ASSET MANAGEMENT - GASTBEITRAG

Der Herdentrieb der Immobilieninvestoren

Börsen-Zeitung, 4.9.2012 Nicht nur am Aktienmarkt, sondern ebenso auch am Immobilienmarkt gibt es einen ausgeprägten Herdentrieb. Und dies gilt keineswegs nur für Kleinanleger, sondern mindestens im gleichen Maß auch für institutionelle...

Der Herdentrieb der Immobilieninvestoren

Nicht nur am Aktienmarkt, sondern ebenso auch am Immobilienmarkt gibt es einen ausgeprägten Herdentrieb. Und dies gilt keineswegs nur für Kleinanleger, sondern mindestens im gleichen Maß auch für institutionelle Immobilieninvestoren.Untersucht man die Investitionsprofile der Großanleger, dann wird eine extreme Gleichförmigkeit deutlich, die sich beispielsweise in folgenden Formulierungen widerspiegelt:- Wir investieren in Core-Objekte in guten und sehr guten Lagen.- Wir investieren in nachhaltige Immobilien.- Wir investieren in Regionen mit positiver demografischer Prognose.Ist etwas dagegen einzuwenden, wenn man in nachhaltige Core-Objekte in guten Lagen demografischer Gewinnerregionen investiert? Die dahinter stehenden Überlegungen leuchten sofort jedem ein. Doch genau darin liegt die Gefahr. Es gibt nun einmal – in allen Nutzungsarten – nur relativ wenige verfügbare Objekte, die all diesen Kriterien entsprechen. Und wenn eine relativ ge-ringe Anzahl von Objekten auf eine von praktisch allen institutionellen und privaten Investoren getragene Nachfrage trifft, steigen die Preise höher, als dies gerechtfertigt ist. Erwartung treibt PreiseZumindest sind die positiven, qualitativen Argumente, die für eine solche Investmentstrategie ins Feld geführt werden, heute schon in den Preisen enthalten. Dies wurde jüngst durch eine Studie des Institutes der deutschen Wirtschaft bestätigt. Am Beispiel der Entwicklung von Wohnungspreisen wurde belegt, dass die Erwartung einer Erhöhung der Flächennachfrage um 1 % im Jahr zu einer Erhöhung der aktuellen Preise um etwa 18 % geführt hat. Die künftige Flächennachfrage sei, so das Ergebnis der quantitativen Analyse, in den heutigen Preisen bereits enthalten. Die Forscher folgern zu Recht: “Da die künftige Flächennachfrage bereits eingepreist ist, dürften Investitionen in wachsenden Regionen keine besonders hohe Rendite erzielen.”Im Umkehrschluss heißt dies, dass sich Chancen möglicherweise gerade in jenen Regionen ergeben, die von den meisten Investoren gemieden werden. Natürlich gibt es in diesen weniger beachteten Regionen auch eine Vielzahl von wenig überzeugenden Angeboten. Doch hier trifft sich eine deutlich geringere Nachfrage mit einem höheren Angebot an Objekten.Wer in diesen weniger beachteten Regionen kauft, muss sich also nicht mit Dutzenden oder gar Hunderten anderen Investoren aus dem In- und Ausland einen preistreibenden Wettbewerb liefern, sondern kann selektiv nach guten Investmentmöglichkeiten Ausschau halten. Die Chance, dort Immobilien zu attraktiven Preisen zu finden, ist derzeit sehr viel größer als in den von allen Investoren umworbenen großen Metropolen. Geringere VolatilitätBekanntlich ist zudem durch Studien belegt, dass die Renditen in sogenannten B-Städten höher sind, bei deutlich niedrigerer Volatilität. Dies trifft für den Büromarkt zu, jedoch ebenso auch für den Wohnimmobilienmarkt. SicherheitWarum folgen dennoch die meisten Investoren dem Herdentrieb? Der Grund ist, dass intuitiv die meisten Menschen Begriffe wie Core, gute Lage oder demografische Gewinnerregion automatisch mit Sicherheit assoziieren. Zudem fühlen sich viele Investoren sicher, wenn sie dort investieren, wo alle anderen es auch tun.Diese Sicherheit ist jedoch trügerisch, wie die Geschichte der offenen Immobilienfonds zeigt, von denen die meisten diesem Investmentschema folgten. Geschichten wie die des berühmten Frankfurter Büroobjektes Trianon oder der Büroimmobilien am Potsdamer Platz in Berlin – beides sicherlich Core-Objekte in bester Lage -, die in wenigen Jahren dramatisch an Wert verloren haben, sprechen gegen die These, Core und gute Lage seien Garanten für Sicherheit. Wenig RückschlagpotenzialIn den Wohnungsmärkten ist eine ähnliche Entwicklung zu erwarten: Nachdem sich alle Investoren auf Städte wie München oder Hamburg stürzen, ist die Chance, dort weitere Wertzuwächse zu erzielen, eher gering. Die erwarteten Wertsteigerungen der nächsten zwei Jahrzehnte sind vielfach dort bereits eingepreist. Negative Preisentwicklungen für solche Objekte sind dagegen keineswegs ausgeschlossen. Umgekehrt ist es in den weniger beachteten B-Städten, wo die Preise nach wie vor moderat sind und es leichter gelingt, Wohnungsanlagen zu moderaten Preisen zu erwerben, bei denen das Rückschlagpotenzial deutlich geringer ist.