Asset Management

Die unterschätzte Gefahr im Bondmarkt

Schweizer wappnen sich mit kurzen Laufzeiten

Die unterschätzte Gefahr im Bondmarkt

Von Andreas Kälin, Zürich Die Zinsen sind ungewöhnlich tief. Schweizer Vermögensverwalter fürchten nun das Risiko, dass die Renditen schlagartig steigen. Um Anlageportfolios dagegen zu schützen, wird vor allem ein Mittel empfohlen und angewandt: Es gilt, bei Anlagen in Anleihen zurzeit vergleichsweise kurze Restlaufzeiten zu wählen. Die Zinsen sind am kurzen wie am langen Ende außerordentlich niedrig, insbesondere auch in der Schweiz. Vor dem Hintergrund kann die Frage nur lauten, wann bzw. wie schnell die Zinsen steigen. Anja Hochberg, Leiterin Anlagestrategie im Asset Management der Credit Suisse, sagt, das Risiko sei “enorm asymmetrisch”, das heißt, das Risiko steigender Zinsen ist viel größer als das fallender Zinsen.Die Gefahren eines Anstiegs scheinen die Marktteilnehmer im Moment aber nicht zu beunruhigen. Es herrsche “eine seltsame Ruhe”, staunt Alfred Roelli, Sprecher der Finanzanalyse bei der Genfer Privatbank Pictet. Vielleicht sei es die Ruhe vor dem Sturm. Ein für die Anleger noch gut verkraftbares Szenario verficht dabei die Bank Vontobel: Analyst Walter Metzler erwartet zwar, dass die US-Notenbank und in ihrem Gefolge die SNB das Zielband für die von ihnen gesteuerten Zinssätze noch in diesem Jahr in zwei Schritten um 0,5 Prozentpunkte erhöhen – die meisten anderen Experten rechnen erst für nächstes Jahr mit solchen Schritten. Die Rendite der zehnjährigen Eidgenossen sollte nach Metzler bis Jahresende aber nur um knapp 20 Basispunkte auf 2,1 % steigen, womit die Zinskurve minimal flacher würde. Seitens der Inflation, die die Zinsen nach oben treiben könnte, sieht Metzler keine große Gefahr: Sie werde tief bleiben. Bei Vontobel begründet man die Erwartung mit der tiefen Auslastung der Produktionskapazitäten.”Der Markt glaubt, die Inflation sei tot”, konstatiert Roelli. Gerade in solchen Momenten, wenn der Konsens groß sei, müsse man wachsam sein. Die tiefen Inflationserwartungen waren ein Grund, weshalb die Anleihekurse steigen bzw. die Renditen so stark sinken konnten. Den gleichen Effekt hatte der Umstand, dass gerade institutionellen Anlegern nach den Einbrüchen am Aktienmarkt die Risikofähigkeit fehlte und sie in den sicheren Staatsanleihen Zuflucht suchten. Drittens sorgte die übermäßige Liquidität für eine hohe Nachfrage nach Anleihen und für Kurssteigerungen.Weil alle drei Faktoren in dieselbe Richtung wiesen, habe sich am Obligationenmarkt eine Blase bilden können, glaubt Roelli. Die Gefahr sei, dass sie nun aufgestochen werde. Er ist sich sicher, dass die Inflationserwartungen wieder steigen. Die Liquidität sollte sich zudem verknappen. Auch die steigende Staatsverschuldung gilt als einer der Faktoren, die Druck auf die Zinsmärkte ausüben dürften. Roelli warnt, dass sich das Risikobewusstsein der Investoren sehr schnell ändern könne und sie “schlagartig” höhere Renditen fordern könnten. Bei Pictet erwartet man, dass die Rendite der zehnjährigen Eidgenossen bis im vierten Quartal deutlich auf bis zu 3,0 % steigt, womit die Zinskurve noch steiler würde.Abrupte Zinsveränderungen können einen enormen Einfluss auf ein Portfolio haben: Ein Anleger kann bei den Anleihen, die er hält, nicht mehr von steigenden Zinsen profitieren. Ihm entstehen Opportunitätskosten in Form entgangener Zinseinnahmen; zudem sinken die Kurse der Anleihen. Angesichts der Risikolage ist das CS Asset Management in Bezug auf die Laufzeit der Anleihen “leicht untergewichtet”, so Hochberg. Das heißt, man bevorzugt kurzlaufende Anleihen – je schneller sie nämlich fällig werden und man die Nominalbeträge zurückerhält, umso geringer sind die Opportunitätskosten. Bei der Zürcher Kantonalbank stößt man ins selbe Horn. Für Hansjörg Schmidt, Leiter des ZKB Fixed Income Asset Management, gibt es am Zinsmarkt zurzeit vor allem ein Risiko: “Dass die Zinsen früher und schneller als erwartet steigen.” Roelli von Pictet rät, bei Anlagen in Obligationen zurzeit Restlaufzeiten von “maximal drei Jahren” zu wählen. Eine Alternative, um sich gegen steigende Zinsen zu wappnen, wären inflationsgeschützte Anleihen.