Immobilien - Gastbeitrag

Der deutsche Investmentmarkt holt lediglich Luft

Börsen-Zeitung, 24.4.2008 Nach Ablauf der ersten vier Monate fällt die vorläufige Bilanz für den deutschen Immobilieninvestmentmarkt 2008 eher ernüchternd aus. Mit 8,6 Mrd. Euro lag das Transaktionsvolumen 29 % niedriger als im Vorjahreszeitraum....

Der deutsche Investmentmarkt holt lediglich Luft

Nach Ablauf der ersten vier Monate fällt die vorläufige Bilanz für den deutschen Immobilieninvestmentmarkt 2008 eher ernüchternd aus. Mit 8,6 Mrd. Euro lag das Transaktionsvolumen 29 % niedriger als im Vorjahreszeitraum. Aufgrund der sich weiter ausbreitenden Finanzmarktkrise überraschte das allerdings keinen Marktteilnehmer. Denn seit Beginn der Subprime-Krise im Sommer 2007 gehen die Märkte, angesichts der Zurückhaltung und der veränderten Finanzierungslage der Banken, von einer finanzierungsgetriebenen in eine eigenkapitalorientierte Phase über. Dieser Wechsel braucht seine Zeit. Startsignal für InvestorenInvestoren, die seit längerem inaktiv oder hauptsächlich auf der Verkäuferseite tätig waren, müssen sich erst wieder daran gewöhnen die Poleposition zu besetzen. Zudem benötigen sie Zeit, um ein Gefühl für den derzeitigen Markt zu bekommen. Folglich kann vorerst nur von einer Atempause gesprochen werden, die nicht zwingend mit einer negativen Gesamtentwicklung des Investmentmarktes einhergehen muss. Es ist hilfreich, die Entwicklung des Marktes nicht nur vor dem aktuellen Hintergrund zu betrachten. Für eine differenzierte Sichtweise zwischen Panik und Gesundbeten sollten die aktuellen Kennziffern von Transaktionsvolumen und Renditeentwicklung historisch eingeordnet werden. Vielmehr gilt es, die mittelfristigen Perspektiven im Kontext der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland und Europa bzw. in den global vergleichbaren Immobilienmärkten zu beleuchten. Das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Markt brach zwar im Vergleich zum Vorjahr ein, historisch gesehen bewegt es sich jedoch immer noch auf bemerkenswert hohem Niveau. Lediglich in den beiden Vorjahren lag der Investmentumsatz im ersten Quartal über dem Ergebnis des Jahres 2008. Eine vermeintlich unklare Renditeentwicklung ist derzeit neben dem Thema der Finanzierung der größte Einflussfaktor für die Zurückhaltung der Investoren. Auch hier hilft ein Blick auf die historische Entwicklung. Positive ÜberraschungenVor dem Investmentboom 2006/07 lagen die Renditen für Büroobjekte in den Spitzenlagen der deutschen Top-5-Immobilienstädte bei 4,95 bis 5,55 % und für Objekte in B-Lagen bei 5,80 bis 7,50 %. Der derzeitige Markt wird in den nächsten Monaten bei den Spitzenrenditen für positive Überraschungen sorgen. Mehrere Transaktionen mit Renditen für klassische Core-Büroimmobilien von 4,5 % (und weniger) stehen bevor. Dies ist ein deutliches Zeichen für Vertrauen in den deutschen Markt. Es wird bei Käufern und Verkäufern, zumindest innerhalb dieses Investmentbereichs, für Klarheit sorgen. Schwieriger bei B-LagenEtwas schwieriger ist die Entwicklung für B-Lagen einzuschätzen. Derzeit sind für diese Lagen hauptsächlich Opportunisten auf der Käuferseite aktiv, während die verkaufswilligen Eigentümer nicht immer bereit sind, zu deren Ansätzen zu verkaufen. Dieser Markt wird leicht verzögert wieder in Schwung kommen. Dies geschieht wohl erst dann, wenn die Investoren wieder mehr Mut gefasst haben und eine kritische Anzahl von Deals neue Maßstäbe setzen wird. Insgesamt wird das zweite Halbjahr 2008 deutlich aktiver werden. Schließlich ist die Liquidität vorhanden, und sie wird sich mit dem Gefühl für angemessene Renditen auch wieder in Transaktionen niederschlagen. Was die gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland angeht, sind die Aussichten nach wie vor vergleichsweise gut. Die Wachstumsprognosen liegen trotz Korrekturen immer noch zwischen 1,2 % (IWF) und 1,7 % (Bundesregierung). Historisch betrachtet, hatte ein Wachstum von mehr als 1 % immer eine positive Korrelation mit den Umsatzzahlen der Bürovermietungsmärkte in Deutschland zur Folge. Hinzu kommt das Inflationsgespenst, das seit langer Zeit wieder auftauchte. Die Inflation ist unter anderem durch steigende Öl- und Rohstoffpreise auf einem Zehnjahreshoch. Und nach Ansicht vieler Experten wird sich daran vorerst nichts ändern. Dies ist ein weiteres schlagkräftiges Argument für die Anlage in wertgesicherte Immobilien. Denn bei Inflationsgefahr gehören Sachwerte mit einer höheren Gewichtung in jedes Portfolio. Dass die Entwicklung der Aktienmärkte in den USA und Europa inflationsbereinigt in den letzten zehn Jahren eher schwach war, macht das Immobilieninvestment ebenfalls interessant.