Immobilien - Gastbeitrag

Der Reit ist besser als sein Ruf

Börsen-Zeitung, 27.1.2011 Real Estate Investment Trusts, oder kurz: Reits, sind fast überall auf der Welt ein Erfolgsmodell - nicht jedoch in Deutschland. In den Vereinigten Staaten gibt es ca. 150 Reits, in Frankreich über 40, in Großbritannien...

Der Reit ist besser als sein Ruf

Real Estate Investment Trusts, oder kurz: Reits, sind fast überall auf der Welt ein Erfolgsmodell – nicht jedoch in Deutschland. In den Vereinigten Staaten gibt es ca. 150 Reits, in Frankreich über 40, in Großbritannien immerhin noch rund 20 – in Deutschland aber gerade einmal drei. Oft wird das deutsche Reit-Gesetz als Grund hierfür ins Feld geführt. Dies mag zum Teil berechtigt sein. Dennoch ist am deutschen Reit-Gesetz nicht alles schlecht. Sogar eine erste, allerdings wenig beachtete Nachbesserung am Gesetz hat es bereits gegeben.Diese Nachbesserung betrifft Beteiligungen einer Reit-AG an anderen Immobilien- beziehungsweise Objektgesellschaften. Anfänglich durften bei Tochterunternehmen die Anteile der Minderheitsgesellschafter nicht auf die Eigenkapitalquote der Reit-Gesellschaften angerechnet werden. Zwischenzeitlich wurde hier jedoch nachgebessert – heute zählen richtigerweise auch die Anteile der Minder heitsgesellschafter zur Eigenkapitalquote. Dies ist ein wichtiger Aspekt, denn die Eigenkapitalanforderungen sind hoch. Das Gesetz schreibt vor, dass deutsche Reits ihr unbewegliches Vermögen mit einem Eigenkapitalanteil von 45 % unterlegen müssen.Die vorgeschriebene hohe Eigenkapitalquote an sich ist begrüßenswert. Sie steht für das insgesamt konservative, sicherheitsorientierte Geschäftsmodell der Reits, das implizit aus den Gesetzesvorgaben folgt. Neben der Eigenkapitalquote ist der vorgeschriebene Fokus auf der Bewirtschaftung der eigenen Bestände ein Plus des Gesetzes. Das Bedürfnis des Marktes nach Sicherheit ist nach wie vor groß, und Reits kommen diesem Bedürfnis somit sehr entgegen. NachbesserungsbedarfHervorzuheben sind außerdem die steuerliche Transparenz und die damit verbundene Attraktivität von Reit-Erträgen. So sind deutsche Reits auf der Gesellschaftsebene von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, dafür müssen mindestens 90 % des Bilanzgewinns als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Dabei ist die laufende Besteuerung auf Anlegerebene niedrig – hier greift für private inländische Aktionäre der Abgeltungsteuersatz auf die Dividendenzahlung von derzeit 25 %, der deutlich unter dem deutschen Spitzensteuersatz von derzeit 45 % liegt. Bei einem ausländischen Privatinvestor kann im Falle eines Doppelbesteuerungsabkommens mit dem Wohnsitzland die deutsche Kapitalertragsteuer reduziert werden. Im Regelfall beträgt der Quellensteuersatz dann 15 %, in Einzelfällen sogar nur 10 %.Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Gewinne aus der Veräußerung von Reit-Aktien, die ab dem Jahr 2009 erworben wurden, ebenfalls der Abgeltungsteuer unterliegen. Demgegenüber gilt bei direkt gehaltenen, vermieteten Immobilien aktuell noch eine Spekulationsfrist von zehn Jahren. Für Aktionäre in der Rechtsform einer ausländischen Kapitalgesellschaft ergibt sich in der Regel ebenfalls eine maximale Steu erbelastung von 15 %. Aber nicht nur aus steuerlichen Gründen sind Reits für globales Kapital attraktiv, das nach Deutschland fließt und der hiesigen Wirtschaft zugute kommt. Reits haben sich durch ihre tägliche Handelbarkeit an der Börse weltweit als hocheffizienter, indirekter Zugang zu den jeweiligen Immobilienmärkten bewährt.Dass das deutsche Reit-Gesetz dennoch seine Schwächen hat, steht außer Frage. Die meisten von ihnen sind bekannt. So dürfen die konservativen deutschen Reits keine vor dem Jahr 2007 errichteten deutschen Bestandswohnimmobilien erwerben – während beispielsweise risikoaffine ausländische Finanzinvestoren (und auch ausländische Reits) beim Kauf deutscher Wohnungen keinen Beschränkungen unterliegen.Weitere Schwachstellen gibt es bei den Höchstbeteiligungs- und Streubesitzklauseln. Hier sind vor allem die Sanktionsmechanismen problematisch, die gegenwärtig greifen, wenn deutsche Reits gegen die Klauseln verstoßen. Danach kann ein Reit seinen besonderen Steuerstatus verlieren, wenn ein einzelner Anteilseigner dauerhaft 10 % oder mehr der Anteile hält oder sich nach Börsenzulassung weniger als 15 % der Aktien im Streubesitz befinden. Hierbei wird das Verursacherprinzip außer Acht gelassen: Denn die Sanktion sollten denjenigen treffen, der gegen die Klauseln verstößt. Da der Reit keinen Einfluss auf die Streuung beziehungsweise Höchstbeteiligung eines Aktionärs hat, trifft die Sanktion jedoch nicht den Verursacher. Gleichstellung gefordertEin in der Praxis wichtiger Aspekt steht bislang noch nicht auf der Agenda der verbesserungswürdigen Punkte des Reit-Gesetzes: Gewinne aus der Veräußerung von Immobilien dürfen unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 50 %in eine Reinvestitionsrücklage fließen. Der Rest fließt in das Jahresergebnis ein und muss entsprechend zu mindestens 90 % ausgeschüttet werden. Durch die Möglichkeit der Bildung einer Reinvestitionsrücklage kann der Reit bei Portfolioumschichtungen entstandene Gewinne zumindest teilweise für organisches Wachstum nutzen.Dies gilt allerdings nur für direkte Bestände, die veräußert werden – nicht aber für Beteiligungen. Die Fair Value Reit-AG beispielsweise hält ihre Immobilien weit überwiegend in indirekten Beteiligungen, wie dies in der Immobilienwirtschaft allgemein übliche Praxis ist. Werden Anteile verkauft, darf das Instrument der Reinvestitionsrücklage nicht angewendet werden. Bei einer Novelle des Reit-Gesetzes sollten hier indirekt und direkt gehaltene Bestände gleichgestellt werden. Ausländer vertrauen ReitsInsgesamt gilt jedoch: Die Praxis in Deutschland zeigt, dass Reits auch unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen handlungsfähig sind und erfolgreich sein können. Zwei der drei deutschen Reits haben in den vergangenen Monaten erfolgreich Kapitalerhöhungen durchgeführt. Ausländische Investoren sehen deutsche Reits zunehmend als Vehikel für Investitionen an. Momentan ist eher die zu geringe Marktkapitalisierung der deutschen Reits ein Hemmschuh für ausländische Investoren als das Reit-Gesetz.Allerdings besteht durchaus Erklärungsbedarf bei ausländischen Investoren, was die Besonderheiten der deutschen Gesetzgebung angeht. Und: Eine Novelle des Gesetzes kann über allgemein verbesserte Rahmenbedingungen auch zu einer größeren Kapitalisierung und damit Marktbedeutung des Reit in Deutschland beitragen.