Immobilien - Gastbeitrag

Ein nicht mehr erwartetes Reit-Gesetz

Finanzstandort könnte zu internationalen Standards aufschließen

Ein nicht mehr erwartetes Reit-Gesetz

Von Jürgen van Kann *) Nur ausgewiesene Optimisten hatten nach der teilweise unsachlichen Debatte über Reits noch an ihre Einführung in Deutschland geglaubt. Selbst für Experten überraschend hat das BMF nun aber einen ersten Diskussionsentwurf zur Einführung von Reits in Deutschland vorgelegt. Reits – das Akronym steht für börsennotierte, steuertransparente Immobilienaktiengesellschaften – sind in zwanzig Ländern erfolgreich.Zuletzt hat Großbritannien ihre Einführung für 2007 beschlossen. Zwar hatte die Koalitionsvereinbarung Reits ebenfalls befürwortet; ausschlaggebend für den jetzigen Vorstoß war aber wohl die Befürchtung, ohne Reits einen weiteren Standortnachteil gegenüber dem europäischen Ausland zu haben.Der Gesetzesentwurf hat einige Besonderheiten, und es besteht noch Änderungsbedarf. Besonderheit der deutschen Reits soll die zeitlich befristete steuerliche Begünstigung der Einbringung von Immobilien in Reits sein. Um die Veräußerung von unternehmenseigenen Immobilien mit hohen stillen Reserven zu fördern, wird nur eine ermäßigte Abgeltungssteuer von 20 % erhoben.Diese Regelung wird auf vier Jahre befristet, um einen besonderen Handlungsanreiz zu schaffen und dadurch die Wirtschaft zu fördern. Die erworbenen Immobilien müssen anschließend mindestens drei Jahre von dem jeweiligen Reit gehalten werden, um ein “Durchhandeln” zu vermeiden. Auch Frankreich verzeichnete aufgrund einer ähnlichen Regelung erhöhte Verkäufe.Ob die nunmehr für Deutschland erwarteten Steuermehreinnahmen im zweistelligen Milliardenbereich realisierbar sind, wird sich zeigen. Unterdessen soll die Kontrolle der Reits weitestgehend nicht durch Aufsichtsbehörden (BaFin), sondern durch den Kapitalmarkt selbst realisiert werden. Anders als die – ebenfalls steuerlich weitgehend transparenten – offenen Immobilienfonds, die strenge Vorgaben zur Diversifikation einhalten müssen, um eine breite Risikostreuung zu garantieren, sind Reits in der Auswahl ihrer Portfolios völlig frei.Reits können Spezialportfolios – etwa ausschließlich Einzelhandels-, Logistik- oder Klinikimmobilien – bilden und so auf individuelle Vorlieben der Anlegergruppen reagieren. Allein die Werbung und die korrekte Verwendung der künftig geschützten Bezeichnung “Reit-AG” wird durch die BaFin kontrolliert. Das größte Hindernis bei der Einführung von Reits – die Sicherstellung der Besteuerung – soll durch die Einführung einer Höchstbeteiligung gewährleistet werden.Kein Aktionär darf direkt mehr als 10 % Aktien eines Reit halten. Bei ausländischen Aktionären würden nach den bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen ansonsten Steuern allein dem Ausland zufließen. Die Höchstbeteiligung ist gegenüber den im Vorfeld diskutierten, methodisch fragwürdigen Varianten – “Trust-Vermögens-Modell” und “Einheitsmodell” – einfacher, könnte aber gerade ausländische Großinvestoren abschrecken.Denn um Beteiligungsschwellen effektiv kontrollieren zu können, sollen Reit-Aktien vinkulierte Namensaktien sein, die im Ausland kaum gebräuchlich sind und den Handel aufgrund eines höheren Verwaltungsaufwands erschweren. Indirekte Beteiligungen könnten gleichwohl zur Umgehung dieser Beteiligungsschwellen verwendet werden. Es bleibt abzuwarten, ob der Vorschlag der vinkulierten Namensaktien im Gesetzgebungsverfahren noch verworfen wird.Die im Gesetzesentwurf nicht gelöste Frage der steuerlichen Behandlung von Rücklagen – auch “EK 02” genannt – gemeinnütziger Wohnungsbaugesellschaften ist für die Einbringung in Reits von entscheidender Bedeutung. Ausschüttungen im Zuge des Übergangs wären durch Reit und Aktionär mit jeweils 45 % nachzuversteuern. Sollte keine befriedigende Lösung – etwa durch eine Abgeltungssteuer von unter 20 % – gefunden werden, blieben die immensen Bestände der ehemals gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften unter Umständen bis zum Ende der EK-02-Nachbesteuerung 2019 eingefroren.Insgesamt kombiniert das deutsche Reit-Gesetz verschiedene solide Elemente der bekannten und etablierten Reit-Regimes in Europa. Sollte das von der Finanzbranche lange herbeigesehnte Gesetzgebungsverfahren nun zügig durchgeführt werden, könnte der Finanzstandort Deutschland bereits 2007 an internationale Standards aufschließen. Allein die Bezeichnung “Reit” wird das Interesse ausländischer Investoren wecken, weil Reits eine international anerkannte Beteiligungsform bieten.Nun ist darauf zu achten, dass die deutschen Besonderheiten – etwa die Höchstbeteiligung – nicht überhand nehmen. Eine Revolution der indirekten Anlageform in Immobilien wird aber auch durch die Einführung von Reits nicht stattfinden. *) Dr. Jürgen van Kann ist Partner der Rechtsanwaltskanzlei Fried, Frank, Harris, Shriver & Jacobson.