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Die Mär vom lohnenden Sparplan

Banken werben mit dem Cost-Average-Effekt - Wissenschaftler kritisieren das Modell - Gewinn gibt es nur bei langfristig steigenden Kursen

Die Mär vom lohnenden Sparplan

Von Stephan Balling, FrankfurtFür Max Blue, die Internet-Tochter der Deutschen Bank, ist klar: Wer regelmäßig einen festen Betrag in einen Investmentfonds spart, senkt sein Risiko durch den sogenannten Durchschnittskosten-Effekt oder auch Cost-Average-Effekt und steigert so seine Rendite. Doch für Wissenschaftler ist die Sache so klar nicht. Seit einigen Jahren kratzen Ökonomen und Finanzmathematiker an dem Konzept. “Der eindeutig positiven Einschätzung des Cost Averaging durch die Praxis steht eine grundsätzlich negative Meinung der wissenschaftlichen Literatur gegenüber”, schrieb etwa Thomas Langer, Professor am Finance Center der Universität Münster, bereits im Jahr 2003 in einem Working Paper.”Ich bin aber nicht grundsätzlich gegen Sparpläne, etwa in Aktienfonds”, stellt Langer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung klar. Regelmäßiges Sparen in einen Aktienfonds sei besser als Market Timing zu betreiben, also der Versuch, den Markt zu schlagen. Allerdings: “Die Rendite ist bei Sparplänen am Ende nicht höher als die Marktrendite.” Es gilt also: Wer davon ausgeht, dass die Börsen langfristig steigen, sollte durchaus auf Sparpläne in Aktienfonds setzen.Tatsächlich klingt die Erklärung des Cost-Average-Effekts zunächst einleuchtend. Auf der Internetseite der ING-DiBa heißt es: “Der Cost-Average-Effekt macht die für Wertpapiere üblichen Preisschwankungen (Volatilität) für Fondssparer zum profitablen Vorteil: Sie erwerben bei niedrigen Kursen mehr Anteile und bei hohen Kursen entsprechend weniger. So zahlen Fondssparer einen günstigen Durchschnittspreis für die gleiche Anzahl von Anteilen.” Buy and Hold dominiertDeutsche Bankkaufleute lernen diese Weisheit in ihrer Ausbildung. Sie ist ein wesentliches Argument beim Vertrieb von Investmentfonds. Einige Finanzprodukte setzen gar durch Umschichtungsstrategien auf den Effekt, etwa indem nach einer Einmal-Anlage in einen Geldmarktfonds das Vermögen in regelmäßigen Sparschritten in einen Aktienfonds umgeschichtet wird. Einfache Buy-and-Hold-Ansätze seien diesen Produkten jedoch überlegen, sagt Langer. Er warnt vor möglichen Kosten, die am Ende die Rendite schmälern: “Die Popularität des Cost Averaging ergibt sich vor allem durch seine gut vermittelbare Intuition.”Doch trotz der Kritik: Langer konstatiert, dass es durchaus gute Gründe für Fondssparpläne gibt. Etwa aus dem Bereich des Behavioral Finance: Regelmäßige Sparpläne stärken die Selbstdisziplin, tatsächlich jeden Monat einen festen Betrag beiseitezulegen. Getreu dem Volksmund: “Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not.” Langer schreibt: “Zudem haben Individuen ein Interesse an einer einfachen und klar definierten Anlagestrategie, weil sie sich damit weniger stark einer späteren Selbstkritik über schlecht laufende Investments aussetzen.” Problematisch würde ein “Einzahlungsplan erst dann, wenn aus dem vermeintlich positiven Cost-Average-Wirkungsmechanismus fehlerhafte Folgerungen gezogen werden, z. B. der Verzicht auf ein sinnvolles Maß an Diversifikation”. Günstige ETF im InternetOnline-Broker und Internetbanken bieten heute die Möglichkeit, aus einer Vielzahl von Sparplänen in börsengehandelte Investmentfonds (ETF) zu wählen, und das ab Raten von 25 oder 50 Euro pro Monat zu relativ günstigen Gebühren, weil sie auf ein aktives Fondsmanagement verzichten und stattdessen lediglich auf den langfristigen Aufwärtsdrift der Börsen setzen. So beträgt die durchschnittliche jährliche Rendite des wichtigen US-Index S & P 500 in den vergangenen 35 Jahren 7,2 %.Die meisten deutschen Online-Broker bieten Sparpläne für ein bis drei global anlegende ETF. Am gängigsten ist dabei der DB X-Tracker MSCI World TRN Index ETF (ISIN: LU0274208692), der, wie der Name sagt, den MSCI World abbildet, also an der Kursentwicklung von 1 800 Unternehmen aus der ganzen Welt partizipiert. Auch der iShares Dow Jones Global Titans 50 (DE) (ISIN: DE0006289382) ist häufig zu finden. Er beschränkt sich auf die 50 größten und umsatzstärksten multinationalen Unternehmen der Welt. Bei beiden Fonds stammt knapp die Hälfte der Aktien von US-Unternehmen. Auch der ETF Dachfonds P von Veritas (DE0005561674) wird häufig als Sparplan angeboten. Doch Vorsicht: Dabei handelt es sich nicht um ein passives Investment. Der Fonds ist ein aktiv gemanagtes Vermögensverwaltungskonzept, das überwiegend in ETF investiert. Hier fallen höhere Gebühren an.Besonders günstig lässt sich in ETF beim S-Broker der Sparkassenorganisation ansparen. Anleger können unter 54 ETF wählen, deutlich mehr als beim Konkurrenten Max Blue (21). Beim S-Broker sind Raten ab 50 Euro pro Monat möglich, Depotgebühren fallen keine an, auch kein Ausgabeaufschlag. Und als Kaufprovision verlangt das Sparkassen-Haus lediglich 2,5 % des Sparbeitrags, also bei 50 Euro 1,25 Euro. “Wir haben bereits unser Leistungsspektrum im Bereich ETF-Sparpläne frühzeitig erweitert”, sagt Unternehmenssprecher Dennis Vollmer. S-Broker für KleinanlegerSein Haus ist bei kleinen Sparbeträgen günstiger als die Konkurrenz. Max Blue und Comdirect etwa verlangen je 2,50 Euro plus 0,4 % der monatlichen Sparrate. Bei 50 Euro sind das immerhin 5,4 %, also mehr als doppelt so viel wie beim S-Broker. Ab einer Sparrate von 119 Euro wendet sich das Blatt allerdings. Die Grundgebühr entfällt in der Regel bei allen Anbietern ab einer Transaktion pro Quartal.Insgesamt kann es sich gerade bei geringen Sparraten lohnen, nicht monatlich zu sparen, sondern vielleicht nur quartalsweise oder halbjährlich, weil dann weniger Transaktionen stattfinden und somit Gebühren gespart werden. Natürlich geht das zu Lasten des Cost-Average-Effekts. Anleger müssen hier abwägen. Oder sie wählen die Alternative: das Investment in aktive Fonds. Bei den meisten aktiven Fondsanbietern wie DWS-Direkt oder beim Online-Portal der Deka fallen keine Gebühren für einzelne Transaktionen an, wenn die Fonds in das Depot des Fondsanbieters gekauft werden. Allerdings müssen Anleger meist einen Ausgabeaufschlag in der Größenordnung zwischen 3 % und 5 % zahlen, unabhängig von der Häufigkeit der Sparrate. Dazu kommt die Depotgebühr, die etwa bei DWS-Direkt zwischen 8,20 und 35,70 Euro liegt.Blickt man auf die Performance der aktiven Fonds, so scheinen passive Investments eine höhere Rendite zu versprechen. Laut Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) betrug die durchschnittliche jährliche Rendite global anlegender Fonds in Deutschland auf Sicht von 35 Jahren 6,31 %, also weniger als beim S & P 500. Es gibt allerdings auch absolute Outperformer, etwa den DWS Vermögensbildungsfonds I. Auf Sicht von 35 Jahren erwirtschaftete das DWS-Flaggschiff für einen Sparplan ein mehr als doppelt so hohes Endvermögen wie der Durchschnitt, die Rendite liegt fast 30 % über dem Index.