Recht und Kapitalmarkt

Drei Notausgänge für Banken in der Krise

Gesetz für Regierungshilfe im Eilverfahren

Drei Notausgänge für Banken in der Krise

Von Jörn Hirschmann und Markus Söhnchen *) Die Bundesregierung hat am vergangenen Wochenende erklärt, bis zu 500 Mrd. Euro zur Stabilisierung des Finanzsektors zur Verfügung zu stellen. Inzwischen liegt der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarkts (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) vor, der in aller Eile erstellt wurde. Die zur Stützung des Finanzsektors bereitgestellten Mittel – etwas mehr als der Gesamtbetrag des Bundeshaushalts für ein Jahr – sollen durch einen Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) verwaltet werden. Bei dem FMS handelt es sich um ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes, das beim Bundesfinanzministerium (BMF) geführt wird und für dessen Verbindlichkeiten der Bund unmittelbar haftet. Wie kommen die zugesagten Mittel nun zu den notleidenden Unternehmen des Finanzsektors, insbesondere Banken? Im Gesetz sind drei Wege vorgesehen, um dies zu erreichen:1. Rekapitalisierungsmaßnahmen, also die Übernahme von Anteilen oder stillen Beteiligungen gegen Einlagen;2. eine Garantieermächtigung zur Absicherung von Schuldtiteln, die Unternehmen des Finanzsektors zukünftig ausgeben, um sich zu refinanzieren;3. eine Risikoübernahme zum Erwerb oder der Absicherung von in der Vergangenheit erworbenen Risikopositionen (Wertpapiere, Derivate etc. – sog. “toxic papers”). Frage der DringlichkeitUnternehmen, die in den Genuss der Hilfsmaßnahmen kommen wollen, müssen einen Antrag beim BMF stellen, über den das BMF nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat. Dabei sind die Bedeutung des antragstellenden Unternehmens für die Finanzmarktstabilität (“systemisches Risiko”) und die Dringlichkeit zu berücksichtigen. Die Leistungen können von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden, zudem kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung weitere Pflichten der gestützten Unternehmen begründen und spezifische Anforderungen an diese stellen. Dies betrifft insbesondere die Verwendung der Mittel, Managervergütung, Eigenmittelausstattung und die Ausschüttung von Dividenden. Um speziell Rekapitalisierungen zur Stärkung des Eigenkapitals ohne Zeitverlust durchzuführen, modifiziert der Gesetzentwurf einige ansonsten zwingende Regelungen des Aktiengesetzes. Zur Durchführung einer Kapitalerhöhung und Ausgabe neuer Aktien an den FMS steht den betroffenen Unternehmen ein gesetzliches genehmigtes Kapital in Höhe von bis zu 50 % des bisherigen Grundkapitals zur Verfügung. Das hat den Vorteil, dass kein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich ist und Vorstand und Aufsichtsrat die Kapitalerhöhung ohne die sonst nötige Beteiligung der Anteilseigner bewirken können. Soll das Kapital um mehr als 50 % des bestehenden Grundkapitals erhöht werden, ist weiter ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich. Die Einberufungsfrist kann dabei aber auf einen Tag verkürzt werden. Bei den neuen Aktien kann es sich um stimmrechtlose Vorzugsaktien handeln. Der Einfluss des Bundes wird in diesem Fall durch die per Rechtsverordnung auferlegten Verhaltenspflichten sichergestellt. Gleiches gilt für die Ausgabe von Genussrechten, die ebenfalls ohne Beteiligung der Aktionäre möglich ist. Kein PflichtangebotUm ungewollte Nebenfolgen einer Beteiligung des FMS zu verhindern, wird darüber hinaus für Beteiligungen des FMS die Anwendbarkeit bestimmter Normen des Börsengesetzes und des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes ausgesetzt: Für die neuen Aktien ist zunächst keine Börsenzulassung erforderlich; außerdem löst die Beteiligung des FMS keine Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots aus, was sonst ab einer Beteiligung von 30 % der Stimmrechte der Fall ist.Das Maßnahmenpaket ist bis zum 31. Dezember 2009 befristet. Anschließend wird der FMS aufgelöst und abgewickelt. Aus Sicht der Praxis enthält der Gesetzentwurf die richtigen Maßnahmen, um das Rettungspaket bei den betroffenen Unternehmen schnell umzusetzen. *) Dr. Jörn Hirschmann und Dr. Markus Söhnchen sind Rechtsanwälte und Partner der Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer in Frankfurt.