Kapitalanlage

Die neue Lust auf Dividendenaktien

Revival der Ausschüttungsrendite als Anlagekriterium - Zuflüsse steuerlich gegen Anleihen bevorteilt

Die neue Lust auf Dividendenaktien

Von Sascha Magsamen, FrankfurtAktionäre sind dumm und unverschämt. Dumm, weil sie mir ihr Geld überlassen, und unverschämt, weil sie auch noch Dividenden dafür haben wollen. Das Bonmot wird dem Bankier Carl von Fürstenberg zugeschrieben und verdeutlicht etwas die Denkweise früherer Generationen. Während vor 100 Jahren Aktionäre eher das Mittel zum Zweck für die Industrialisierung waren, hat sich das Selbstverständnis der Anlageform Aktie und der Aktionäre über die Jahre maßgeblich geändert. Die jährliche Ausschüttung hat dabei über die Jahre hinweg so deutlich an Stellenwert gewonnen, dass die Dividendenrendite einer Aktie zu einem der ältesten und etabliertesten Anlagekriterien wurde. Sie ist das Gegenstück zum Zinskupon bei Anleihen. In guten Zeiten wenig sexyTrotz dieser herausragenden Stellung in der Finanzmarktanalyse – viele Anlagekonzepte von langfristig orientierten Institutionellen basieren letztendlich auf hohen Dividendenrenditen – war die Ausschüttung bis in Jahr 2002 ins Abseits geraten. Angesichts der in Haussephasen erzielbaren hohen Kursgewinne von Aktien verständlich. Unter Substanzwertinvestoren war und ist die Dividendenrendite seit jeher gesetzt. Da diese Anlegergruppe seit 2002 beständig hohe Renditen bei geringen Risiken erzielt hat, ist die Masse verstärkt auf das Thema Ausschüttungen aufmerksam geworden. Spätestens seit die Deutsche Telekom im Herbst vergangenen Jahres angekündigt hat, für das Geschäftsjahr 2004 einen Teil des Gewinns an die Anteilseigner auskehren zu wollen, ist das Thema Ausschüttungsrenditen wieder en vogue. Das Dividendenthema haben zudem die Fondsgesellschaften und die Zertifikateanbieter im Verlauf des vergangenen Jahres verstärkt aufgegriffen und vorhandene Produkte wieder beworben sowie neue aufgelegt. Das mit Abstand größte Sondervermögen in Europa ist der DWS “Top Dividende”, geleitet von Sonja Schemann. Das Sondervermögen verfügte per 30. November über 1,9 Mrd. Euro Anlagemittel und wird mit einem Agio von bis zu 5 % und einer jährlichen Verwaltungsvergütung von 1,2 % angeboten. Das Produkt hat trotz des hohen Mittelzuflusses seinen Anteilseignern eine solide Wertentwicklung beschert. Schemann wies per 22. Dezember einen Ertrag von 20,31 % aus (Quelle: Fondsweb). Damit hat der Fonds die gängigen Indizes wie Dax und Euro Stoxx 50 locker geschlagen. Wie? Durch den internationalen Ansatz – unter den Top-4-Positionen findet sich kein deutsches Unternehmen – und das Beimischen von dividendenstarken Nebenwerten. Eine gute Alternative zu Fonds sind Zertifikate. Die großen Emittenten, etwa ABN Amro, DZ Bank, Deutsche Bank und UBS, offerieren seit Jahren schon Zertifikatekörbe, die mehrere Aktien unter dem Gesichtspunkt der Dividendenrendite auswählen und kostengünstig in einem Papier bündeln. Die Auswahl ist dabei im Gegensatz zum Fonds statischer und bietet im Falle negativer Nachrichten wenig Flexibilität. Aktive Anleger lassen Fonds und Zertifikate links liegen und agieren selbst. Eine erste Idee für dividendenorientierte Käufe bieten die elf in der Tabelle zusammengefassten Kandidaten. Sie vereint eine hohe Liquidität in der Aktie, die Ausschüttungen werden operativ verdient, das Bewertungsniveau ist vertretbar, und die jeweiligen Branchen sind nicht als Sorgenkinder bekannt. Die Ausschüttungen sind im europäischen Vergleich die höchsten aus den jeweiligen Indizes und sichern den Kurs insoweit nach unten gut ab. Bares ohne die FiskusUnter den deutschen Nebenwerten gibt es zwei interessante Spezialsituationen – Deutsche Euroshop und Deutsche Wohnen. Beide Gesellschaften entstanden Mitte der neunziger Jahre innerhalb des Deutsche-Bank-Konzerns. Das Institut fasste in den Vehikeln, vornehmlich für die gehobene Kundschaft konzipiert, einen Teil der im Bestand gehaltenen Wohnimmobilien (Deutsche Wohnen) und Gewerbeimmobilien (Deutsche Euroshop) zusammen. “Die Konstruktion des steuerlichen Einlagekontos ermöglicht uns eine nahezu steuerfreie Ausschüttung”, erklärt Andreas Lehner, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Wohnen, sein Konzept. Gleiches gilt für die Deutsche Euroshop, deren Vorstand Claus Matthias Böge ebenfalls die Vorzüge der steuerlich als Eigenkapitalrückzahlung definierten jährlichen Ausschüttung den Anlegern feilbieten kann. Beide Aktien haben sich in den vergangenen Monaten gut entwickelt. Die aktuellen Renditen liegen bei geschätzten 5,5 % für die Deutsche Wohnen und 4,85 % für die Deutsche Euroshop. Nur noch die Hälfte teilenSteuerlich unterliegen Dividenden, im Gegensatz zu Zinsen, seit dem 1. Januar 2002 dem Halbeinkünfteverfahren. Das besagt, dass Ausschüttungen und damit in Zusammenhang stehende Werbungskosten nur hälftig steuerlich zu berücksichtigen sind, geregelt im § 3 Nr. 40 EStG. Damit sind die Nachsteuerrenditen von Aktienausschüttungen gegenüber Anleihen klar gestiegen, wenngleich der Fiskus die Gestaltungsmöglichkeiten auf der Aufwandsseite stark eingeschränkt hat. Die halben noch zu versteuernden Dividendeneinnahmen werden dann mit dem persönlichen Einkommensteuersatz belastet. Der Freibetrag von 1 370 Euro für Zins- und Dividendeneinnahmen schützt Kleinanleger gänzlich vor der Steuer. Da ist der Fiskus dann der Dumme.