Immobilien - Gastbeitrag

Denkanstoß aus der City

Das britische Reit-Modell könnte ein Vorbild für Berlin sein

Denkanstoß aus der City

Von Florian Schultz *) Die Einführung eines deutschen Gesetzes für Real Estate Investment Trusts (Reits) ist ins Stocken geraten. Der Koalitionsvertrag hat aber die Hoffnungen der Branche wieder gestärkt – dem Vernehmen nach prüft Berlin derzeit verschiedene Modelle. Denkanstöße könnten aus London kommen. Dort hat der britische Finanzminister kürzlich seinen ersten Entwurf zu einem Reit-Gesetz vorgelegt (www.hmrc.gov.uk). Die Vorschläge lassen zwar noch einige Fragen offen, doch Deutschland kann daraus lernen. Kernproblem bleibt hierzulande eine verlässliche Besteuerung der ausländischen Anleger. Die Kardinalfrage: Wie kann der deutsche Fiskus verhindern, dass Erträge aus hiesigen Immobilien ohne wesentliche Besteuerung in Deutschland an ausländische Investoren ausgeschüttet werden? Auf Reit-Ebene würde nach den bekannten Vorschlägen keine deutsche Steuer anfallen. Eine deutsche Quellensteuer auf die abfließenden Dividenden würde durch die heute gültigen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) bei sogenannter Schachtelbeteiligung in Höhe von 10 % der Stimmrechte oder mehr auf in der Regel 5 % oder gar 0 % reduziert. Zwischenzeitlich vorgeschlagene Lösungen dieser Steuerthemen – wie etwa der Einsatz von Nießbrauchrechten oder von speziellen Sondervermögen (sog. Einheits- oder Trennungsmodell) – sind bereits recht genau beschrieben, haben aber noch zu keinem konkreten Gesetzesvorschlag aus Berlin geführt. Eine einfache, wenn auch zeitintensive Lösung wäre die Aufnahme von Sonderregelungen für deutsche Reits in die wichtigsten DBAs – jene mit Großbritannien und den USA werden ohnehin zurzeit neu verhandelt.Der nun in London vorgestellte Entwurf zur Einführung von Reits basiert im Wesentlichen auf den Gedanken, die auch den Vorschlägen der Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) aus dem Februar 2005 zugrunde lagen. Die Nutzung von neu zu schaffenden Rechtsformen oder neu zu definierenden Sondervermögensformen (Trustlösung) ist nicht vorgesehen. Sie wurden vom britischen Gesetzgeber nach ausführlichen Diskussionen mit Branchenvertretern als zu komplex und als rechtlich problematisch verworfen. Auch nach den Vorstellungen der Briten kann nur eine börsengelistete Kapitalgesellschaft, die bestimmte Voraussetzungen erfüllt, auf Antrag einen Reit-Status erhalten. Insgesamt gibt es zwölf Voraussetzungen, davon beziehen sich acht auf die Gesellschaft und vier auf jene Einkünfte, die steuerfrei gestellt werden sollen. Wesentliche Unterschiede zum deutschen Reit-Vorschlag sind: – Kein Investor darf unmittelbar oder mittelbar 10 % oder mehr der Stimmrechtsaktien des Reit kontrollieren (Section 4, Consultation Draft). – Der steuerbegünstigte Reit-Status kann entzogen werden, wenn die Gesellschaft in Gestaltungen zur Erreichung von Steuervorteilen eintritt oder anderen Gesellschaften durch Vereinbarungen solche Steuervorteile ermöglicht (Section 14). Dies ist eine auch für britisches Recht neue Qualität einer Missbrauchsnorm. Sie geht wohl auch deutlich weiter als das in Deutschland bekannte Verbot der Umgehung von Steuergesetzen durch rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 Abgabenordnung). – Reit-Dividenden gehören nach britischem Steuerrecht zu den Einkünften aus Immobilien. Diese Umqualifizierung soll nicht nur für inländische Investoren, sondern auch für Ausländer gelten (Section 20). Mit diesen drei Vorschriften will der britische Gesetzgeber die Problematik der laufenden Besteuerung der ausländischen Investoren lösen. Mit der Umqualifizierung in Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kann Großbritannien eine eigenständige Quellensteuer auf Immobilieneinkünfte erheben. Selbst wenn der Staat, in dem der Investor ansässig ist, diese Umqualifizierung nicht anerkennen würde, hielten sich die Steuerausfälle in Grenzen. In den sogenannten Dividendenartikeln der meisten DBAs kann allenfalls eine Reduzierung der nationalen Quellensteuer auf 15 % drohen, da kein Investor 10 % oder mehr Stimmrechte an einem Reit halten darf. Da der britische Reit auch keinerlei sonstigen Aktiengattungen emittieren darf, sind hier Umgehungen nicht möglich. In Deutschland werden insbesondere EG-rechtliche Bedenken gegen eine quotale Beschränkung der Reit-Aktien angeführt – diese teilt man aber in Großbritannien offensichtlich nicht. Ein zwingender Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit ist in einer Streubesitzklausel wohl auch nicht zu sehen – diese müsste weder im Aktienrecht noch in der Satzung verankert sein, träfe in- und ausländische Investoren gleichermaßen und wäre lediglich Voraussetzung für ein bestimmtes Steuerregime. Mit dem Instrument einer generellen Missbrauchssanktion hat der britische Fiskus zudem ein recht scharfes Schwert geschaffen. Er kann sich die einzelnen Reits genau anschauen und beim Erkennen von bewussten Steuergestaltungen – wie etwa Übernahmen durch ausländische Investoren oder Sale-and-Lease-Back-Strukturen – entsprechend eingreifen. Insgesamt weist der britische Reit Elemente einer Regulierung auf. Deren Vorteile und Kosten hat die Regierung in London aber sorgfältig abgewogen. Kosten entstehen für die Überwachung der einzelnen Reit-Voraussetzungen, wie etwa Einhaltung der Mindestausschüttung von 95 %, von Finanzierungsgrenzen und der Beteiligungsgrenze von unter 10 %. Einige wichtige Fragen wie die Besteuerung vorhandener stiller Reserven bei Umwandlung in einen Reit und die Höhe einer Quellensteuer sollen erst im Frühjahr beantwortet werden, und insgesamt wird der britische Entwurf sicher noch heiß diskutiert werden – aber er liefert wertvolle Ansätze für eine beschleunigte und vor allem vereinfachte Reit-Gesetzgebung in Deutschland. Nun ist es an Berlin, sich an der Londoner Steilvorgabe zu orientieren und pragmatische Lösungen umzusetzen.*) Dr. Florian Schultz ist Partner im Frankfurter Büro von Linklaters Oppenhoff & Rädler.