Immobilien - Gastbeitrag

Der Reit - Koalitionsvertrag und Wirklichkeit

Börsen-Zeitung, 11.2.2010 Mit viel Sympathie wurde die Wahl der neuen Koalition seitens der Immobilienbranche begleitet. Schließlich hatten im Vorfeld Vertreter der bürgerlichen Parteien in besonderem Maße die volkswirtschaftliche Bedeutung der...

Der Reit - Koalitionsvertrag und Wirklichkeit

Mit viel Sympathie wurde die Wahl der neuen Koalition seitens der Immobilienbranche begleitet. Schließlich hatten im Vorfeld Vertreter der bürgerlichen Parteien in besonderem Maße die volkswirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft hervorgehoben und Verständnis für die seitens der Branche adressierten steuerlichen und regulatorischen Themenstellungen geäußert.Doch die erste Ernüchterung stellte sich bereits im Rahmen der Koalitionsverhandlungen ein. Gerade die CSU, die sich im Rahmen der großen Koalition noch vehement für die Einführung des Wohnungs-Reit ausgesprochen hatte und die ideologische Verblendung der Sozialdemokraten kritisiert hatte, nahm unmittelbar nach der ersten geäußerten Kritik seitens des Mieterschutzbundes Abstand von der eigenen Überzeugung. Seitdem spricht der Koalitionsvertrag zum Thema Reit – Real Estate Investment Trust – relativ nichts sagend vom Abbau von Hemmnissen unter Berücksichtigung des Verbraucherschutzes.Wie wenig aussagekräftig der Koalitionsvertrag im Hinblick auf den deutschen Reit ist, zeigen die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung. So findet sich kaum ein Politiker, der sich öffentlich zum deutschen Reit äußern will. Auch das Bundesfinanzministerium macht ganz den Eindruck, als habe dieses Instrument der indirekten Immobilienanlagen keinerlei Priorität. Es herrscht, so könnte man glauben, insofern eine Form der organisierten Sprachlosigkeit.So mehren sich bereits die Stimmen, die aus dem Koalitionsvertrag eine Abkehr vom Wohnungs-Reit herauslesen können wollen. Schließlich sei, so das Argument, die Einführung des Wohnungs-Reit als Postulat explizit nicht mehr genannt. Ob die unglücklich ausgestalteten Sanktionen bei Verstoß gegen die Höchstbeteiligungs- oder die Streubesitzklausel in dieser Legislaturperiode verbessert werden, ist ebenfalls fraglich. Vom Ungefähren ins DiffuseKein Koalitionär kann derzeit hinreichend bestimmt erklären, was genau für Maßnahmen zur Stärkung des Reit umgesetzt werden sollen und welche Hemmnisse genau mit der Formulierung im Koalitionsvertrag gemeint sind. Der Koalitionsvertrag hat sich in puncto Reit somit in den ersten 100 Tagen vom Ungefähren ins Diffuse gemausert.Unzweifelhaft ist der Reit in seiner volkswirtschaftlichen Relevanz und fiskalischen Wirkung bisher eher unbedeutend. Dies ist im Wesentlichen auf die unmittelbar nach Einführung dieses Instrumentes beginnende Finanzmarktkrise zurückzuführen. Gleichwohl hat sich der Gesetzgeber im Jahre 2007 aus vielen guten Gründen für die Einführung auch des deutschen Reit entschieden. Denn dem deutschen Investmentmarkt fehlte bis dato eine international akzeptierte Struktur zur indirekten Immobilienanlage. Chancen nutzenAnstatt aber nun die Chance zu nutzen, den deutschen Reit in seiner Ausgestaltung zu verbessern und internationales, langfristig orientiertes Anlagekapital zur Stabilisierung des deutschen Investmentmarktes zu umwerben, geschieht aktuell nicht viel. Dabei sollte politische Nachhaltigkeit walten und die Reit-Gesetzgebung an die ersten Erfahrungen und aktuellen Erfordernisse angepasst werden. Der ZIA Zentrale Immobilien Ausschuss ist bereit, diese Erfahrungen und Erfordernisse in den politischen Diskurs einzubringen. Bleibt zu hoffen, dass das politische Berlin bald seine diesbezügliche Sprachlosigkeit überwindet.