Finanzen persönlich

Die Betriebsrente beim Jobwechsel mitnehmen

Bei Übertragung zum neuen Arbeitgeber drohen Abstriche - Altvertrag mit guten Konditionen ruhen lassen - Verwaltung über zentrale Verrechnungsstelle regeln

Die Betriebsrente beim Jobwechsel mitnehmen

Von Stefan Terliesner Fast zwei Drittel aller Arbeitnehmer in Deutschland besitzen eine Betriebsrente. Schließlich ist sie eine sehr attraktive Form der Altersvorsorge. Allerdings kann es zu Abstrichen bei der Betriebsrente kommen, wenn Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber wechseln. In einigen Fällen ist sogar von der Mitnahme der Ansprüche abzuraten. Direkt oder indirektDie Durchführung der betrieblichen Altersvorsorge erfolgt direkt über den Arbeitgeber (Direktzusage) oder indirekt über einen Versorgungsträger (Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstützungskasse). Die Zusagen orientieren sich an den Leistungen oder an den Beiträgen. Im ersten Fall verspricht der Arbeitgeber den Mitarbeitern eine feste Rente oder Kapitalleistung. Mit welchem Kapitalaufwand der Arbeitgeber das schafft, bleibt ihm überlassen. Im zweiten Fall verspricht der Arbeitgeber einen bestimmten Vorsorgebeitrag zugunsten seiner Arbeitnehmer aufzuwenden. Der Arbeitnehmer trägt dann das Risiko bezüglich der Höhe der Leistungen. “Zumindest die eingezahlten Beiträge sind garantiert”, sagt Ulf Kesting von der Deutschen Gesellschaft für betriebliche Altersvorsorge (DGbAV). Die Beiträge kommen entweder vom Chef, oder der Arbeitnehmer zahlt aus seinem Bruttogehalt Beiträge und wird dabei vom Staat gefördert (Entgeltumwandlung). UnverfallbarkeitsregelnEgal wer die Beiträge finanziert, ein Jobwechsel stellt alle Beteiligten vor eine Verwaltungsaufgabe. Sofern sich alle freiwillig auf eine Lösung einigen, ist alles klar. Häufig ist das aber nicht der Fall. Zu unterschiedlich sind die Interessen. So haben Arbeitgeber ein Interesse daran, gut ausgebildete Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden. Dem steht der Wunsch eines Arbeitnehmers nach Mobilität gegenüber. Eine hohe Arbeitnehmermobilität ist auch für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes notwendig. Daher hat der Gesetzgeber im Laufe der Jahre sogenannte Unverfallbarkeitsregeln eingeführt.Bei der Übertragung der Betriebsrente zu einem neuen Arbeitgeber sollen die bisher erworbenen Ansprüche geschützt werden. Die traditionell enge Verknüpfung von Altersvorsorge und Betriebszugehörigkeit wurde somit gelockert. “Bei Entgeltumwandlung sind die Ansprüche sofort unverfallbar. Bei einer arbeitgeberfinanzierten Betriebsrente liegt Unverfallbarkeit vor, wenn der Arbeitnehmer mindestens 30 Jahre alt ist und die Zusage mindestens seit fünf Jahren besteht”, erklärt Jörg Braun, Vorstand der Allianz Pensionskasse. Mit Blick auf die gesamtwirtschaftlich wünschenswerte Arbeitnehmermobilität hat der Gesetzgeber für die Arbeitnehmer zudem einen Rechtsanspruch auf Portabilität geschaffen. Rechtsanspruch Er gilt unter vier Bedingungen. Erstens nur für Zusagen ab 2005. Bei älteren Zusagen müssen sich alle Parteien irgendwie einigen. Zweitens nur für Pensionsfonds, Pensionskasse und Direktversicherung. “Die Durchführungswege Direktzusage und Unterstützungskasse haben Auswirkungen auf die Bilanz eines Arbeitgebers. Hier sollte es daher zu freiwilligen Lösungen kommen”, erklärt Harald Huhn, Leiter des Geschäftsbereichs betriebliche Altersvorsorge beim Finanzdienstleister MLP.Drittens darf der Übertragungswert – also das angesammelte Vorsorgekapital, das der Arbeitnehmer vom Vorarbeitgeber mitnehmen darf – die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung von derzeit 63 000 Euro nicht übersteigen. Und viertens muss der Arbeitnehmer die Übertragung innerhalb eines Jahres nach seinem Jobwechsel vom früheren Chef verlangen. Sind die Bedingungen erfüllt, müssen der neue und der alte Arbeitgeber die Übertragung der betrieblichen Altersvorsorge akzeptieren.Der Arbeitnehmer muss sich aber im Klaren sein, dass er beim Jobwechsel den Vorsorgeträger – in der Regel ein Versicherer – nehmen muss, den sein neuer Chef ausgesucht hat. Das kann gut oder schlecht sein. Wenn er bei einem finanzstärkeren Versicherer landet, profitiert er vermutlich von einer höheren Gesamtverzinsung seiner Beiträge (Höchstrechnungszins plus Überschussanteil plus Schlussgewinnanteil). Umgekehrt könnte es aber auch sein. Als Orientierung dient die durchschnittliche Gesamtverzinsung deutscher Lebensversicherer. Nach Angaben der Ratingagentur Assekurata beträgt sie in diesem Jahr 4,25 %.Die Kosten der Übertragung trägt der Arbeitnehmer – er ist ja auch der Auslöser des Prozesses. Die Höhe des Übertragungswertes errechnet der Versicherer oder Vorsorgeträger. Dabei werden von den eingezahlten Beiträgen zuzüglich der am Kapitalmarkt erzielten Überschüsse die Kosten abgezogen. Immerhin fallen bei einem Großteil der Übertragungen keine Storno- oder erneute Abschlussgebühren an. Dazu haben sich fast alle Versicherer in einem Abkommen verpflichtet. “Das Abkommen gilt für Übertragungen innerhalb der Direktversicherung und innerhalb der Pensionskasse sowie zwischen diesen beiden Wegen”, sagt Peter Schwark vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Erneute Gebühren fallen allenfalls bei einer Übertragung in eine Direktzusage oder Unterstützungskasse an.Aber: Bietet der neue Arbeitgeber für alle seine Mitarbeiter einen Gruppenvertrag an, kommt bei einer Übertragung stets ein neuer Vertrag zustande. Häufig sogar bei einem neuen Versicherer. Das hat weitere finanzielle Folgen. “Der neue Vertrag bedeutet auch neuer Höchstrechnungszins und neue Sterbetafel”, betont Kesting. Das heißt: Der Höchstrechnungszins – auch Garantiezins genannt – sinkt auf den gesetzlich vorgegebenen Satz von derzeit 2,25 % statt früher üblichen 3,5 % oder 4 %. Nur solange die Gesamtverzinsung über dem alten Garantiezins liegt, braucht das den Arbeitnehmer nicht zu stören. “Umgekehrt kann der Garantiezins auch wieder steigen”, ergänzt Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge.Die Anwendung der neuen Sterbetafel, die eine längere Lebenserwartung ausweist, drückt auf jeden Fall die monatliche Rente. Dies muss kein Nachteil sein, schließlich lebt der Versicherungsnehmer vermutlich auch länger. Allerdings sollte er sich Gedanken um die Höhe seiner monatlichen Rente machen. Eventuell ist eine Aufstockung oder eine zusätzliche Vorsorge sinnvoll.Eine Alternative zur Übertragung ist das Belassen des Vertrages beim alten Arbeitgeber. “Das gilt vor allem, wenn der bisherige Versicherer sehr finanzstark ist und eine hohe Gesamtverzinsung bietet. Oder wenn bisher Leistungen wie Hinterbliebenenschutz vereinbart waren, die der neue Chef nicht anbietet”, sagt Kesting. Bei noch jungen Verträgen fällt der Übertragungswert ohnehin gering aus oder ist sogar negativ. Denn in den ersten Jahren der Versicherungslaufzeit nutzt der Versicherer die Beiträge, um seinen Vertrieb zu finanzieren – zum Mitnehmen bleibt da nichts übrig. Eventuell können Arbeitnehmer in solchen Fällen eine Abfindung mit ihrem alten Chef aushandeln.Arbeitnehmer können auch die Dienste einer zentralen Verrechnungsstelle nutzen. Die DGbAV zum Beispiel bietet so etwas an. Gegen eine Gebühr von 2,50 Euro plus Mehrwertsteuer pro Arbeitnehmer und Monat reduziert die Verrechnungsstelle den Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten. Der Arbeitnehmer behält seinen alten Vertrag, und der neue Chef führt die Beiträge über die Verrechnungsstelle ab. Die Kosten freilich trägt der Arbeitnehmer allein. Finanzielle FolgenGenerell gilt: Vor einem Jobwechsel sollten sich Arbeitnehmer über die finanziellen Folgen für die Betriebsrente informieren. Schließlich ist die Betriebsrente eine sehr attraktive Form der Altersvorsorge. Finanzielle Abstriche können zumindest teilweise vermieden werden.