Immobilien

Deutscher Investmentmarkt steuert 2007 auf Rekordvolumen zu

Investmentbank Lazard erwartet Immobilientransaktionen für bis zu 60 Mrd. Euro - Trend zu Privatplatzierungen - Gespräch mit Geschäftsführer Sven Helmer

Deutscher Investmentmarkt steuert 2007 auf Rekordvolumen zu

Von Christoph Ruhkamp, Düsseldorf Der deutsche Immobilien-Investmentmarkt wird in diesem Jahr trotz steigender Zinsen und nachlassender Renditen keine Atempause einlegen. “Wir erwarten ein Wachstum des Investmentvolumens von 10 % bis 20 % auf den Rekordwert von bis zu 60 Mrd. Euro”, sagte Sven Helmer, Geschäftsführer bei der US-Investmentbank Lazard in Frankfurt, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der 40-Jährige ist für das Immobilien-Investment-Banking im deutschsprachigen Raum verantwortlich.Grund für die starke Anziehungskraft des deutschen Gewerbeimmobilienmarktes für Auslandsinvestoren sind die im europäischen Vergleich noch immer hohen Anfangsrenditen. So liegt die Rendite bei erstklassigen Bürogebäuden bei 4,8 %, während der Kreditzins 4 % bis 4,5 % beträgt. In Großbritannien wird derweil in der Hoffnung auf weiter steigende Mieten und Preise schon mit negativen Spreads investiert: Hier liegt die Immobilienrendite bei 3,75 % und der Schuldzins bei 5,25 %. Als positiver Faktor für Deutschland kommt noch der zuletzt beschleunigte Anstieg der Mieten hinzu. Insbesondere Hamburg sei vor diesem Hintergrund ein bei Investoren beliebter Standort für Gewerbeimmobilien, während Berlin seitens der Mieter eher gemieden werde, berichtet Helmer. Derivate werden wichtigerAls wichtigsten Trend im Immobilien-Investment-Banking nennt Helmer die zunehmende Vielfalt der Instrumente, die zur Kapitalbeschaffung und zum Handel von Immobilien eingesetzt werden können. So gebe es einen Trend, neben Börsengängen auch auf Privatplatzierungen zu setzen. Der Vorteil: Kapitalerhöhungen zur Finanzierung von Zukäufen sind in dieser Form schneller und mit deutlich weniger Aufwand durchführbar. Als Vehikel dienen etwa Luxemburger Fondskonstruktionen in den Rechtsformen FCP, Sicar oder Sicav, die auch bei britischen Investoren beliebt sind. Diese Fonds haben in der Regel zehn bis 20 institutionelle Investoren, die schnell auf Finanzierungsanforderungen reagieren. Jüngstes Beispiel ist eine Privatplatzierung von Anteilen am Luxemburger Fonds CA Immo New Europe Sicar an internationale Anleger, die Lazard im Auftrag der österreichischen CA Immobilien Anlage AG durchführte.Ein weiteres – für Deutschland noch recht neues – Instrument sind Immobilien-Derivate. Als wichtigste Basis für solche Termin- und Optionsgeschäfte nennt Helmer das deutsche Preisbarometer Dix – ein Index der Investment Property Databank (IPD), der die Wertentwicklung deutscher Immobilienportfolios institutioneller Investoren regelmäßig repräsentativ abbildet. Noch sechs Börsengänge”Solche Derivate sind etwa für Institutionelle geeignet, die ihr Engagement am deutschen Immobilienmarkt reduzieren, dazu aber nicht die Immobilien tatsächlich verkaufen wollen”, sagt Helmer. Sie könnten etwa den Dix verkaufen und gleichzeitig den Euribor-Geldmarktzins kaufen. In Großbritannien habe das Handelsvolumen solcher Derivate im vergangenen Jahr bereits umgerechnet 7 Mrd. Euro erreicht.Im laufenden Jahr erwartet Helmer mindestens noch ein halbes Dutzend Immobilien-Börsengänge – zusätzlich zu den bereits sieben Erstnotierungen im ersten Quartal. Noch im zweiten Quartal kommen drei kleinere Firmen an die Börse – die Frankfurter Wohnungsgesellschaft FranconoWest, AVW Immobilien aus Buxtehude und Mondura Liegenschaften aus Frankenthal. In der zweiten Jahreshälfte folgen voraussichtlich die vom US-Konzern Cargill finanzierte Einzelhandelsimmobiliengesellschaft German Retail Reit AG aus Erlangen, die Hanseatic Immobilien-Service – und das Schwergewicht, die größte deutsche Wohnungsgesellschaft Deutsche Annington in Bochum, die dem britischen Finanzinvestor Terra Firma gehört.Einen weiteren Kapitalschub aus dem Ausland für den hiesigen Markt erwartet Helmer durch die Einführung von Real Estate Investment Trusts (Reits) in Deutschland. So bereitet der erst kürzlich an der Börse gestartete Gewerbeimmobilienkonzern Alstria Office bereits die Umwandlung in einen Reit vor. Und die größte börsennotierte deutsche Gewerbeimmobiliengesellschaft IVG will ihre deutschen Immobilien ebenfalls in einen Reit einbringen. Kreditgrenze behindert Reits”Der größte Fehler der deutschen Reit-Konstruktion ist die Begrenzung der Verschuldung auf 50 % des Immobilienvermögens”, sagt Helmer. Damit seien deutsche Reits gegenüber Luxemburger Gesellschaften – etwa in der Form eines Sicav-Fonds – bei Immobilienauktionen nicht konkurrenzfähig. Der Grund: Die Luxemburger Fonds dürfen bis zu 80 % Fremdkapital zur Finanzierung ihrer Käufe einsetzen und können deshalb höhere Preise zahlen.Als Käufer deutscher Immobilien traten zuletzt überwiegend Immobiliengesellschaften aus dem europäischen Ausland auf, die teilweise börsennotiert sind, sowie US-Finanzinvestoren und Fonds angelsächsischer Investmentbanken. Verkäufer sind meist deutsche offene Fonds, deutsche Immobiliengesellschaften sowie angelsächsische Beteiligungsgesellschaften, die bereits wieder den Ausstieg suchen (siehe Tabelle).Im laufenden Jahr dürften auf der Verkäuferseite nach Einschätzung Helmers vermehrt Großkonzerne auftreten, die die halbierte Verkaufsgewinnsteuer (“Exit Tax”) bei Verkäufen an die neu eingeführten Immobiliengesellschaften in der Rechtsform eines Reit nutzen. Vorreiter in dieser Hinsicht waren im vergangenen Jahr KarstadtQuelle und DaimlerChrysler. Relativ geringes Wachstum im Vergleich zu den Vorjahren ist dagegen auf dem M & A-Markt für Wohnungsportfolios der öffentlichen Hand zu beobachten. Der Grund: Durch Bürgerentscheide werden die zur Entschuldung der Städte geplanten Verkäufe von Wohnungsgesellschaften verhindert, weil die betroffenen Mieter ihre Interessen direkter und besser zur Geltung bringen als die übrigen Bürger.Trotz der Schwierigkeiten ist dieses Jahr noch mit zwei Verkäufen von Schwergewichten zu rechnen. Bei der Wohnungsgesellschaft LEG des Landes NRW mit knapp 100 000 Wohnungen wird voraussichtlich in drei Wochen die Auswahl eines Verkaufsberaters abgeschlossen. Bei der Gesellschaft Nassauische Heim des Landes Hessen könnten die politischen Widerstände notfalls durch den Verkauf nur eines Gesellschaftsanteils überwunden werden.