Finanzen persönlich

Die Betriebsrente ist sicher - auch wenn das Unternehmen pleite geht

Finanzkrise setzt betrieblicher Altersvorsorge zu - Unterdeckungen bis Ende 2010 beheben - Pensions-Sicherungs-Verein springt bei Insolvenz ein

Die Betriebsrente ist sicher - auch wenn das Unternehmen pleite geht

Von Uwe Schmidt-Kasparek Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist von der Finanzkrise unterschiedlich stark betroffen. Trotzdem braucht kein Arbeitnehmer um seine Betriebsrente zu fürchten: Es gibt vielfältige Sicherungen.Nach der Arcandor-Insolvenz muss der Sicherungsfonds für Betriebsrenten, der Kölner Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) wahrscheinlich 2 Mrd. Euro aufbringen. Es geht um 45 000 Betriebsrentner. Doch auch solche Belastungen dürfte der PSV, der schon Pleiten von AEG oder Babcock gestemmt hat meistern. Denn der Verein wird aus Umlagen von 73 000 Mitgliedfirmen gespeist. Nach Schätzungen dürfte sich die Umlage aber im nächsten Jahr deutlich, möglicherweise um das Zehnfache erhöhen.Die Finanzkrise macht auch vor der Betriebsrente nicht halt. Aus der Bilanz ausgelagerte Pensionsrückstellungen (sogenannte Contractual Trust Arrangements, CTAs) stürzten bei Dax- und MDax-Unternehmen regelrecht in den Keller. Sie verloren bis Ende des Vorjahres 13 Mrd. Euro, was im Vergleich zu 2007 einem Minus von rund 9 % entspricht, stellte die Unternehmensberatung Rauser Towers Perrin (RTP) fest. Der Grad der externen Ausfinanzierung von Pensionsverpflichtungen liegt nunmehr im Dax bei rund 65 (i. V. 71) %. Sinkende Aktienquote”Dass der Rückgang nicht stärker ausgefallen ist, ist im gezielten Risiko-Management der Unternehmen begründet”, glaubt Studienautor Thomas Jasper. So hätte die Aktienquote zum letzten Bilanzstichtag nur noch rund 21 % betragen, während sie 2007 noch bei 32,4 % lag. Demgegenüber haben Pensionskassen und Lebensversicherer ihre immer schon konservative Quote noch viel deutlicher reduziert. Für Ende 2008 errechnete der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bei Berücksichtigung von Kursabsicherungsmaßnahmen eine Quote von 2,7 %. “Die Branche hat also rechtzeitig den Anteil der besonders schwankungsanfälligen Aktien zurückgefahren”, sagt Maximilian Zimmerer, Vorsitzender des GDV-Hauptausschusses Lebensversicherung und Pensionsfonds. Trotzdem sind sich alle Experten einig: Die betriebliche Altersvorsorge ist auch in der Krise sicher. Immerhin geht es hier um Anlagehorizonte von zehn bis vierzig Jahren. So sollten Unternehmen mit schlecht verlaufenden CTAs nicht in Panik verfallen und jetzt plötzlich den Anbieter wechseln. “Es gilt, die Verträge durchzuhalten”, sagt Uwe Langohr-Plato, Geschäftsführer der Sparkassen-Pensionsmanagement. Keine NachschusspflichtZwar geht die Schere zwischen Pensionsverpflichtungen und dafür im Rahmen von CTAs reserviertem Vermögen weiter auseinander. Trotzdem besteht vorerst keine Pflicht, Kapital nachzuschießen. Allerdings sind ab dem Geschäftsjahr 2010 Pensionsverpflichtungen nach dem neuen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) mit ihrem Erfüllungsbetrag zu bilanzieren. “Dadurch steigen die Pensionsverpflichtungen deutlich an”, erläutert Andreas Jurk von der Beratungsgesellschaft Longial, die zum Versicherer Ergo gehört. Arbeitgeber müssen auch bei CTAs für die Betriebsrente garantierten. Wirtschaftliche Probleme ändern das nicht. Erst wenn ein Unternehmen wirklich insolvent ist wie jetzt im Falle von Arcandor, wird der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) aktiv. Die Gemeinschaftseinrichtung der deutschen Wirtschaft kommt im Notfall für laufende Betriebsrenten auf, sichert aber auch bis zur Insolvenz erworbene “unverfallbare” Ansprüche der Arbeitnehmer ab.Geschützt sind per PSV Direktzusagen, Unterstützungskassen und Pensionsfonds. Bei neueren Pensionskassen und Direktversicherungen tritt der Branchenfonds “Protektor” ein, falls eine Assekuranz in Schwierigkeiten gerät. Firmenpensionskassen dürfen hingegen, wenn sie falsch kalkuliert haben, ihre Zusagen sogar ändern, um eine drohende Insolvenz abzuwenden. Dann erhalten Versicherte möglicherweise weniger Rente als zugesagt, oder sie müssen höhere Beiträge zahlen. Die Firmenpensionskassen gehören “Protektor” nicht an. Allerdings dürfen sie keine unverhältnismäßig hohe Rente versprechen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kontrolliert alle Pensionskassen und genehmigt deren Tarife.Sicher ist allein der unverfallbare Rentenanspruch. Wer also pro Jahr der Unternehmenszugehörigkeit 10 Euro Rente zugesichert bekommen hat und seit 20 Jahren bei der Firma ist, hat einen gesicherten Anspruch auf 200 Euro Betriebsrente pro Monat. Zukünftige Ansprüche können aber in der Krise reduziert werden. So kann das Unternehmen ab sofort nur noch eine Rente von 5 Euro pro Dienstjahr vereinbaren. Daraus resultiert: Je älter der Mitarbeiter, desto sicherer ist in der Regel seine Rente. Sofort unverfallbarWer seine Betriebsrente selbst aus dem laufenden Einkommen finanziert, etwa durch Gehaltsumwandlung, dessen Anspruch ist sofort unverfallbar. Zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam in die Betriebsrente ein, gilt lediglich der Teil des Arbeitnehmers als sofort unverfallbar. Ein Verlust ihres Anspruchs ist allein dann möglich, wenn Mitarbeiter keine Unverfallbarkeit ihrer betrieblichen Anwartschaft erreicht haben, weil sie noch keine 30 oder 25 Jahre alt sind und noch nicht seit fünf Jahren dem Betrieb angehören. Problem KurzarbeitErhebliche Auswirkungen auf die bAV dürfte die Kurzarbeit haben. Betroffene Arbeitnehmer verdienen weniger und können es sich daher oft nicht mehr leisten, weiter in die bAV einzuzahlen. Der Arbeitgeber sollte daher seine Arbeitnehmer frühzeitig über die Folgen der Kurzarbeit für die betriebliche Altersversorgung aufklären. Die Nachteile bei einer Kündigung können erheblich sein. So besteht für die vorzeitigen Versorgungsfälle Tod und Invalidität plötzlich kein Schutz mehr, und bei Fortführung der Versicherung nach Ende der Kurzarbeit könnte eine neue Risikoprüfung erforderlich werden.Zudem erhalten die Arbeitnehmer, die aus der bAV ganz oder zeitweilig aussteigen, eine deutlich geringere Rente. Unter dem Strich verliert der Kunde, der beispielsweise nach fünf Jahren aussetzt, das Geld konsumiert und erst nach weiteren fünf Jahren wieder Beiträge in die bAV einzahlt, im Vergleich zum Durchhalter deutlich über 30 % seiner Rente, rechnet PS-Pension Solutions GmbH aus Erlangen vor. “Nicht immer werden Arbeitnehmer, die ihre betriebliche Altersvorsorge zeitweilig einfrieren, mit zusätzlichen Stornogebühren belastet”, erläutert hingegen Experte Langohr-Plato. Der Verlust sei somit vom Anbieter und Durchführungsweg abhängig. Nicht beitragsfrei stellenAufgrund der Steuervorteile erscheint es in der Regel sinnvoll, bei Entgeltumwandlung die betriebliche Altersvorsorge nicht beitragsfrei zu stellen. “Wer durchhält, bekommt unter dem Strich kaum weniger raus”, sagt Experte Jurk. Bei 50-Prozent-Kurzarbeit und einer monatlichen Brutto-Gesamtvergütung von 1 000 Euro würde der Arbeitnehmer, der 100 Euro in seine Betriebsrente zahlt, bei Beitragsfreistellung lediglich rund 32 Euro netto pro Monat mehr haben. “Daher sollte man im Einzelfall genau prüfen, ob man es sich nicht doch leisten kann, Rente und möglichen Risikoschutz in vollem Umfang aufrechtzuerhalten”, so Jurk. Arbeitgeber sollten per Musterrechnung für Aufklärung sorgen.