Immobilien

DTZ sieht Refinanzierungslücke von 115 Mrd. Euro

"Größte Herausforderung für den Immobilienmarkt in den kommenden zwei Jahren"

DTZ sieht Refinanzierungslücke von 115 Mrd. Euro

ge Berlin – Auf den europäischen Immobilienmärkten wird sich in den nächsten zwei Jahren ein gigantisches Refinanzierungsloch auftun. Angesichts auslaufender Darlehen im Gesamtumfang von gut 480 Mrd. Euro beziffert das Beratungsunternehmen DTZ die Refinanzierungslücke in einer neuen Studie auf satte 115 Mrd. Euro. Mit voraussichtlich 42 Mrd. entfällt gut ein Drittel dieses Deltas allein auf Großbritannien, gefolgt von Spanien mit 23 Mrd. Euro.Für Deutschland rechnet DTZ mit 9 Mrd. Euro offenem Finanzierungsbedarf, was 2 % des in Gewerbeimmobilien investierten Kapitals entspräche. Fordern die Banken weiterhin hohe Eigenkapitalanteile und begrenzen die Fremdfinanzierung auf ca. 60 %, fürchtet DTZ in ihrem “pessimistischen Szenario” sogar ein Refinanzierungsloch von 156 Mrd. Euro – womit europaweit rund ein Drittel aller bis Ende 2011 auslaufenden Finanzierungen zum Problem würde. Mini-Länder, Maxi-ProblemeGemessen an der Größe des Marktes seien in Irland mit 10 % die meisten Hypothekendarlehen betroffen. Aber auch Ungarn, Rumänien und Portugal hätten für ihre kleinen Immobilienmärkte große Probleme und noch größere Finanzierungslöcher. “Die Refinanzierungslücke ist aus unserer Sicht die größte Herausforderung für den Immobilienmarkt in den kommenden Jahren”, resümiert Konstantinos Papadopoulos, Research Analyst bei DTZ und Co-Autor der Studie “European debt funding gap”.Als Ursachen für die beachtliche Refinanzierungslücke nennt die Studie eine inzwischen konservativere Kreditvergabe der Banken und Wertminderungen der betroffenen Immobilien. Beides führe dazu, dass die heutigen Darlehen nach Fristende nicht mehr refinanziert würden – es sei denn, Eigenkapital wird in nennenswertem Umfang beigesteuert. Genug frisches KapitalDamit dürfte der bisherige Stillstand im Markt zu Ende gehen. Bislang hätten die Banken noch ihre Darlehensfristen verlängert, um drohende Kreditausfälle abzuwenden und Abschreibungen zu vermeiden, registrieren die Immobilienberater. Auch der Handel mit kritischen Hypothekendarlehen sei zum Erliegen gekommen. “In den letzten zwei Jahren konnten wir eine Pattsituation beobachten. Europäische Banken wollten Hypotheken nicht unter Wert verkaufen. Investoren würden die Darlehen gerne übernehmen, aber nicht zum Nennwert”, beobachtet Hans Vrensen, Global Head of Research bei DTZ.Diese Stillhaltesituation wird sich nach Ansicht der DTZ jedoch in den nächsten Jahren auflösen. “Wir erwarten, dass Investoren ihre Arbeit mit neuen Kapitalanlegern und Kreditgebern fortsetzen werden, um die Refinanzierungslücke in den kommenden zwei bis vier Jahren zu schließen.” Schon für die kommenden zwei Jahre rechnen die DTZ-Analysten mit 116 Mrd. Euro an frischem Kapital, eingesammelt von geschlossenen oder offenen Immobilienfonds, von Versicherungen, Pensionsfonds oder etwa Hedgefonds. Rein rechnerisch könnte der Finanzbedarf dadurch gedeckt werden.Geschlossen werden könne die Lücke durch drei Wege, schreiben die DTZ-Autoren weiter: Bei einer Eigenkapitallösung bringe entweder der Schuldner selbst oder ein neuer Investor neues Kapital ein. Daneben gebe es die Möglichkeit, Fremdkapital umzuschichten, sei es durch eine Restrukturierung (inklusive Laufzeitverlängerung), durch (teilweisen) Verkauf des Kredits oder durch eine Vollstreckung.Die dritte Möglichkeit sei eine Kombination, bei der ein Teil der Schulden erlassen wird, der Kreditgeber dafür aber im Gegenzug eine Beteiligung an den Objekten erhält, listen die Fachleute auf.Finden Gläubiger und Schuldner keine einvernehmliche Lösung, kann es nach Beobachtungen des Beratungshauses DTZ zu langwierigen juristischen Auseinandersetzungen kommen – wie etwa beim Pariser Bürohochhaus Coeur Defense, wo der Schuldner das Ensemble über zwei Jahre dem Zugriff des Kreditgebers entziehen konnte. Die Verzögerung brachte für beide Seiten zusätzliche Verluste mit sich, kommentiert Papadopoulos die juristischen Streitereien. Zugleich erwartet er von den Banken künftig mehr Konsequenz bei der Durchsetzung ihrer Forderungen und den aktiven Verkauf von Darlehenspositionen.Insgesamt glaubt der DTZ-Experte, dass die Schuldner in Zukunft die verschiedensten Möglichkeiten zu Refinanzierungen prüfen werden. “Dazu werden sie mit alten und neuen Darlehensgebern verhandeln, vor allem auch mit möglichen Eigenkapitalinvestoren.” In der Konsequenz würde in Europa eine große Bandbreite unterschiedlichster Lösungen zu beobachten sein – “die Refinanzierungslücke wird sich in zwei bis vier Jahren wieder geschlossen haben”, ist Papadopoulos zuversichtlich.