Anlageprodukte - Interview mit Sofia Harrschar, Prime Capital

Eine andere Verpackung macht nicht liquider

Expertin rät zur kritischen Prüfung von Produkten

Eine andere Verpackung macht nicht liquider

– Frau Harrschar, Real-Asset-Anlagen stehen hoch im Kurs. Würden Sie Kunden uneingeschränkt Produkte wie Exchange Traded Funds oder Exchange Traded Commodities empfehlen, bei denen das Anlegerkapital mit Edelmetallen wie Gold hinterlegt ist?Real Assets, also Anlagen in materielle Vermögensgegenstände wie Immobilien, Infrastruktur, Rohstoffe oder Edelmetalle, unterscheiden sich grundsätzlich von normalen Finanzanlagen wie Anleihen oder Aktien. Wer in Krisenseiten reale Werte, Inflationsschutz, weniger Volatilität und geringe Korrelation mit Aktienmärkten sucht, scheint hier richtig. Allerdings ist zu beachten, dass Real Assets, auch wenn sie in einem Fonds oder Zertifikat verpackt werden, deshalb nicht zu normalen liquiden Finanzinstrumenten werden. Immobilien sind nicht beliebig ver- und zukaufbar, was Anleger in sogenannten offenen Immobilienfonds erleben durften. Gold scheint zwar wie ein Finanzwert handelbar, aber wenn es um die physische Unterlegung oder gar Auslieferung auf Wunsch des Anlegers geht, dann sollte man sich die Bedingungen genau ansehen. Denn physisches Gold materialisiert sich üblicherweise in der Form von Goldbarren, deren Lagerung Geld kostet und die nicht beliebig und kostenfrei teilbar sind.- In vielen Fällen unterscheiden sich Standort des Emittenten und Ort der Pfandhinterlegung. Worauf muss der Anleger achten?Wenn der Lagerort der Sicherheit in einem anderen Land liegt, z. B. Gold in der Schweiz, so kann dies durchaus von Vorteil sein – je nach Einschätzung der Krisen- und Rechtssicherheit dieses Standortes. Ein anderes Land bedeutet jedoch üblicherweise auch ein anderes Rechtssystem, d. h., der Anleger sollte sich genau über die Bedingungen der Lagerung und Auslieferung informieren.- Lange Zeit konnten Anleger in Hedgefonds nur über Zertifikate investieren. Vor welchen Problemen standen besonders Institutionelle bei diesen Konstruktionen?Auch wenn institutionelle Anleger im Gegensatz zu Privatanlegern im Prinzip direkt in Hedgefonds investieren können, wird meist aus steuerlichen oder bilanziellen Gründen eine Zertifikatsverpackung gewählt. In der Vergangenheit wurden diese Verpackungen hauptsächlich von Banken angeboten. In der Krise mussten die institutionellen Anleger jedoch feststellen, dass die Investmentbanken ihre Zusagen bezüglich Handelbarkeit nicht einhielten und durch die Zertifikatsverpackung nicht nur zusätzliche Kosten, sondern auch Kreditrisiken entstanden sind. Mittlerweile gibt es bankenunabhängige Anbieter, die über konkurssichere Strukturen das Kreditrisiko eliminieren können oder über Managed-Account-Plattformen die Notwendigkeit einer Verpackung sogar vermeiden.- Wie können Sie die Risiken von Hedgefondsanlagen für institutionelle Anleger minimieren?Die Kreditrisiken der Zertifikatsverpackung lassen sich ganz einfach durch eine bankunabhängige, konkurssichere Verbriefung eliminieren. Angebote von Banken oder Fondsgesellschaften, die “liquide” Hedgefonds-Produkte versprechen, sollte der Investor kritisch hinterfragen. So wie eine Immobilie letztendlich nicht liquide sein kann, so ist es eben eine Eigenschaft von vielen Hedgefonds, nicht so liquide wie Aktien zu sein. Erwarten darf man allerdings auf der Renditeseite eine Prämie für diese Illiquidität.- Besicherte Zertifikate wurden von Anlegern wenig angenommen. Ist das Sicherheitsbedürfnis bei den Institutionellen höher?Im Laufe der aktuellen Finanzkrise und insbesondere nach der Lehman-Pleite wurde Anlegern das Kreditrisiko von Bank-Zertifikaten drastisch bewusst. Die Investmentbanken haben daraufhin versucht, mit besicherten Zertifikaten das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Die Kosten der Besicherung sowie wachsende Anforderungen an die Eigenmittelunterlegung – Zertifikate wirken sich ja bilanzverlängernd aus – haben diese Produkte jedoch für Privatanleger uninteressant gemacht. Für institutionelle Anleger ist das Management ihrer Kreditrisiken – Emittentenrisiken bei Bank-Zertifikaten, aber auch Counterpartyrisiken in Fonds mit Swap-Strukturen – jedoch unabdingbar. Die Lösung liegt außerhalb der klassischen Bank-Zertifikate.- Welche Vorteile bietet die segregierte Hinterlegung des Anlegerkapitals, wie wir sie vom Compartmentsystem kennen?Ähnlich wie bei einer Managed-Account-Plattform besteht bei einer Emissionsgesellschaft nach Luxemburger Recht die Möglichkeit, für jede Emission eine eigene Abteilung, ein sogenanntes “Compartment”, zu bilden, die eine Schuldverschreibung, genannt Zertifikat oder Note, begibt. Die für die Emission erforderlichen Assets werden segregiert, also getrennt hinterlegt. Das schafft Transparenz und verhindert Zweckentfremdungen. Eine Vermischung mit anderen Assets ist rechtlich ausgeschlossen, und andere Geschäfte dürfen im Compartment nicht verbucht werden. Damit ist ein Konkurs praktisch ausgeschlossen.—-Sofia Harrschar ist Strukturierungsexpertin der Prime Capital AG. Die Fragen stellte Armin Schmitz.