Finanzen persönlich

Die richtige Anlagestrategie mit steuerlichem Kalkül

Strategische Vermögensallokation hat aber höheren Stellenwert - Abgeltungsteuer rückt näher

Die richtige Anlagestrategie mit steuerlichem Kalkül

Von Horst Schneider *) Wer sich derzeit mit Anlagestrategien beschäftigt, muss seinen Blick inmitten des schlimmsten Börsenunwetters mutig gen Horizont richten. Denn in der Tagesberichterstattung reiht sich ein Krisenszenario an das andere. Die Liste der Banken, die in Schieflage geratend nach Hilfe rufen, wird von Tag zu Tag länger. Und in der Tat: Der Kursverfall an den Börsen weltweit im Zuge der amerikanischen Hypothekenkrise ist in seiner Heftigkeit nur schwer erklärbar. Einzelne Aktien verlieren innerhalb einer Börsensitzung prozentual im zweistelligen Bereich an Wert. Und ganze Anlageformen geraten wegen Einzelfällen dauerhaft in Misskredit. Aber eine alte Börsenweisheit besagt, dass Haussen in der tiefsten Krise geboren werden. Also wenden wir den Blick nach vorne. Bestandsschutz nutzenBei all dem Donnergrollen an den Weltmärkten ist ein Ereignis in den Hintergrund getreten, das eigentlich im vierten Quartal 2008 auch in der Berichterstattung ganz vorne stehen sollte: die Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009. Ab diesem Datum wird zukünftig eine Pauschalsteuer von 25 % auf Kapitalerträge sowie Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und Anleihen fällig, die Investoren ab dem Jahresanfang 2009 erwerben. Hinzu kommen der Solidaritätszuschlag sowie je nach Konfessionszugehörigkeit die Kirchensteuer. Im Umkehrschluss heißt dies, dass Investitionen, die noch bis zum 31.12.2008 getätigt werden, aus steuerlicher Sicht Bestandsschutz genießen. Wer also beispielsweise ein Aktienpaket bis zu diesem Datum erwirbt, kann auch nach der Veräußerung in 20 Jahren darauf bauen, dass er den Gewinn – wie auch nach heutigem Recht bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr – steuerfrei vereinnahmen kann.Vor diesem Hintergrund ist es auch in solchen turbulenten Börsentagen sinnvoll, sich die Frage nach der optimalen langfristigen Anlagestrategie zu stellen. Ein Beispiel: Ein 30-jähriger Privatkunde will bis zum 31.12.2008 exakt 100 000 Euro über einen Zeitraum von 20 Jahren anlegen. Weiterhin unterstellen wir, dass über alle zu betrachtenden Anlageformen eine Wertentwicklung von 6 % jährlich erzielt werden kann. An Anlageformen stehen Einzelaktien, Fonds, Superfonds, eine Anlage im Lebensversicherungsmantel und Zertifikate zur Verfügung. Für die einzelnen Anlageformen berücksichtigen wir hierbei auch noch die jeweiligen marktüblichen Gebühren wie Ausgabeaufschlag, Kommission und Depotgebühr. Bei der Beispielrechnung (siehe Tabelle, Idealfall) und einem unterstellten Verkauf nach 20 Jahren Haltedauer kann der Verkäufer abgeltungsteuerfrei zwischen 249 893 Euro und 295 252 Euro für sich vereinnahmen, was einer jährlichen Nettorendite zwischen 4,69 und 5,56 % entspricht. Lediglich Zertifikate hat der Gesetzgeber bereits im Vorfeld “bestraft”. Hier ist der Stichtag, zu dem die Investitionen noch Bestandsschutz genießen, bereits verstrichen. Die Rendite beträgt nur 4,37 %.Aber wie verhält es sich, wenn wir diese Idealvorstellung von brutto 6 % langfristig erzielbarer Rendite verlassen und unterstellen, dass die jährliche Verzinsung auf nur noch 2 % schrumpft? Dann sinken ebenfalls die steuerfrei zu vereinnahmenden Beträge auf Werte zwischen 128 919 Euro und 141 825 Euro, was zu nicht gerade beeindruckenden jährlichen Renditen zwischen 1,28 und 1,76 % führt (siehe Tabelle, Stress-Szenario 1). Betrachten wir noch ein weiteres Szenario, das vielleicht die Realität noch besser wiedergibt. Wir unterstellen, dass der Anleger in den ersten fünf Jahren ebenfalls nur 2 % Rendite erzielt. Er entschließt sich dann, das Investment wegen dieser zu niedrigen Verzinsung zu wechseln, und findet innerhalb der gleichen Anlageform ein Investment, das ab dann 6 % Bruttorendite bringen soll (siehe Tabelle, Stress-Szenario 2). Die Konsequenz für das jeweilige Investment: Bei Einzelaktien und Fonds ist der Bestandsschutz nach fünf Jahren beendet. Zertifikate genießen, wie in den beiden Beispielen vorher, ohnehin keinen Bestandsschutz. Einzig Lebensversicherungsmantel und Superfonds gewähren weiterhin Schutz vor der Abgeltungsteuer, wenn der Manager Anlageobjekte innerhalb des Investitionsvehikels austauscht. In der Endabrechnung nach 20 Jahren liegt das Investment in Superfonds mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 4,46 % klar an der Spitze. Wäre der Anleger – anders als angenommen – zum Auszahlungszeitpunkt bereits 60 Jahre oder älter, könnte die Lebensversicherung mit ähnlich attraktiven Nachsteuerrenditen aufwarten. Die anderen Investitionen brachten im Beispielfall durchschnittlich zwischen 3,59 und 3,90 % jährlich. Gegenüber diesen wird der Renditevorsprung des Superfonds umso größer, je öfter der Anleger im Verlauf der 20 Jahre umschichtet. Superfonds überzeugt Aus steuerlicher Sicht überzeugt also vor allem der Superfonds. Und in der Tat empfiehlt es sich, bestehende Vorteile bis zum Inkrafttreten der Abgeltungsteuer zu nutzen. Jedoch ist es deutlich zu kurz gedacht, allein auf die Steuerersparnis zu achten. Denn die richtige strategische Vermögensallokation hat vielfach einen wesentlich höheren Stellenwert für die Gesamtrendite. Im Mittelpunkt der Investitionsentscheidung sollte deshalb die Auswahl eines flexiblen Konzepts stehen, das die Risikobereitschaft des Anlegers widerspiegelt – beispielsweise ein Superfonds mit einer Value-at-Risk-Ausrichtung. Der Zeitpunkt für einen Einstieg ist für Anleger, die ohnehin einen Anlagezeitraum von 20 Jahren oder mehr in ihren Planungen unterstellen, vielleicht gerade richtig. Nicht trotz des Unwetters an den Börsen, sondern gerade deswegen. *) Horst Schneider ist Leiter Vermögensmanagement beim Finanz- und Vermögensberater MLP.