Immobilien

Derivatehandel nimmt in Großbritannien an Fahrt auf

Interesse in Deutschland vorhanden - Aber wichtige Voraussetzungen fehlen noch - Deutsche Immobilien Datenbank als Vorreiter

Derivatehandel nimmt in Großbritannien an Fahrt auf

Von Thomas List, Frankfurt Derivate eignen sich gut zur Diversifikation eines Portfolios. Dies gilt nicht nur für Aktien und Festverzinsliche, wo Derivate schon lange etabliert sind, sondern auch für Immobilien. Institutionelle Immobilieneigentümer verfügen aus historischen Gründen oft über sehr einseitig zusammengesetzte Portefeuilles – sowohl geografisch als auch nach Nutzungsarten. Der physische Erwerb von Immobilien außerhalb des bisherigen Bestands ist aber teuer und zeitaufwendig. Viele VorteileDerivate bieten zwar theoretisch viele Vorteile (s. “Überblick”). Doch gibt es sie in der Praxis erst in den USA und in Großbritannien. Auf den anderen Märkten gibt es entweder noch keine Immobilienindizes, ihre Marktabdeckung ist zu gering oder sie werden noch nicht in ausreichend kurzen Intervallen (mindestens quartalsweise) berechnet. In Deutschland wird der Deutsche Immobilien Index Dix bisher jährlich veröffentlicht. Erst in Zukunft soll ein Quartalsindex hinzutreten. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung wollte Nassos Manginas von IPD aber keine Prognose wagen, wann es tatsächlich dazu kommen wird. “Wir brauchen genügend Datenlieferanten, damit die Marktabdeckung des Quartals-Dix ausreichend groß ist.” In Großbritannien publiziert die IPD (Investment Property Databank), eine Gesellschaft für Immobilienbewertung und -analyse, seit 1986 ihren jährlichen UK Index. Der monatliche Index startete im April 1989, der quartalsweise im Mai 2006. Letzterer bildet einen Marktwert von 108 Mrd. Pfund ab, während der Jahresindex auf rund 150 Mrd. Pfund kommt. Die IPD hat bisher an zwölf Investmentbanken, darunter die Deutsche Bank, Eurohypo, Goldman Sachs und JPMorgan, eine Lizenz auf den Handel mit IPD-Indexderivaten vergeben. Außerhalb Großbritanniens wurden nach Angaben von Manginas bisher noch keine Lizenzen vergeben. “Wir führen aber Gespräche in Deutschland und den Niederlanden”, sagte er auf einer Veranstaltung der Deutschen Immobilien Datenbank. Die DID wurde vor wenigen Tagen komplett von IPD übernommen. Geplant seien Lizenzvergaben aber auch in Frankreich und Schweden. Der Derivatehandel auf IPD-Indizes wurde Anfang 2004 aufgenommen. Bis Ende des ersten Halbjahrs 2006 wurden nach Angaben des Unternehmens 157 Transaktionen im Nominalwert von knapp 2 Mrd. Pfund durchgeführt. Mit Beginn dieses Jahres hat die Handelsaktivität erheblich zugenommen. Fast zwei Drittel des bisherigen Handelsvolumens entfallen auf das laufende Jahr. Start mit Total-Return-SwapsAusgangspunkt des größervolumigen Derivatehandels in Großbritannien waren Total-Return-Swaps auf nationale Märkte mit einer Laufzeit von drei bis fünf Jahren (s. Grafik). Inzwischen würden aber auch Sektor- und Segment-Swaps immer häufiger. Für Jones Lang LaSalle sei jetzt der richtige Zeitpunkt, in den britischen Markt einzusteigen, sagte Chris Jolly, International Director bei dem Maklerunternehmen, der Börsen-Zeitung. Man werde deshalb im November Spezialisten für Immobilienderivate einstellen, die ihre Arbeit Anfang des kommenden Jahres aufnehmen sollten. “Es wird aber noch weitere sechs bis zwölf Monate dauern, bis wir in diesem Bereich ein nennenswertes Beratungsvolumen verzeichnen können”, sagte Jolly. Er will seinen Kunden Derivate als zusätzliches Diversifikationsinstrument anbieten – vorläufig beschränkt auf Großbritannien. “Wir wollen die Transaktionen zusammen mit den Kunden strukturieren und dann unter den fünf bis sechs wichtigen Banken, die Derivate anbieten, den Besten auswählen”, formuliert er den Anspruch von JLL. In Ländern wie Deutschland, Frankreich, Schweden, Spanien und Italien sei der IPD-Immobilienindex repräsentativ genug, um grundsätzlich auch dort Derivate anzubieten. “Es gibt Investoren, die sich für entsprechende Transaktionen interessieren.” Mit einer größeren Anzahl von Abschlüssen rechnet Jolly im kommenden Jahr. Quartalsindex optimale BasisDer Quartalsindex ist für Manginas das optimale Basisinstrument für Derivate, weil die Veröffentlichungsfrequenz den Zahlungsmodalitäten entspricht. IPD-Indizes gibt es außer in Großbritannien und Deutschland (über die DID) auch noch in 15 weiteren Ländern wie Australien, Frankreich, Japan und Südafrika. Zusätzlich zur jährlichen Veröffentlichung werden Quartalsindizes aber nur in Australien, Kanada, Norwegen, Schweden, den Niederlanden (Schätzung) und Großbritannien veröffentlicht. Allerdings betonte Manginas, dass auch Derivate auf jährliche Indizes möglich sind. Von einem großen Interesse britischer Investoren am deutschen Immobilienmarkt und auch an entsprechenden Derivaten berichtete Paul Ogden vom britischen Interbanken-Broker GFI. Auf der DID-Veranstaltung betonte er, dass die Datenbasis der DID ausreichend für einen Derivatehandel sei. “Britische Investoren sind da nicht so pingelig, solange der Index nicht beeinflussbar ist.”Der DID krankt aber bisher noch an der eher engen Basis der Datenlieferanten. Dabei handelt es sich zu rund 50 % um offene Immobilienfonds und zu 45 % um Versicherer. Hingegen speisen in den britischen IPD auch Pensionsfonds und ausländische Anbieter ihre Daten ein. Daniel Piazolo vom DID gab sich aber überzeugt, dass mittelfristig auch ausländische Investoren in Deutschland ihre Daten an die DID liefern werden. Innerhalb von fünf bis maximal zehn Jahren nach Aufnahme des Derivatehandels werde er so groß sein wie der physische Handel, gab sich Ogden überzeugt. Andere Marktteilnehmer gehen sogar von nur drei bis fünf Jahren aus. Weiteres Produkt diskutiertMatthias Thomas von der DID stellt die Auflage eines Wohnimmobilienindex zur Diskussion. “Dadurch werden andere Marktakteure angesprochen.” In Großbritannien gibt es nach Angaben von GFI bereits Derivate auf Wohnimmobilien. Die CFDs (Contracts of Difference) beruhen auf dem Halifax-Hauspreisindex und haben eine Laufzeit von drei bis 30 Jahren.