Finanzen persönlich

"Dynamik" birgt viele Nachteile

Der Nutzen der automatischen Beitragserhöhung gegen Inflation ist zweifelhaft

"Dynamik" birgt viele Nachteile

Von Andreas Kunze Die Angst vor der Inflation ist zurück: Mit Blick auf die immer schneller steigenden Preise wird vielen Menschen im Land mulmig zumute. Versicherungsvertreter wollen daraus Kapital schlagen und empfehlen derzeit häufig sogenannte Dynamik-Erhöhungen bei neuen und alten Policen. Viele Experten bezweifeln diesen Nutzen allerdings. Mehrere Typen “Dynamik” bedeutet, dass sich die Beiträge und Leistungen von Kapitallebens-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen jährlich erhöhen. Dabei sind mehrere Typen möglich, etwa feste Sätze von 3 oder 5 % jährlich. Ebenso kann die Erhöhung an die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung gekoppelt werden. Die Klausel über “Dynamik” lässt sich bei Vertragsabschluss auch nachträglich vereinbaren. Während der Vertragslaufzeit hat der Kunde das Recht, bei den automatischen Erhöhungen eine Pause zu machen oder sie ohne Angabe von Gründen ganz zu beenden. Meist darf nur zwei Jahre hintereinander ausgesetzt werden. Die Argumente der Versicherer und ihrer Vertreter für die “Dynamik” klingen im Prinzip gut. So sei der Kunde immer bequem vor Inflation geschützt. Außerdem erfolgten die Vertragserhöhungen ohne neue Gesundheitsprüfungen. Eine Reihe von Argumenten spricht aber gegen eine Dynamik-Erhöhung. Der zusätzliche Inflationsausgleich ist überflüssig, da eine anziehende Inflation sowieso zu höheren Versicherungsleistungen führen müsste. Denn parallel zur Inflation steigen die nominalen Kapitalanlagezinsen. So wie zum Beispiel jeder Tagesgeld-Anleger inzwischen höhere Zinsen für sein Geld bekommt, erwirtschaften auch die Lebensversicherer in Zeiten steigenden Zinsniveaus höhere nominale Kapitalerträge. Der Kunde müsste nur daran beteiligt werden, um den Inflationseffekt auszubügeln. GesundheitsprüfungAuch das Argument Gesundheitsprüfung zieht nicht richtig. Bei Rentenversicherungen gibt es generell keine Gesundheitsprüfung. Bei Kapitallebensversicherungen wiederum sind gründliche Gesundheitsprüfungen mit Arztanfragen erst ab hohen Summen von 250 000 Euro die Regel. Bei den im Massengeschäft üblichen Todesfallsummen von etwa 300 000 Euro wird schon aus Kostengründen darauf verzichtet, genauer zu prüfen. Das gilt erst recht bei den niedrigen Erhöhungen durch die “Dynamik”. Risikoaufschlag steigt mitAußerdem sollte der Kunde berücksichtigen, dass zum Beispiel eine 3-prozentige Beitragserhöhung nicht eine 3-prozentige Leistungserhöhung bedeutet. Der Grund: Jede Dynamik-Anpassung wird wie ein Vertragsneuabschluss gesehen. Das bedeutet, dass Jahr für Jahr neue Abschlusskosten berechnet werden. Außerdem steigt der Risikoanteil innerhalb des Beitrags jedes Jahr. Wer als 50-Jähriger eine Dynamik-Runde mitmacht, zahlt dafür seinem Risiko entsprechend auch den Beitrag eines 50-Jährigen.”Gerade bei Älteren kommt deshalb von Beitragserhöhung kaum noch was an”, sagt der behördlich zugelassene Versicherungsberater Marco Krieter. Besser nachversichernAls sinnvoller als “Dynamik” betrachten Experten wie Krieter sowie die Stiftung Warentest sogenannte Nachversicherungsgarantien, insbesondere bei der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Der Kunde erhält dabei zum Beispiel die Zusage, dass etwa nach einer Heirat oder einem Jobwechsel der Beitrag und die vereinbarte Rente um einen größeren Betrag aufgestockt werden können. Der Verzicht auf eine Gesundheitsprüfung wäre in diesem Fall tatsächlich ein Vorteil.