Kapitalanlage

Diabetes-Anstieg eröffnet Anlegern Chancen

Epidemische Verbreitung fordert Pharmakonzerne heraus - Neue Medikamente sollen Margen steigern

Diabetes-Anstieg eröffnet Anlegern Chancen

Von Armin Schmitz, FrankfurtDie Deutschen werden immer älter und fetter. Nach Untersuchungen der OECD lag der Anteil der Übergewichtigen im Bundesgebiet gemessen an dem Body Mass Index 2003 bei fast 13%. Dank Cola, Fast Food, Schokolade und fehlender Bewegung nähert sich Deutschland mit großen Schritten US-Verhältnissen. Bereits 20% aller Kinder gelten als überdurchschnittlich dick. Hinzu kommt, dass die Deutschen im Schnitt immer älter werden. Experten befürchten daher, dass sich der Diabetes Mellitus, die Zuckerkrankheit, in Deutschland zu einer neuen Volkskrankheit entwickelt. Bereits jetzt leiden mehr als fünf Millionen Deutsche an einer Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse, die das Hormon zur Regulierung des Blutzuckers, das Insulin, produziert. Etwa zwei bis drei Millionen Menschen leben in Deutschland immer noch unerkannt mit einem Diabetes. Der Anteil der Neuerkrankungen nimmt jährlich um 5% zu. Experten unterscheiden zwei verschiedene Formen der Erkrankung. Der Typ I entsteht durch eine Autoimmunreaktion gegen die körpereigenen, Insulin produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Diese Variation tritt vorwiegend bei jungen Menschen auf. Sie müssen sich meist Insulin spritzen. Rund 85% der Diabetes-Fälle betrifft den TypII, eine Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse, quasi eine Erschöpfung der Produktion. Davon sind normalerweise Erwachsene betroffen, die in der Regel mit Anti-Diabetes-Medikamenten in Tablettenform behandelt werden. Durch die Folgeerscheinungen von Diabetes wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenversagen oder sogar schlimmstenfalls Blindheit sind die Kosten riesig. Die Diabetiker verursachten allein im Jahr 2001 schätzungsweise 60 Mrd. Euro Kosten. Das ist ein Anteil von fast 20% der Gesamtausgaben von 320 Mrd. Euro für die Gesundheit in Deutschland. Typ II verbreitet sich rasantVor allem unter jungen Erwachsenen nimmt der Diabetes Typ II rasant zu; eine Folge der Überernährung und der fehlenden körperlichen Bewegung. Untersuchungen haben gezeigt, dass übergewichtige Menschen ein 40-mal höheres Risiko haben, Diabetes zu entwickeln, als Schlanke. In den aufstrebenden Schwellenländern nimmt die Erkrankung mit dem Wohlstand ebenfalls zu, so dass mit einem Anstieg der Diabeteskranken weltweit von 190 Millionen auf 360 Millionen Menschen im Jahr 2030 zu rechnen ist. Von diesem Anstieg werden Unternehmen wie Eli Lilly, Sanofi-Aventis und Dänemarks Novo Nordisk profitieren, die Insulin produzieren. Sie erzielten 2004 mit Insulin in Europa einen Umsatz von 2 Mrd. Euro, in den USA waren es 6 Mrd. Euro. Da für Insulin kein Patentschutz mehr besteht und die Margen sehr gering sind, ist dieser Markt für neue Konkurrenten nicht attraktiv. Die größten Verkäufer von oralen Antidiabetika zur Behandlung des Typ II Diabetes sind Glaxo und Lilly. In Deutschland machte Merck in Darmstadt 2004 einen Umsatz von 274 Mill. Euro. Druck kommt allerdings durch die Generikakonkurrenz, Umsatzfantasie vorwiegend durch weiterentwickelte Medikamente. Der Trend in der Zukunft geht eher in Richtung zu Insulin-Analogon mit einer besseren Wirksamkeit und höheren Margen. Hoffnung wird vor allem auf inhalierbares Insulin gesetzt. Aventis und Pfizer haben jetzt in den USA die Zulassung für ein inhalierbares Produkt (Exubera) beantragt. Auch Eli Lilly und der kleinere US-Pharmakonzern Alkermes haben Studien laufen mit einem über die Lunge aufnehmbaren Insulin für den Typ I Diabetes. Im gleichen Bereich sind die kleineren US-Biotechunternehmen Aerogen und MannKind tätig. Ein Medikament mit einem anderen Wirkprinzip hat Amylin Pharmaceutical mit Symlint auf den Markt gebracht. Es erhöht die Wirksamkeit von Insulin. Eine vollkommen neue Klasse von Medikamenten kommt für die Patienten mit einem TypII-Diabetes auf den Markt. Amylin Pharmaceutical hat mit ihrem Partner Eli Lilly das Exenatide (Byetta) entwickelt, das dabei hilft, die patienteneigene Insulinproduktion besser zu kontrollieren. Für Anleger sind sicherlich die kleineren US-Biotechunternehmen interessant wie Alkermes oder auch Amylin. Chancen und Risiken liegen allerdings hier eng zusammen. Entwickelt sich der Verkauf der von ihnen erzeugten Medikamente positiv, ist das Kurspotenzial höher als bei den etablierten Pharmariesen. Auf der anderen Seite ist das Verlustrisiko allerdings deutlich größer.