheblichen und anhaltenden Verunsicherung in der Versicherungswirtschaft geführt und ist ein weiterer Grund dafür, warum die seit Jahren angekündigten massiven Investitionen in Immobilien bislang nicht im erwarteten Maße erfolgt sind.Von den befragten Versicherern erklärte bei der aktuellen Umfrage kein einziges, man wolle die Immobilienquote reduzieren; weniger als ein Drittel der Unternehmen will die Quote 2010 konstant halten, und fast 70 % kündigen einen Ausbau der Immobilienquote an. Sind dies wieder nur Ankündigungen, oder werden diesen Ankündigungen auch entsprechende Investitionen folgen? Dafür, dass den Worten nun auch Taten folgen werden, spricht die Erwartung, dass sich die genannten Investitionshemmnisse demnächst auflösen werden. Viele Marktteilnehmer werden erkennen, dass es sich nicht lohnt, weiter auf sinkende Preise zu warten. Und wenn die Diskussion über Solvency II abgeschlossen ist, gibt es zumindest – so oder so – wieder sichere und verlässliche Rahmenbedingungen für die Immobilieninvestitionen der Assekuranz.