Immobilien

Deutsche Immobilien-Trusts nehmen Gestalt an

Nur Ausländerbesteuerung und Börsennotierung noch offen - HSH Nordbank erwartet überwiegend Institutionelle als Investoren

Deutsche Immobilien-Trusts nehmen Gestalt an

Von Christoph Ruhkamp, Düsseldorf Nachdem die große Koalition in Berlin ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Einführung von Immobilien-Trusts (Reits) in Deutschland signalisiert hat, gibt es nur noch wenige Hindernisse, die beseitigt werden müssen, bevor ein Gesetzesentwurf ausgearbeitet werden kann. “Im Wesentlichen müssen zwei Fragen geklärt werden, die in der Branche aber nicht ideologisch umstritten sind”, sagt Klaus Elmendorff von der Deutschen Bank, der den Reit-Vorschlag der von Banken dominierten Finanzplatz-Initiative IFD mit ausgearbeitet hat. Die beiden Probleme beziehen sich auf die Ausländer-Besteuerung und die Börsennotierung. Trust-Modell als VorschlagDas Grundprinzip von Reits: Die Erträge werden obligatorisch ausgeschüttet und statt beim Unternehmen beim Anleger besteuert. Um Steuerausfälle zu vermeiden, muss aus Sicht des Fiskus ein Weg gefunden werden, um auch die Dividenden ausländischer Anteilseigner deutscher Reits trotz Doppelbesteuerungsabkommen mit dem üblichen Satz zu besteuern. Dazu ist es notwendig, dass die Ausschüttungen der Reits nicht als Dividenden, sondern als Erträge aus der Bewirtschaftung von Immobilien angesehen werden. Als Lösung kann ein bereits intensiv von Expertenrunden diskutiertes Trust-Modell geschaffen werden, bei dem das Immobilienvermögen von der Gesellschaft getrennt ist.”Das Modell würde trotzdem nicht den deutschen offenen Immobilienfonds gleichen. Es wäre vielmehr eine vollständige Identität zwischen den Anteilseignern des Trust und den Eignern der Gesellschaft gegeben”, betont Elmendorff. Denkbar sei alternativ die Einräumung eines sogenannten Nießbrauchrechts für die Anleger. Die Unterschiede seien aber rein technischer Natur. Bei beiden Lösungen geht es schlicht darum, Ausländer genau so wie Deutsche besteuern zu können.Aus wettbewerblichen Gründen umstritten ist dagegen die Frage, ob Reits – anders als in den meisten anderen Ländern – obligatorisch an der Börse notieren sollten. “Wenn es auch nichtbörsennotierte Reits geben kann, dann würden diese zu einer ernsthaften Konkurrenz für die von Institutionellen genutzten Immobilien-Spezialfonds”, gibt Elmendorff zu bedenken. Hier dürfte der Fondsverband BVI Einwände erheben. Ein gemeinsamer Vorschlag für ein Reit-Modell von IFD und BVI sei noch in Arbeit. Wenn die Börsennotierung nicht vorgeschrieben werde, sei zudem damit zu rechnen, dass fast alle Reits als private Vehikel gegründet würden, weil die hiesige Immobilienbranche traditionell die Kapitalmarktnähe und die damit verbundene Regulierung scheue, meint Elmendorff. Für Investoren sei jedoch ein börsennotierter Reit aufgrund der Transparenz attraktiver. Eine ernsthafte Bearbeitung der in Berlin unterbreiteten Vorschläge werde es erst ab Dezember geben, wenn das Finanzministerium “wieder operativ einsatzfähig” ist. Euphorische MarktprognosenUnterdessen überschlagen sich die Marktteilnehmer bereits in optimistischen Prognosen für das Potenzial der neuen Vehikel. So fordert der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen die Einführung von Reits noch 2006 und veranschlagt das mögliche Mobilisierungsvolumen auf 60 bis 100 Mrd. Euro. Nur mit Reits hätten Bauträger und andere Immobilienunternehmen die Möglichkeit, sich die nötige Liquidität für Investitionen zu beschaffen, da die Banken aufgrund der Eigenkapitalregeln Basel II ihre Kriterien bei der Kreditvergabe verschärft hätten.Eine vorsichtigere Prognose zum Marktpotenzial gibt die HSH Nordbank. Eine ausführliche Studie beziffert die mögliche Marktkapitalisierung deutscher Reits bis 2010 auf 30 bis 60 Mrd. Euro und schlüsselt die Prognose erstmals nach Anlegergruppen und Nutzungsarten auf. Den Löwenanteil des Volumens sollen demnach Institutionelle beisteuern.Deutsche Versicherer würden 20 bis 22 Mrd. Euro in Reits investieren, so die Studie. Hintergrund sei, dass die Versicherer ihre Immobilienquote in den kommenden fünf Jahren von 5 auf 8 % steigern wollen, davon ein Fünftel in Form von Reits. Von ausländischen Institutionellen sollen 10 bis 19 Mrd. Euro kommen. Den Beitrag deutscher Privatinvestoren schätzt die Bank auf 10 bis 16 Mrd. Euro. Um das Potenzial auszuschöpfen, müsste der deutsche Reit einfach konstruiert und die Anlagestrategien wenig reguliert sein.Bei den Nutzungsarten erwartet die HSH Nordbank, dass Gewerbeimmobilien klar gegenüber Wohnungen dominieren. Während Reits mit Büros und Einzelhandel auf 12 bis 24 Mrd. Euro geschätzt werden, lautet die Prognose für Wohnungs-Reits auf 4 bis 11 Mrd. Euro. Zwar würden die angelsächsischen Finanzinvestoren, die in den vergangenen Jahren deutsche Wohnungspakete erwarben, den Ausstieg aus ihren Investments über Reits planen. “Aber weite Teile der deutschen Wohnungswirtschaft sind noch nicht reif für die Börse”, sagt Bernhard Visker, Leiter des Immobiliengeschäfts der HSH Nordbank. Um den Größenanforderungen Institutioneller zu genügen, müssten Wohnungs-Reits zudem mindestens 20 000 Einheiten bzw. 500 Mill. Euro auf die Waage bringen. Problem bei Wohnungs-ReitsAls Kandidaten für einen Börsengang kommen in diesem Sinne nur die fünf großen Wohnungs-Finanzinvestoren Terra Firma (Deutsche Annington/Viterra), Cerberus (Baubecon/GSW), Fortress (Gagfah/Nileg) und Corpus/Morgan Stanley (Immeo Wohnen) in Frage. Allerdings stehen diese auch vor einem steuerlichen Problem: Bei ehemals gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften – das sind die meisten – würden bei einem Börsengang nach geltendem Recht Steuernachzahlungen drohen.Die HSH Nordbank dringt auch mit dem Hinweis auf im Ausland bereits eingeführte ähnliche Vehikel auf den Start deutscher Reits. Deutsche Versicherer wie auch Privatinvestoren würden sonst ihre Gelder aus der hiesigen Immobilienanlagebranche abziehen und in ausländische Wettbewerbsprodukte investieren (siehe Tabelle). In bedeutendem Umfang erfolgreich sind Reits neben den USA in Australien sowie in Europa in Frankreich und den Benelux-Staaten. In den USA notieren 159 Reits, die es auf eine Kapitalisierung von 306 Mrd. Dollar bringen.Während in Deutschland, Großbritannien und Finnland noch an einem Modell gebastelt wird, denken einzelne Marktteilnehmer schon über die Grenzen hinaus. So fordert der Vorstandschef der größten deutschen Immobilien-AG IVG, Eckhard John von Freyend, einen einheitlich regulierten europäischen Reit: “Die Amerikaner wären auch nicht so erfolgreich gewesen, wenn es jeweils einen Texas-Reit, einen Alabama-Reit usw. gegeben hätte.”