RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: CHRISTOPH ABELN

"Der eigene Einsatz und die Leistung des Vorstands werden nicht honoriert"

Kopplungsklauseln können Managementgehälter in Tochterfirmen drücken

"Der eigene Einsatz und die Leistung des Vorstands werden nicht honoriert"

Herr Dr. Abeln, Konzerne können die Höhe von Vorstandsboni ihrer verschiedenen Tochtergesellschaften an die eigene Ertragslage koppeln. Spiegelt sich das in unterschiedlichen Gehältern des Managements wider?Das ist sogar häufig der Fall – selbst wenn Managementgehälter von Mutter und Tochter auf dem Papier gleich sein sollten: Wenn sich der Erfolg der eigenen Anstellungsgesellschaft, also der Tochtergesellschaft, durch Kopplungsklauseln am Ende nicht in den Bonuszahlungen widerspiegelt, liegen faktisch unterschiedliche Gehälter vor. Gibt es Beispiele?Vor kurzem erst berieten wir den Vorstand einer Bank-Tochtergesellschaft, in dessen Vorstandsvertrag die Höhe der variablen Vergütung an die Muttergesellschaft gekoppelt war – und nicht an das wirtschaftliche Ergebnis der Anstellungsgesellschaft. Auf das Ergebnis der Muttergesellschaft hatte der Vorstand jedoch keinen Einfluss. In der Gesellschaft, in der er zum Vorstand bestellt war, erwirtschaftete er jedoch über Jahre weit überdurchschnittliche Ergebnisse. Er fühlte sich dadurch gegenüber den Mutter-Vorständen in starkem Maße finanziell benachteiligt. Denn: Die Muttergesellschaft arbeitete in weiten Teilen nicht profitabel. Sind solche vertraglichen Kopplungen mit dem Mutterunternehmen hierzulande denn rechtlich zulässig?Es ist bisher nicht höchstrichterlich entschieden, ob variable Vergütungsbestandteile des Vorstands vollständig oder teilweise an die Wert- und Ergebnisentwicklung der Obergesellschaft geknüpft werden können. Wie so häufig in der Juristerei kommt es nach Meinungen aus Rechtsprechung und Literatur auf die konkrete Frage des Einzelfalls an. Eine Kopplung der Höhe eines Vorstandsbonus wäre beispielsweise dann unzulässig, wenn spezifische Umstände und Gewinne des Tochterunternehmens nicht gewichtig und somit ausreichend herangezogen werden. Dazu gehört auch, wenn zum Beispiel der Aktienkurs des Mutterunternehmens stets nachteilige Auswirkungen hätte. Trifft das auf Industrieunternehmen genauso zu wie auf Banken?Industrieunternehmen sind hier genauso betroffen wie Banken. Gerade Unternehmen, die multinational (also grenzüberschreitend) tätig sind, streiten über die Berechnung von Vorstandsboni. Konkret geht es dabei um die Frage, ob sich diese Bonuszahlungen nach der Performance der Konzernmutter oder der deutschen Konzerntochter berechnen. Sind mit solchen Kopplungsklauseln noch andere Folgen verbunden?Kopplungsklauseln, die zwischen ertragsschwacher Mutter und erfolgreicher Tochter eine unverhältnismäßige Bemessung der Bonushöhe vornehmen, können leicht zu einer Demotivation des Vorstands im Tochterunternehmens führen. Insbesondere dann, wenn das prozentuale Verhältnis in unverhältnismäßiger Weise das Ergebnis des Mutterkonzerns berücksichtigt. Der eigene Einsatz und die Leistung des Vorstands werden nicht honoriert. Im schlimmsten Fall kann es dazu führen, dass der Tochter-Vorstand das Unternehmen verlässt. Kann sich eine Führungskraft in Vertragsklauseln dagegen schützen?Wenn die variable Vergütung an die des Mutterkonzerns geknüpft werden soll, kann sich der Vorstand schon bei Vertragsschluss schützen, indem er auf angemessene Verhältnisse bei der Bonusbemessung achtet. Wir halten ein Verhältnis von 70:30, also Berücksichtigung von 70 % der Ergebnisse des Tochterunternehmens, grundsätzlich für angemessen. Stellt sich im bestehenden Vertrag heraus, dass der Vorstand aufgrund einer Kopplung im Ergebnis nahezu keinen angemessenen Bonus erreichen kann, ist eine Vertragsänderung ratsam. Sollte diese auf Ablehnung stoßen, kann eine Sonderprüfung zum Ziel führen, da nicht ausgezahlte Boni häufig nur die Ergebnisse der Muttergesellschaft verbessern sollen. Letztendlich könnte der Vorstand diese bisher nicht geklärte Frage einer höchstrichterlichen Entscheidung durch den BGH zuführen. Unternehmen werden eine derartige Auseinandersetzung vermeiden wollen. Allein dadurch kann ein außergerichtlicher Interessenausgleich verhandelt werden. Dr. Christoph Abeln ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Abeln. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.