ASSET MANAGEMENT - ALTERSVORSORGE IM VERGLEICH - SERIE: ALTERSVORSORGE IM VERGLEICH (TEIL 9)

"Die zweite Säule gehört in den Fokus"

Der Chef der Metallrente über freiwillige betriebliche Vorsorge, den Regierungsdialog Rente und die Gefahr von Altersarmut

"Die zweite Säule gehört in den Fokus"

Von Ulli Gericke, Berlin Mit knapp 150 neuen Unternehmen im Monat und fast 3 200 neuen Versicherungsverträgen ist die Metallrente die am schnellsten wachsende Versorgungseinrichtung in Deutschland. Dennoch reicht diese vor gut zehn Jahren gegründete, freiwillige Altersvorsorge nach Meinung von Metallrente-Geschäftsführer Heribert Karch bei weitem nicht aus, um die sinkenden Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung auch nur halbwegs ausreichend kompensieren zu können. Selbst in der Metall- und Elektroindustrie, wo entsprechende Tarifverträge die kapitalgedeckte betriebliche Altersvorsorge (bAV) befördern, habe in Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten jeder Vierte noch keine zusätzliche Rentenabsicherung, muss Karch im Gespräch mit der Börsen-Zeitung einräumen. In kleineren Betrieben oder im Handwerk liege die Zahl der freiwillig für das Alter Vorsorgenden noch dramatisch niedriger.Dabei ist die Ausgangslage klar: Allein durch die demografische Umwälzung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sinkt die Höhe der gesetzlichen Rente eines “Standardrentners” nach 45 Beitragsjahren von etwa 70 % des letzten Nettogehalts im Jahr 2000 auf magere 53,5 % in knapp 20 Jahren. Die Rente ist zwar sicher, wie der einstige CDU-Sozialminister Norbert Blüm immer versichert hatte – genauso sicher ist jedoch, dass sie künftig zumeist nicht mehr für ein würdiges Leben im Alter reichen wird.Um diesen rapiden Rückgang wenigsten zum Teil kompensieren zu können, hat die Bundesregierung 2001 mit der Riester-Reform gegengesteuert, mit der eine private und betriebliche Altersvorsorge staatlich gefördert wird. Neben der Riester-Förderung mit Zuschüssen für die Altersvorsorge aus Beiträgen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben wurde auch eine “Brutto-Entgeltumwandlung” installiert, die sich aus steuer- und sozialversicherungsfreien Arbeitnehmerbeiträgen speist. Diese sogenannte Eichel-Förderung, benannt nach dem früheren Bundesfinanzminister, stellt das Novum bei der Metallrente dar – und bietet den beteiligten Unternehmen ein kleines “Bonbon” in Form leicht verringerter Sozialabgaben.Der wirkliche Turbo bei der Expansion der Metallrente ist in jüngster Zeit jedoch nicht so sehr die Einsicht in die Notwendigkeit einer zusätzlichen Altersversicherung. Die gute Konjunktur führt zu häufigeren Arbeitsplatzwechseln – womit Metallrente-Versicherte in einem immer größeren Ausmaß bei ihren neuen Arbeitgebern die (gesetzlich gesicherte) Fortsetzung ihrer Vorsorgeversicherung einfordern. Damit dies auch problemlos klappt, hatten der Arbeitgeberverband Gesamtmetall und die Gewerkschaft IG Metall die Metallrente GmbH gemeinsam 2001 als paritätische Einrichtung gegründet. Ansprüche aus der Entgeltumwandlung bleiben somit unverfallbar und sind dank der Brancheneinrichtung ohne Probleme übertragbar – wenn sich der neue Betrieb für die Branchenlösung offen zeigt.Je mehr Arbeitnehmer aber wechseln, desto mehr Unternehmen schließen sich der Metallrente an – fast 20 000 Betriebe der Metall- und Elektroindustrie, der Stahlverarbeitung sowie aus den Branchen Textil, Holz und Kunststoff sind es inzwischen. Eine stolze Leistung binnen zehn Jahren – aber angesichts von allein 44 000 Firmen nur in der Metallbranche bleibt doch noch viel zu tun.Dies trifft auch allgemein für die Politik zu, wie der beginnende Rentendialog von Bundessozialministerin Ursula von der Leyen zeigt. “Die im Fokus des Rentendialogs stehende Gefahr wachsender Altersarmut nach langer Erwerbsbiografie ist besonders eine Folge des immer noch unzureichenden Ausbaus der zweiten Säule des Systems, der betrieblichen Altersversorgung”, konstatiert Karch in seiner Rolle als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba), die sich um die betriebliche Vorsorge in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst kümmert.Die dritte Säule der Altersvorsorge, also die private Absicherung, sei zwar eine gute Ergänzung, aber zur Sicherung des Lebensstandards zu teuer und fehleranfällig. “Der forcierte Ausbau der durch den Arbeitgeber organisierten und durch die Tarifparteien auch finanziell unterstützten besonders effizienten zweiten Säule gehört in den Fokus des Dialogs”, mahnt Karch – “Betriebsrenten schützen vor Altersarmut!” “Versorgungsillusion”Positiv sieht er vor allem den inzwischen erreichten durchschnittlichen Beitrag für die betriebliche Entgeltumwandlung. Während insbesondere junge Erwachsene allzu häufig viel zu wenig Geld für ihre künftige Zusatzvorsorge aufwendeten (“damit wird keine Versorgung aufgebaut, sondern bestenfalls eine Versorgungsillusion”), betrage der Metallrenten-Beitrag im Jahresdurchschnitt 1 145 Euro – und damit um bis zu 50 % mehr als private Riesterverträge. Eingezahlt über ein Erwerbsleben von 40 Jahren, baut sich damit ein sechsstelliges Versorgungskapital von (je nach Zinsniveau) gut 100 000 bis 140 000 Euro auf – womit eine Zweitrente aus der betrieblichen Altersvorsorge von etwa 300 Euro monatlich darstellbar ist, die sich inklusive der heutigen Überschussbeteiligung auf rund 500 Euro steigern kann.Weil die Beiträge für die Metallrente aus dem Bruttogehalt stammen, also noch vor dem Abzug von Steuer und Sozialabgaben gezahlt werden, drückt die private Altersvorsorge das zu versteuernde und versichernde Einkommen. Faktisch zahlt ein Arbeitnehmer damit beim Durchschnittsbeitrag von 1 132 Euro im Jahr nicht 95 Euro monatlich, sondern – je nach Gehalt, Anzahl der Kinder und Steuerklasse – nur etwa die Hälfte. Von der verringerten Steuer- und Sozialabgabenlast profitiert natürlich auch (hälftig) der Arbeitgeber – wobei Karch beobachtet, dass es nicht wenige Unternehmen gibt, die diesen Vorteil an ihre Mitarbeiter weiterreichen.Summa summarum beteiligen sich nicht nur knapp 20 000 Unternehmen an der Metallrente. Es haben – gut zehn Jahre nach ihrer Gründung – inzwischen auch fast 380 000 Beschäftigte einen Altersvorsorgevertrag unterzeichnet mit einem Beitragsvolumen von weit über 2 Mrd. Euro. “Versehen mit dem Gütestempel: von den Tarifparteien geprüft und für gut befunden”, wie Karch formuliert, sei das Vertrauen in die Metallrente als Versorgungswerk gerade in der Krise gewachsen.So wurden im vergangenen Jahr fast 40 000 neue Verträge abgeschlossen und rund 1 900 Unternehmen für die bAV mit der Metallrente gewonnen, listet ihr Geschäftsführer auf. Das Versorgungswerk verzeichnete damit über 39 Mill. Euro an Neubeiträgen – was einem Plus von 13 % entspreche. Die gebuchten Bruttobeiträge erhöhten sich damit auf 361 Mill. Euro. Damit sei die Metallrente mittlerweile “das größte industrielle Vorsorgewerk in Deutschland”, urteilt Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser. Die Stornoquote beziffern die Verantwortlichen auf überschaubare 2,58 %.Für die ersten sieben Monate 2011 zeigt die Metallrente eine abermalige Beschleunigung, schlossen doch 24 552 Beschäftigte einen zusätzlichen Vertrag ab. Die neuen Verträge repräsentieren 2011 Beiträge von gut 22 Mill. Euro. Von den 3 165 Neuverträgen, die im Juli unterzeichnet wurden, entfielen mit 2 269 gut zwei Drittel aller Abkommen auf die Direktversicherung. 630 Arbeitnehmer entschieden sich für die Pensionskasse, überschaubare 19 für den Pensionsfonds, während 247 Beschäftigte für die Metallrente-Riester votierten. Für allen Wege gilt, dass die Metallrente als großes Vorsorgewerk mit ausgewählten Versicherern (unter Führung der Allianz) Großkunden-Gruppentarife ausgehandelt hat, die einerseits günstigere Konditionen – sprich: hohe Renditen – umfassen und es zum anderen auch Kleinbetrieben ermöglichen, dieselben Vorzugsbedingungen nutzen zu können.Neben der Allianz (die 60 % der für die Direktversicherung eingezahlten Gelder verwaltet) gehören zu dem ausgewählten Assekuranzkonsortium die R+V Versicherungen sowie Ergo (die je 11 % der Mittel be treuen) und die Generali sowie Swiss Life mit jeweils 9 % der zu verwaltenden Gelder. Bei der Pensionskasse und dem Pensionsfonds sind die Quoten leicht verschoben, aber im Grunde ähnlich verteilt. Dabei vereinbaren Metallrente und die fünf Versicherer alljährlich einen Zinssatz für die Versicherten. Wie die Gesellschaften das Kapital anlegen und erwirtschaften, bleibt deren Anlagepolitik überlassen.Karch betont nur, dass es heftige Gespräche gebe, wenn die versprochene Leistung nicht erbracht wird. “Wir definieren Events, wann wir eingreifen”, versichert Karch, der auf Revisionsklauseln verweist, die die hälftig Gesamtmetall und der IG Metall gehörende Metallrente GmbH als Notbremse zur Verfügung hat – “bei uns gibt es für die Versicherer keine Windfall-Profits”. Zugleich bedeutet die Addition von fünf potenten Versicherungen aber auch, dass die Risiken so breit diversifiziert sind wie sonst nie. Im Gegensatz zu den restlichen, überwiegend rentengestützten Produkten ermöglicht der Metallrente-Pensionsfonds eine Anlagestrategie mit bis zu 75 % Investments in Aktien. Um aber gegen Ende des Berufslebens das Anlagerisiko zu reduzieren, beginnt mit 55 Jahren obligatorisch das “aktive Ablaufmanagement”. Dabei werden die bisherigen Fondsanteile sukzessive in konservativere Papiere umgeschichtet. Vorbild USAAllen Erfolgen der Metallrente zum Trotz dringt Karch auf weitere Reformen. Obwohl er sich vehement gegen eine obligatorische private Zusatzversicherung gegen eine drohende Altersarmut ausspricht, dringt er doch auf höhere Anreize und eine gewisse Automatisierung. In den USA beispielsweise hätten Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr gute Erfahrungen mit dem “automatic enrollment” gemacht, betont er. Dabei könne der Arbeitgeber seinem Beschäftigten ein Vorsorgeangebot machen, muss es aber nicht. Gleichzeitig habe er das Recht, den Arbeitnehmer automatisch in die Vorsorge einzubeziehen – dieser kann aber auch jederzeit wieder aussteigen. Die Teilnahmequote bei den Belegschaften liege in solchen Firmen bei bis zu 90 %. “Einsteigen ist die Regel, Aussteigen die Ausnahme”, lobt Karch diese US-Usancen einer weit umfassenderen betrieblichen Altersvorsorge.—-Zuletzt erschienen:- Schwedisches Rentensystem setzt auf Fonds (13.9.)